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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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bestätigt der Freund.
    »Und warum will er es nicht mehr?« Sollen die Kinder auch mal etwas berichten. Man kann sich inzwischen auf neue Jagdgeschichten besinnen; denn das weiß Luigi, so schnell kommt er aus dem Kreis nicht heraus. Es ist überall das gleiche. Seine besten Freunde sind die Jungen.
    »Man hat ihn fortgeschleppt!« Das klingt bitter, anklagend. »Omar war unser bester Freund. Er hat mich einmal aus großer Gefahr befreit, so wie du es auch tun würdest.«
    Fortgeschleppt. Luigi hat nur dieses Wort gehört. Sein Geist arbeitet angestrengt. »Fortgeschleppt? – Wer?«
    »Die Leute des Deys, die ihn gebracht hatten.«
    Der wolkenlos reine Himmel, der sich über dem Dorf wölbt, erscheint Parvisi plötzlich verändert. Schwere, schwarze, drohende Fetzen jagen an ihm dahin, verdun-keln die strahlende Sonne. Sekundenlang. Dann blitzt sie in grellem, stechendem Glanz wieder auf. Sonne –
    Nacht; Sonne – Nacht.
    Was ist mit El-Fransi? Das ist nicht mehr der gütige, plaudernde Freund, es ist der harte Jäger, der ein Wild erspäht hat.
    »Wer war Omar?« Kurz, scharf die Frage. Die Kinder merken nicht, welche Kraft nötig ist, einigermaßen ruhig zu bleiben. Selim weiß es. Er fiebert ebenso wie der Freund.
    Die Antwort, die der Junge geben wird, kann Ende oder neuer Anfang sein.
    Die Augen des Gastes saugen sich am Mund Alis fest.
    Der ist verängstigt. Dann spricht er endlich: »Ein fremdes Kind, das nicht einmal Arabisch sprechen konnte.«
    »Wie alt?«
    »So alt wie ich und Achmed.«
    »Livio!« Aufschrei, Freude, Dank und Enttäuschung zugleich ist das Wort. Gefunden das Kind, gefunden Livio – und es nicht in die Arme reißen können, küssen, streicheln, liebhaben. Furchtbare Lage.
    »Livio? Ja, El-Fransi, manchmal, als Omar erst zu uns gekommen war, sagte er so. Später nie mehr.« Achmed hat sich erinnert.
    Und Luigi Parvisi erinnert sich, daß Abbas ben Ibrahim, der Maure, neugierig gewesen war, ob es gelänge, ein Christenkind zu einem Araber umzubilden. Sein Sohn Livio ist nicht mehr Livio gewesen; ausgelöscht alles, jeder Gedanke an die Eltern, an die Heimat, daran, daß er nicht zu diesen Menschen gehört. Er ist Omar geworden, einer wie alle seiner Umgebung, ein Mohammedaner, ein Mensch, dessen Gedanken andere als die eines Christen sind.
    Schweißperlen stehen auf Luigis Stirn. Er vergräbt das Gesicht in die Hände. Wie kalt sie sind, eiskalt auf den glühenden Wangen. Ein Weg ging zu Ende, ein anderer führt hinaus in endlose Ferne. Man muß ihn gehen; denn irgendwo am Rande wird der Sohn sitzen, nicht auf den Vater warten und doch auch einmal den teuren Namen Vater nennen wollen. Wie lang der Weg sein wird? Unbestimmt. Aber man muß ihn gehen, Schritt um Schritt, so wie es der Jäger El-Fransi gewöhnt ist. Daß die Gedanken ihn in diesem Augenblick nicht Luigi Parvisi nennen, ist die Rettung. Man ist ja nichts anderes als El-Fransi. Und dieser Mann gibt nicht klein bei. Er kämpft.
    Der Schwächeanfall ist vorüber. Klar kann Luigi nun wieder denken – El-Fransi sein! Er ist es.
    »Und ihr, Ali und Achmed, wart seine besten Freunde?« Die beiden Jungen bestätigen es mit strahlenden Gesichtern.
    »Ich danke euch. Nicht allein mit Worten. Womit –
    darüber sprechen wir noch. Ihr habt recht getan, den kleinen Omar, der ein so mutiger Kerl war, in euer Herz zu schließen. – Wo ist der Amin? Führt mich zu ihm, schnell!«
    »Das geht nicht. Er ist nicht im Dorf.«
    »Dann zu deinem Vater, Ali. Komm!« Ein Wink an Selim. Bleib hier, halte mir die Kinder vom Halse, bedeutet er. Der Neger versteht und beginnt sofort, ein spannendes Abenteuer zu erzählen.
    Ali führt El-Fransi zu seinem Vater, der zur Hütte zu-rückgekehrt war und nun davor sitzt.
    »Kannst du mir, Vater dieses braven Jungen, von Omar, dem fremden Kind, erzählen?« fragt Parvisi den Mann.
    »Ich könnte es, El-Fransi.«
    »Könntest? Was hindert dich daran, es zu tun? Ich, El-Fransi, bitte darum.«
    Der Berber bleibt stumm.
    »Fordere, was immer du magst. Nimm meine Waffen.
    Sieh diese vorzügliche Flinte, sie ist dein. Nimm mein Pferd, alles, was du willst, mag dir gehören, und noch mehr will ich dir geben, nur sprich!«
    »Du beleidigst mich, El-Fransi. Wenn ich spreche, dann freiwillig, ungezwungen, unbestochen.«
    Der Italiener ist bestürzt. Hier sitzt er einem gegenüber, der einfach nicht will. Eine Überraschung in diesem Land, wo sonst jeder darauf aus ist, Geschenke unverblümt zu fordern und, ohne mit

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