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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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bin, daß es seinen Zielhafen ungefährdet erreicht.«
    »Ihr glaubt, daß die ,Astra’ gekapert wurde?«
    »Die Korsaren sollen wieder emsig ihr Handwerk betreiben, und ich, der ich keine Waren nach Spanien verschiffe, werde doch keinen Verlust durch Übernahme der Versicherung riskieren, lächerlich.« Er kehrt sich schroff ab.
    »Mein Gott! Ich habe es getan, fast meine ganzen Mittel eingesetzt. Hoffentlich wart Ihr nicht klüger als ich!«
    Gravelli zuckt gleichgültig mit den Schultern.
    »Ich bin ruiniert, wenn Eure Gedanken richtig waren«, jammert Brandi.
    »Habt Ihr schon einmal erlebt, daß ich mich irrte?« Der Bankier weidet sich an den Ängsten des anderen.
    »Leider nein. Heute aber hoffe ich es sehnlichst.«
    »Wir werden sehen. Aber lassen wir die ,Astra’. Ich habe keine Lust, mich weiter über dieses Totenschiff zu unterhalten.«
    Parvisi ist erregt. Totenschiff! Ah, könnte man das Wort, das furchtbare, noch einmal hören, klar und deutlich, damit keine Täuschung möglich ist. Gravellis hochmütige Reden zielen auf das Schiff, das die Zukunft des großen Handelshauses in der Person des einzigen Sohns auf seinen Planken trägt. Die »Astra« ein Totenschiff! Unmöglich, es kann, es darf nicht sein. Schon der Gedanke ist Frevel. Angst und Sorge lassen den Kaufmann einen Schritt tun, den er bei ruhiger Überlegung niemals zu gehen bereit wäre. Er verläßt seinen Posten und kommt um den Warenstapel herum. Trotz höchster Erregung bleibt er äußerlich immer noch der ruhige, durch nichts zu erschütternde Kaufmann.
    »Ich wurde zufällig Zeuge Eures Gesprächs, Gravelli«, wendet er sich mit einer höflichen Verbeugung an den Bankier. »Bitte, wie kommt Ihr dazu, die ,Astra’ als Totenschiff zu bezeichnen?«
    »Wenn sich Andrea Parvisi zum Lauscher erniedrigt hat, dann kennt er ja meine Ansicht, der ich nichts hin-zuzufügen habe.« Auch Gravelli verbeugt sich, beleidi-gend, denn er versteht es meisterhaft, Hohn und be-friedigte Rache damit auszudrücken, kehrt sich ab und geht langsam weiter, den Alten Damm hinunter.
    »Sollten die Vermutungen doch ein Fünkchen Wahrheit enthalten, daß Bürger Genuas die Hand im Spiel haben und den Korsaren die Ausreise italienischer Schiffe melden?«
    Gleichsam als habe der Blitz vor ihm eingeschlagen, so zuckt der Bankier bei dieser Anklage zurück. Aber er ist ein nervenstarker Gegner.
    »Ihr seid ein Narr, Parvisi!« ruft er über die Achseln zurück. Brandi ist sprachlos. Er kennt die Feindschaft zwischen den beiden führenden Männern seiner Vaterstadt. Daß sie sich vor ihm, vor einem Zeugen, so befehden, zeigt ihm, wie tief die Kluft ist, die sich hier tren-nend aufgetan hat.
    »Der Marseiller Segler!« Der Ruf der Menge, die das einlaufende Schiff gesichtet hat, läßt alle noch entfernt Stehenden herbeieilen.
    Mit südländischer Lebhaftigkeit verfolgen die Menschen die Arbeit der französischen Matrosen und vergleichen sie mit den Handgriffen ihrer eigenen Seeleute.
    Endlich liegt das Schiff wohlvertäut am Alten Damm.
    Der Kapitän kommt von Bord.
    Andrea Parvisi ist der erste, der auf den Franzosen zu-tritt. »Eine Frage nur, Herr Kapitän. Wißt Ihr, ob die
    ,Astra’ in Malaga angekommen ist?« fragt er in Franzö-
    sisch.
    »Mais oui, monsieur. ,L’Astre’ est bien arrivee ä Malage, – Ja, Herr, die ,Astra’ ist gut in Malaga angekommen.«
    »Merci beaucoup, monsieur. – Danke, Herr!«
    Die »Astra« ist gut in Malaga angekommen! So eilt die freudige Nachricht von Mund zu Mund.
    Parvisi hat den ein wenig abseits stehenden Gravelli bei dieser Kunde scharf beobachtet. Ihm scheint, daß sein ehemaliger Freund das »Verflucht!«, als es ihm zwischen den Zähnen durchgeschlüpft ist, lieber verschluckt hätte.
    Wie toll gebärdet sich Brandi. Die Nachricht ist Gold wert für ihn. »Gerettet!« jubelt er.
    Unbeachtet verdrückt sich Gravelli in dem Freuden-taumel.
    Zu Hause angekommen, fällt er kraftlos in den Sessel.
    Ein großes Spiel ist verspielt. Seine ersten Gedanken kreisen um den Verlust, den er durch die Nichtversiche-rung des Schiffes erlitten hat. Er hadert mit sich, mit allen und jedem, selbst mit Gott, der ihm diese Einnahme mißgönnte. Einen großen Betrag hätte er als Prämi-engelder einziehen können. Wie konnte auch Benellis Drohung für ernst genommen werden! Ach was, Benelli.
    Ein viel ernsthafterer Gegner hat heute ein Wort gesprochen, das den Untergang des Hauses Gravelli nach sich ziehen kann: Parvisi mit seiner

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