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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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Stadt. Er trägt, wie es üblich ist, eine Laterne. Manchmal trifft er Wanderer, die das Licht offen tragen. Es sind Juden. Ihnen als einzigen ist es verboten, sich einer Laterne zu bedienen. Schon diese Anweisung zeigt, daß man diese Menschen unter die anderen stellt, sie auch nachts als Juden erkennen will.
    Simeon hat auf den Besucher gewartet. Noch ist das Pochen nicht richtig verhallt, da wird die Tür auch schon geöffnet.
    »Tretet ein, Herr, und bringt Segen über mein Haus«, begrüßt er den Franzosen.
    »Friede sei mit dir und den Deinen!« Simeon neigt tief den Kopf. Die Rechte hat er auf das Herz gelegt.
    »Ich bin Euer Diener, Herr! Bitte, nehmt Platz.« Der Raum ist wenig möbliert. Einige Matten liegen am Boden, Kissen und zwei niedrige Hocker sind um ein flaches Tischchen gruppiert, auf dem das Gebetbuch des alten Händlers liegt. Eine einzelne Kerze hüllt alles in ein goldenes Licht.
    »Vor einiger Zeit ist eine genuesische Prise eingebracht worden«, beginnt endlich Pierre-Charles.
    »Die ,Astra’?«
    »Ja, sie. Hast du etwas von ihr gekauft?«
    »Was sucht Ihr?« Der Händler umgeht mit seiner Frage eine klare und eindeutige Antwort.
    Pierre-Charles erkennt es. Die Erwähnung der »Astra«
    scheint dem Mann nicht angenehm zu sein. Aber vielleicht täuscht er sich auch.
    »Ein Bild.«
    »Es ist mir nicht bekannt, daß das Schiff Bilder an Bord gehabt hat.«
    »Keine Handelsware. Man erzählte mir, daß sich ein junger Künstler auf dem Segler befunden habe. Von ihm möchte ich eine Zeichnung meiner Sammlung einverleiben. Ich bin leidenschaftlicher Sammler.«
    Dummkopf! Oh, wie dumm ihr Franzosen seid! Da kommt der Mann zu mir, will ein Bild kaufen und gibt zu, leidenschaftlicher Sammler zu sein. Dreifachen, zehnfachen Preis kann man ihm berechnen, er wird ihn unbesehen für die Befriedigung seiner Leidenschaft zahlen. Ganz hat sich Simeon bei dieser erfreulichen Feststellung nicht in der Gewalt. Seine Augen glänzen, seine lange, feinnervige Hand streicht zufrieden den Bart. Der Fisch hat nach dem Köder geschnappt. Mit voller Absicht hat de Vermont von seinem Sammeleifer gesprochen, um Simeon zu gewinnen.
    »Du hast also kein Bild von dem Schiff übernommen?«
    »Nein. Was stellte es dar?«
    »Eine Frau mit einem Kind. Hast du vielleicht eine solche Zeichnung bei deinen Geschäftsfreunden gesehen?«
    »Auch nicht. Aber wenn Ihr es wünscht, Herr, werde ich mich gern danach umsehen.«
    »Darum möchte ich dich bitten, nur – mach kein Geschrei davon. Ich kann und werde nicht mehr als eine gewisse Summe anlegen. Trotzdem wird es dein und des Verkäufers Schaden nicht sein, wenn ich das Bild bekommen kann. Hier, nimm.« Der Franzose schiebt ihm einige Geldstücke zu.
    »Anzahlung?« fragt Simeon listig.
    »Für deine Bemühungen.«
    »Danke. – Wieviel darf das Bild kosten?«
    »Wir einigen uns, keine Sorge. – Damit wäre der Zweck meines Besuchs erreicht.« Und so ganz nebenbei fügt de Vermont an: »Der Zeichner des Bildes wird sicherlich tot sein; denn die Mannschaft der ,Astra’ hat den Leuten des Deys schwer zu schaffen gemacht, wie ich hörte.«
    »Es sind nur wenige am Leben geblieben.« Das Geschenk hat die Zunge des Händlers gelöst.
    »Das Schicksal der Italiener interessiert mich herzlich wenig. Trotzdem, erzähle.«
    »Ich weiß nicht, was es mit diesem Schiff auf sich hat.
    Jedenfalls wurden die Gefangenen bereits bei Sidi Feruch von Bord geholt.«
    »Nanu, warum das?« wirft Pierre-Charles schnell hin.
    »Man soll sie zu Scheik Osman gebracht haben.«
    »Zu Scheik Osman? In die Felizia-Berge also. Alle?«
    »Den Kapitän und eine Frau habe man nach Algier geschafft, die Frau in den Harem des Deys – sagt man. Sie soll tot sein. Eine junge, schöne Frau, die immer nach ihrem Kind geschrien hat.«
    Mein Gott, Luigis Frau. Nur sie war auf der »Astra«. Es kostet de Vermont große Anstrengung, unbeteiligt zu erscheinen. Glücklicherweise gelingt es ihm, harmlos weiterzufragen:
    »Man hat sie wohl von dem Kind getrennt?«
    Der Jude hebt die Hände. Er weiß nichts Genaues. De Vermonts Herz schlägt laut. Simeon muß es hören. Zu dumm, daß der Mann nicht weiterspricht. Nochmals fragen? Simeon ist schlau.
    Ein Zweifel ist kaum möglich. Die Frau ist tot. Dies ist um so sicherer, als die Angabe ohne Absicht gemacht worden ist. Aber der Junge! Er muß gesucht werden.
    Und hier, an einer Stelle, wo vielleicht ohne Mühe alles zu erfahren gewesen wäre, ist Schweigen.
    »Es ist bitter

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