Unter rauschenden Palmen
Bay erhellte in rhythmischen Abständen den Himmel.
Jerome nahm die Weinflasche aus dem Kühler und schenkte ein. "Danke, Jerome, für mich bitte nicht. Ich möchte Mineralwasser", sagte Clarissa plötzlich.
Er sah sie kurz an und zuckte dann nur mit den Schultern. Clarissa verzichtete meistens auf Alkohol, doch wenn sie mit Jerome zusammen aß, trank sie meist ein oder zwei Glas Wein.
Wird ihm etwas auffallen? fragte sie sich besorgt.
Doch alles, was er sagte, als er sich das gefüllte Glas selbst nahm, war: "Hast du morgen einen anstrengenden Tag vor dir?"
Erleichtert atmete Clarissa auf. "Ich habe schon seit langem nur noch anstrengende Tage."
"Hast du schon einmal daran gedacht, etwas kürzer zu treten?" fragte er und griff zur Gabel.
"Nein", antwortete sie und merkte, wie ihr plötzlich übel wurde und sie feuchtkalte Hände bekam. "Aber ich habe mir überlegt, ob ich mir nicht einen Partner suchen sollte."
"Eine gute Idee. Dann könntest du mich vielleicht auch einmal begleiten", überlegte Jerome laut.
"Wie meinst du das?" Clarissa sah ihn aus großen Augen an.
"Den Geschäftsbesuch in Sydney habe ich aus mehreren Gründen vorzeitig abgebrochen.
Einer davon ist der, dass ich mich entschlossen habe, in den nächsten Tagen in die Staaten zu fliegen. Entgegen meiner ursprünglichen Absicht möchte ich jetzt doch zu der internationalen Fachkonferenz der Macadamiafarmer. Da ich noch etliche andere Angelegenheiten in der Nähe zu regeln habe, könnte ich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Du hättest mit mir kommen können."
"Dafür habe ich im Moment leider keine Zeit."
"Wirst du sie je haben?"
Sie betrachtete ihn prüfend beim flackernden Schein der Kerze, die in einem Kugelglas stand.
Seiner Miene war jedoch nichts zu entnehmen. "Es klingt nicht gerade nach Urlaub", antwortete sie ausweichend und blickte voller Widerwillen auf ihren Teller.
"Wir würden bestimmt Zeit finden, miteinander zu spielen."
Clarissa musste schlucken. Sie fand diese Formulierung nicht gerade glücklich. Sie stellte sich unwillkürlich vor, dass sie in einem Hotelzimmer saß und Däumchen drehte, bis Jerome die Zeit fand, mit ihr zu ... spielen.
Stolz legte sie den Kopf zurück. "Mit einem Partner würde sich mein Arbeitspensum nur auf das Normalmaß reduzieren. Um mit dir um die Welt zu tingeln, würde die Zeit auch dann nicht reichen."
Er nahm einen letzten Bissen, schob den leeren Teller zur Seite und verschränkte die Arme hinterm Kopf. "Es war ja auch nur so eine Idee von mir."
"Wie lange willst du in Amerika bleiben?"
"Drei Wochen."
Wieder musste Clarissa schlucken. So lange waren sie noch nie getrennt gewesen. "Du scheinst ja viele Fliegen mit einer Klappe schlagen zu müssen", bemerkte sie.
"Ich möchte meine Produktpalette erweitern. Kaffee wäre eine gute" Idee. Aber ich muss genau prüfen, welcher Qualitätsstandard sich bei unserem Klima und unseren Bodenverhältnissen eigentlich erzielen lässt und ob überhaupt genügend Nachfrage besteht."
"Reichen dir deine Macadamias und Avocados nicht?"
"Der Markt unterliegt starken Schwankungen. Es ist immer gut, mehrere Eisen im Feuer zu haben."
Sie räumte den Tisch ab, obwohl sie kaum etwas gegessen hatte. Er beobachtete sie genau dabei, sagte jedoch nichts. "Stimmt etwas nicht?" fragte sie schließlich.
Er zögerte etwas, stritt es dann aber ab. "Was ist mit Kaffee?" wollte er dann wissen.
"Kommt sofort, Mr. Hewitt. Haben Sie noch einen kleinen Moment Geduld."
Glücklicherweise hatte er die. Denn während das Wasser durch den Filter lief, wurde Clarissa plötzlich so übel, dass sie ins Badezimmer flüchten und sich übergeben musste. Das ist die Morgenübelkeit, dachte sie und lehnte die erhitzte Stirn gegen den kühlen Spiegel. Aber am späten Abend? Sie verstand es nicht.
Als sie sich nach etlichen Minuten wieder in die Küche schlich, stand Jerome immer noch mit dem Rücken zu ihr an der Verandabrüstung und blickte aufs Meer. Glücklicherweise hatte er nichts bemerkt.
"Dies ist Blue-Mountain-Kaffee", sagte sie betont heiter. "Wer weiß, ob ich dir nicht schon bald Rosemont Premium Blend servieren werde."
"So bald noch nicht. Frühestens in ein paar Jahren."
Schweigend tranken sie. Clarissa nippte nur ganz vorsichtig an ihrer Tasse, denn sie befürchtete, dass ihr wieder übel werden würde. Außerdem machte es sie unsicher, dass die Atmosphäre unerklärlicherweise plötzlich so spannungsgeladen war.
"Siehst du Serena, wenn du in Sydney
Weitere Kostenlose Bücher