Unter rauschenden Palmen
du denn nicht, dass es mir völlig egal wäre? Wie kommst du überhaupt darauf?"
"Ich habe dir beim Anziehen zugesehen und mir so meine Gedanken gemacht."
"Das wird ja immer schöner! Ich hätte gedacht, dabei würde deine Fantasie ganz andere Wege gehen. Werde ich dir schon langweilig?"
Sie schüttelte den Kopf. "Wenn man dir zusieht, merkt man sofort, dass du daran gewöhnt bist, deine Sachen ordentlich an Ort und Stelle vorzufinden. Hast du schon jemals nach einem frischen Hemd oder dem zweiten Socken suchen müssen?"
Erstaunt sah er sie an. "Ist das eine ernst gemeinte Frage?"
"Ja."
"Clarissa, ich habe noch nie darüber nachgedacht."
"Das ist ja gerade das Problem!"
"Und dies Problem beeinträchtigt unser Liebesleben?"
"Natürlich nicht!"
"Das nehme ich dir jetzt nicht ab. Du hast mich nämlich total verunsichert. Jedes Mal, wenn du mich nackt siehst, wirst du nur noch daran denken, wie meine Wäsche sortiert, gewaschen, gebügelt und wieder in den Schrank geräumt werden muss."
"Jerome, hör auf mit dem Unsinn!" Sie lachte und lehnte den Kopf an seine Schulter.
"Dann überzeug mich vom Gegenteil!"
"Nicht jetzt, erst nach dem Essen."
"Wie war's mit einem kleinen Vorschuss?"
Sie umarmte ihn und küsste ihn leidenschaftlich. "Clarissa, und wenn ich Dutzende von Haushälterinnen einstellen müsste, damit es immer so zwischen uns bleibt: Ich würde es tun."
"Oh, ich denke eine Einzige würde schon reichen. Sollen wir jetzt endlich essen gehen?"
Auch am letzten Abend ihrer Hochzeitsreise saßen Clarissa und Jerome auf der Veranda vor ihrem Zimmer. Sie nahm seine Hand. "Vielen Dank für diese wunderbare Woche. Der Abschied von Orpheus fällt mir sehr schwer."
"Das freut mich zu hören."
Fragend blickte sie ihn an.
"Ich dachte, du könntest es gar nicht abwarten, endlich wieder in deine Kanzlei zu kommen."
"Jerome, sehe ich so aus?"
Er betrachtete ihre Hand und spielte mit dem schlichten goldenen Ehering an ihrem Finger.
"Nein", sagte er schließlich. "Aber ich weiß ja nicht, was wirklich in dir vorgeht."
Sie schüttelte den Kopf und lächelte. "Das kann doch nicht sein! Ich habe nämlich stets das Gefühl, du könntest all meine Gedanken lesen."
"Du brennst also nicht darauf, endlich wieder ins Büro zu kommen?"
"Nein - es ist mein erster Urlaub, in dem ich kaum an meine Arbeit gedacht habe -
geschweige denn sie vermisst hätte."
"So? Oder fällt dir der Abschied von hier vielleicht nur deshalb so schwer, weil du dich vor deinem neuen Lebensabschnitt fürchtest?"
Clarissa senkte den Kopf. Genau das war es. Während dieser Woche hatte sie unbewusst, aber erfolgreich jeden Gedanken an die Zukunft beiseite geschoben. "Mag sein", antwortete sie zögernd. "Aber ich werde das schon in den Griff bekommen. Lass uns den letzten Abend nicht zerstören. Hier war es wie im Märchen..."
"Clarissa, nichts liegt mir ferner, als uns die letzten Stunden zu vermiesen. Auch du bist für mich eine Märchenfee, die lebendig geworden ist. Dennoch halte ich es für sinnvoll, jetzt und hier über unsere Zukunft zu sprechen - dazu müssen wir in der Lage sein. Diese Woche muss für uns doch mehr gewesen sein als eine Flucht vor der Wirklichkeit."
Sie erkannte die Wahrheit seiner Worte und nickte nachdenklich. "Du hast Recht. Und deshalb möchte ich jetzt auch ehrlich zu dir sein. Also: die letzten Male, die wir vor unserer Hochzeit auf Rosemont waren, habe ich mich beklommen gefühlt. Ich konnte mir mich als Hausherrin dort einfach nicht vorstellen."
War sie zu offen gewesen? Wie würde er darauf reagieren?
Er überraschte sie. "Das war zu erwarten. Rosemont ist für dich belastet. Du hast dort bestimmt das Gefühl, in Serenas Schatten zu stehen."
Erschrocken sah sie ihn an.
"Clarissa, wir werden noch oft über Serena sprechen müssen. Bitte geh gelassen damit um, du hast keinerlei Grund, dich mit Selbstzweifel zu quälen."
Sie blickte gedankenverloren in die Nacht. "Ich glaube, ich weiß jetzt, worauf du hinauswillst, Jerome. Du möchtest eine Brücke bauen zwischen dem Zauber dieser Woche und dem Alltag, der uns erwartet."
Er ließ ihre Hand los und legte ihr den Arm um die Schultern. "Ist das so verkehrt? Meinst du, mir wäre nicht aufgefallen, dass du dich auf Rosemont wie auf einem anderen Stern gefühlt hast? Wie du dich in den Pflanzungen umgeschaut hast, als würdest du hinter jedem Busch einen bösen Geist vermuten? Die Zukunft wird nicht immer einfach für dich sein, Clarissa.
Aber wir beide
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