Unter rauschenden Palmen
ließ wieder seine Schlüssel klimpern. "Stimmt es, dass Sie Zwillinge erwarten?" fragte er dann.
"Ja. Langsam sieht man mir das wohl an."
Ungeniert betrachtete er Clarissa, die wieder ihre weißen Stretchjeans und die gelbe Bluse trug. "Sie sehen prima aus", sagte er schließlich.
Unglücklicherweise sprach er diese Worte in eine Gesprächspause, so dass alle sie hören konnten. Serena sah Clarissa giftig an, senkte dann aber sofort den Blick. Dennoch spürte Clarissa, dass Serena sie ohne ersichtlichen Grund hasste.
Um das Maß voll zu machen, sagte Bruce zum Abschied: "Rosemont gefällt mir, es hat wirklich Stil, und einige Dinge kann man guten Gewissens kopieren."
"Wenn es nicht so traurig wäre, hätte man sich köstlich amüsieren können", sagte Clarissa zu Jerome. Sie saßen noch in der Bibliothek, während Sean schon schlief und May sich in ihren Flügel des Hauses zurückgezogen hatte.
Jerome lachte. "Der Nachmittag hatte durchaus Unterhaltungswert. Und taktvoll ist der gute Bruce auch nicht gerade."
"Ich mag ihn trotzdem", erklärte Clarissa. "Aber leider wird Serena mich nie mögen."
"Serena wird ihn nicht zum Narren halten können, so viel zu Bruce. Aber zerbrich dir nicht den Kopf darüber, ob Serena dich nun mag oder nicht. Geschiedene Frauen können ihre Nachfolgerinnen meistens nicht ausstehen. Ich sehe dich übrigens nicht als Gebärmaschine, um diesen Punkt klarzustellen."
Clarissa konnte ihm bei dieser Aussage leider nicht in die Augen sehen. Er saß nämlich, die Arme um die Knie geschlungen, auf einem Sitzkissen neben ihrem Sessel, so dass sie ihm nur von oben auf den Kopf blicken konnte.
Sie lächelte amüsiert. "Trotzdem fühle ich mich manchmal genau so - was aber nicht deine Schuld ist. War auch nicht einer der Scheidungsgründe der, dass Serena keine Kinder mehr wollte?"
Er schwieg, und noch immer blieb ihr sein Gesichtsausdruck verborgen. "Ja", gab er schließlich zu. "Ich wollte noch mehr Kinder. Ich wollte, dass Sean mit Geschwistern aufwächst, und dachte, Serena könnte in ihren Kindern eine Bestätigung finden und ihre ständigen Selbstzweifel endlich überwinden. Außerdem bin ich ja selbst leider Einzelkind und habe ständig das Gefühl, etwas Wesentliches verpasst zu haben. Geht dir das auch so, Clarissa?" Endlich sah er zu ihr auf.
Erst später wurde ihr klar, dass er damit äußerst geschickt das Thema gewechselt hatte. "Ja, auch ich hätte gern Brüder oder Schwestern gehabt. Früher habe ich Kinder mit Geschwistern beneidet. Ich dachte, sie hätten es ganz einfach besser, weil sie immer jemanden zum Spielen oder zum Reden hatten."
Er nickte.
"Natürlich weiß ich jetzt, dass es in Großfamilien auch viel Eifersüchteleien und Konkurrenzdenken gibt - von Vernachlässigung einzelner Kinder ganz zu schweigen."
"Bestimmt, weil Eltern mit vielen Kindern ständig überfordert sind. Vielleicht hat es das Schicksal mit uns Einzelkindern doch gut gemeint. Da wir gerade von Überforderung sprechen, du siehst abgespannt aus, Clarissa."
"Ja." Sie hielt sich die Hand vor den Mund, weil sie gähnen musste. "Ich bin plötzlich zum Umfallen müde."
"Dann ins Bett mit Ihnen, Mrs. Hewitt." Er stand auf, reichte ihr die Hände und zog sie aus dem Sessel hoch. "Du hast übrigens diese Farce heute Nachmittag mit Bravour gemeistert, Clarissa."
Sie zögerte etwas, sagte dann aber lediglich: "Danke."
"Wie schön!" Clarissas Stimme klang etwas gepresst. Sie stand in ihrem zukünftigen Schlafzimmer vor dem riesigen Doppelbett und blickte sich um.
Es war ein großer, heller und sehr hoher Raum, die Decke war weiß, und die Wände waren gelb gestrichen. Vorhänge und Bettüberwurf waren aus schwerem Baumwollstoff, dessen altmodisches Blumenmuster hervorragend zu den antiken Möbeln aus Zedernholz passte. Am Kamin standen zwei gemütliche Sessel, davor lag auf dem Teppich das Reisegepäck, um das sie sich noch gar nicht gekümmert hatten.
Jerome zog die Gardinen zu. "Es ist unser ehemaliges Gästezimmer, aber ich mochte diesen Raum schon immer. Und da er den schönsten Ausblick im ganzen Haus hat, habe ich ihn zu unserem Schlafzimmer gemacht."
Clarissa wusste, was er ihr damit sagen wollte: Serena und er hatten diesen Raum nie benutzt.
Sie fragte sich, warum er den Namen seiner geschiedenen Frau nicht über die Lippen brachte.
Tat es ihm immer noch weh? Es war noch keine vierundzwanzig Stunden her, dass er vermutet hatte, für sie, Clarissa, sei die Erwähnung von Serenas Namen
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