Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
Fernsehreporter.
Der nunmehrige Leiter der Sonderkommission dreht sich um, geht zurück zu seinen Leuten und flüstert einem etwas zu. Zwei Hunde samt Führern sind inzwischen über die Straße und in einem Gebüsch verschwunden.
Wir haben beschlossen, mit Fran nur über nicht angemeldete Wertkartentelefone zu kommunizieren. Das ist vielleicht übertriebene Vorsicht, aber nach dem, was dieser Sonderkommissionsleiter gesagt hat, vielleicht doch ganz klug. Ich schicke Fran von meinem Spezialhandy aus eine SMS mit der Mitteilung, dass es einen neuen Anschlag gegeben habe und einer der Täter offenbar angeschossen worden sei. Vielleicht taucht bei „PRO!“ jemand mit einem dicken Verband auf. – Oder würden die Behörden dort zuerst nachsehen?
Ich fahre zurück in die Redaktion, überlege hin und her und rufe Zuckerbrot dann doch an. Er geht nicht dran. Ich hätte zu gerne gewusst, ob man ihn als Leiter der Sonderkommission abgesetzt hat oder ob dieser aufgeblasene Kammerer einfach seine Urlaubsvertretung ist. Ich kann bloß abwarten. Etwas, das mir gar nicht liegt. Saukalt ist es heute im Büro. Offenbar war keiner, auch nicht die Wiener Fernwärme, auf den Kälteeinbruch vorbereitet.
Ich krame in meinem Schrank und finde die Fleecejacke, die ich da für alle Fälle verstaut habe. Ein Stapel mit Prospekten aller Art liegt daneben. „PRO!“ hingegen setzt auf Internetkommunikation. – Ob allein das den Ökoenergieanbieter in Zeiten von „Cybersolar“ schon unter Verdacht bringt? Ich rufe die Homepage auf, klicke durch die Seiten. Ich kann mich dunkel erinnern, dass mir Tina Bogner von Elektroautos erzählt hat, die angeblich drei Jahre später verschrottet wurden. Da gibt es eine PowerPoint-Präsentation mit dem Titel:
„Die Wahrheit: Was mit Elektroautos geschah.“
Schwarzer Hintergrund, esoterisch angehauchte Musik. In dicken Lettern kann ich lesen:
„1996 wurde das erste serienmäßige Elektroauto von General Motors produziert und zirkulierte in den Straßen Kaliforniens.“
Dann wechselt das Bild und ich sehe ein silbernes, stromlinienförmiges Auto.
„Es waren schnelle Autos. Und sie waren sehr leise. Sie produzierten keine Umweltverschmutzung. Sie hatten nicht einmal einen Auspuff.“
Wieder Bildwechsel. Amerikanische Doppelgarage, glückliche Kinder, glücklicher Mann, der seinen Wagen an die Steckdose hängt.
„Man konnte sie leicht aufladen, mit elektrischer Energie und in der eigenen Garage.“
Wieder ein Bildwechsel. Und dann in dicken Lettern, rot auf schwarz:
„Zehn Jahre später waren diese Autos der Zukunft verschwunden.“
Ich will die Präsentation schon abbrechen, das ist mir alles ein wenig zu dramatisch und: Warum sollten Elektroautos, die funktionieren, verschwinden? Widerspricht ja auch allen Gesetzen der Marktwirtschaft. Ganz abgesehen davon, dass ich bei Leuten, die die „Wahrheit“ verkünden, immer vorsichtig bin. Das nächste Bild. Ein Schrottplatz und darauf, sorgfältig gestapelt, sicher Hunderte zusammengepresste Autos. Sieht so aus, als handelte es sich um die Elektrofahrzeuge. Die nächsten Bilder bringen weitere Beispiele von Elektroautos, deren Produktion rasch wieder eingestellt wurde, dann ein Bericht über einen Elektro-Akku, der nicht mehr erzeugt wird, weil ein Ölkonzern die Firma aufgekauft hat. – Warum hat der Ölkonzern gegen diese Behauptung nicht sofort Klage erhoben? Oder wissen sie bloß nichts von dieser Homepage? Jetzt, in großen Lettern:
„Die Lobbys der Ölkonzerne möchten nicht, dass die Elektrofahrzeuge überleben!“
Nächstes Bild:
„Aber es existiert nicht nur die Technologie der Elektrofahrzeuge!“
„Der Gouverneur von Kalifornien, der berühmte Schauspieler Arnold Schwarzenegger, fährt einen Hummer, der mit Wasserstoff betrieben wird!“
Sieh an, selbst „PRO!“ und seine Freunde bemühen unseren Arnie. Und schreiben in diesem Fall natürlich nicht dazu, dass er auch ganz herkömmliche dicke Autos hat.
Nächstes Bild:
„Stellen Sie sich vor, was ein Barrel Öl kosten würde, wenn es nicht dafür verwendet würde, Autos und Lastwagen zu bewegen. Die geringere Nachfrage würde den Preis enorm sinken lassen …“
„Wissen Sie, wer daran Interesse hat, dass der Ölpreis nicht sinkt? Riesige Ölkonzerne, die durch die Macht des Geldes die Gesetzgeber der USA und Europas kontrollieren!“
Und auf der letzten Seite steht:
„Kennen Sie den Schneeballeffekt? Verbreiten Sie diese Info unter Ihren Kontakten!“
Es folgt ein Hinweis
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