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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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ihrem Kopf drang das Stöhnen in ihrem Rücken gedämpft an ihr Ohr. Sie kämpfte gegen den Drang ihren Vergewaltiger abzuschütteln, denn jede ihrer Bewegungen vergrößerte den Schmerz. Kurz darauf fiel der Körper auf ihren Rücken, von einem kurzen, heftigen Stöhnen begleitet, um sich sogleich von ihr zu lösen.
    Sie blieb vornüber gebeugt auf dem Tisch liegen und wartete, bis die Schritte verklungen waren und die Tür ins Schloss fiel. Sie war unfähig zu weinen, lag so da, bis sie bemerkte, dass das warme Sperma an ihrem Oberschenkel herab lief. Vor Ekel schrie sie auf, warf die Jacke zur Seite und rannte ins Bad, wo sie kaltes Wasser in einen Eimer füllte, sich darüber setzte und sich manisch wusch, immer und immer wieder, bis sie kraftlos zusammensank und auf dem Boden liegen blieb.
    In der Nacht robbte sie über den Boden zu ihrem Schlafzimmer, wo sie sich mit Mühe in ihr Bett heraufzog, die Decke über sich ausbreitete und nun endlich weinen konnte. Irgendwann war sie zu müde, um zu weinen und fiel in einen unruhigen Schlaf.
    Als sie am Morgen erwachte, wusste sie, dass es Neubert war, der sie vergewaltigt hatte. Ein allumgreifendes Gefühl der Ohnmacht überkam sie. Sie war diesem Mann hilflos ausgeliefert. Niemand würde ihr glauben, dass er sie vergewaltigt hatte. Franzi vielleicht, aber die war ihre Freundin. Alle würden denken, dass die gar nicht anders konnte, als zu ihr zu halten. Aber den meisten war es doch egal oder sie fürchteten Neubert mit seinen Kontakten.
    Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als es klopfte. Dorle reagierte nicht, auch nicht als sie Franzis Stimme hörte, die nach ihr rief. Sie hatte einen freudigen Unterton, wahrscheinlich, weil sie nach dem gestrigen Abend glaubte, dass Dorle sich nun besser fühlte und mit mehr Freude durchs Leben ginge. Wie weit sie daneben lag. Und Dorle würde ihrer Freundin jetzt nicht schon wieder mit einem neuen Unglück kommen können. Gerade hatte sie das eine gemeistert, da hielt sie schon das nächste im Griff. Franzi hatte selbst eine Familie, die sie brauchte, und sie war in den letzten Tagen so viel bei ihr gewesen und hatte sich um sie gekümmert, dass sie sie nicht noch mehr mit ihren Problemen belasten durfte.
    Nach dem vierten Klopfen und Rufen gab sie auf und es war wieder still in dem Haus. Nur ab und zu drang das Schreien eines Kindes oder der Motorlärm eines Flugzeugs bis in ihre Küche, wo sie jetzt auf einem Stuhl saß, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt und ihr Gesicht in ihre Hände gelegt.
    So in Gedanken versunken, hörte Dorle nicht, dass erneut an ihr Tor geklopft wurde, dieses Mal aber nicht so zurückhaltend wie vorhin, als Franzi sie besuchen wollte. Dieses Klopfen hatte etwas Forderndes, Ungeduldiges, das kein Warten akzeptierte.
    Wie festgenagelt saß Dorle auf ihrem Suhl, lauschte dem Hall des Klopfens, ahnte, dass sie öffnen musste, weil mit dem Nichtöffnen Ärger verbunden war, aber sie war dazu nicht fähig. Stattdessen starrte sie die Wand gegenüber an und wünschte sich, dass das Klopfen endlich aufhören würde.
    Dann war es tatsächlich still, jedoch nur kurz, denn wenige Sekunden später hörte sie Schritte im Hof und schon im nächsten Augenblick wurde die Tür zur Küche aufgerissen.
    Erschrocken drehte sich Dorle um und sah im Türrahmen Helmut Brunner stehen, so groß gewachsen, dass sein Scheitel fast den Holzbalken berührte, mit einem maßgeschneiderten dunkelblauen Anzug bekleidet.
    „Guten Abend, Dorle Becker“, sagte er streng und bewegte sich keinen Millimeter.
    Dorle schaffte es nicht, ein Wort zu sagen. Stumm saß sie auf ihrem Stuhl und sah zu dem Mann herüber, der seinen Blick durch die Küche schweifen ließ.
    „Du bist eine arme Frau, Dorle Becker“, sagte er schließlich. „Und du hast viel durchgemacht die letzte Zeit.“ Er sah sie wieder an, ohne eine Miene zu verziehen. „Habe ich gehört“, fügte er nach ein paar Sekunden hinzu.
    Die Angesprochene nickte.
    „Deshalb will ich dir verzeihen, dass du dich noch nicht gemeldet hast. Weder bei mir noch bei dem französischen Offizier, bei dem ich dir Arbeit besorgt habe. Arbeit, Dorle Becker, die dir ein besseres Leben verschafft. Genügend zu essen, schöne Kleidung, Holz zum Heizen und Kochen.“ Er machte drei Schritte auf die Frau zu und stand nur noch wenige Meter von ihr entfernt. „Du erinnerst dich doch noch daran, dass ich dir die Medikamente für deinen Sohn besorgt habe.“
    „Aber Rolf ist doch …“

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