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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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Stohr die Predigt hielt, eingesetzt war, musste Koch auf das neue Universitätsgelände, das in einer ehemaligen Flakkaserne an der Straße nach Finthen lag.
    Am Mittag machte er sich mit der eigens neu eingerichteten Straßenbahnlinie 2 zusammen mit anderen Kollegen auf den Weg. Siggi kam erst am Abend aus dem Schwarzwald zurück. Arnheim war, als er bemerkte, zu welchem Zeitpunkt er dem Mann freigegeben hatte, erzürnt, hielt sich aber zurück, da es letztlich sein eigener Fehler war.
    Koch war im Außenbereich eingesetzt und hatte dafür zu sorgen, dass die Ehrengäste, allen voran General Marie-Pierre Koenig, der Botschafter Jacques Tarbé de St. Hardouin und einige andere ohne Zwischenfälle und Störungen an dem festlichen Gründungsakt teilnehmen konnten. Schon den ganzen Tag hatte es in Strömen geregnet. Koch hatte sich eine Überjacke angezogen, die, so hoffte er, wenigstens die gröbste Feuchtigkeit abhalten würde. Seinen Hut zog er tief ins Gesicht.
    Der Bereich, den Koch zu überwachen hatte, lag zwischen der Haltestelle der Straßenbahn und dem Eingang. Er hatte den Weg mit seinen Kollegen in Abschnitte eingeteilt, die sie jeweils patrouillierten. Koch bewegte sich vorsichtig. Zwar war nach seinen gestrigen Unternehmungen das Fieber nicht wieder ausgebrochen, aber er spürte, wie schnell er erschöpft war. Außerdem meldete sich nach einiger Zeit sein linkes Bein wieder. Am Nachmittag verstärkte sich der Strom der Besucher, die die Eröffnungsfeierlichkeit nicht versäumen wollten. Viele kamen aus der Stadt und aus dem Dom. Die Wiedergründung der Universität brachte wieder ein Stück Normalität zurück in die Stadt, eine wohlüberlegte Geste der französischen Militärregierung.
    Koch ermahnte sich aufmerksam zu bleiben, obwohl er nicht glaubte, dass irgendjemand ein Interesse daran haben könnte, die Veranstaltung zu stören. Er zog sich seinen Hut noch tiefer ins Gesicht, ging langsam seine Strecke ab, versuchte allzu tiefe Pfützen zu meiden, sah nach links und rechts, erhaschte immer wieder Blicke in die Gesichter der Menschen, die durch den Regen hasteten und trotzdem mehr lachten als sonst.
    Er war gerade wieder auf dem Weg von dem neuen Universitätsgelände in Richtung Haltestelle, als er über die Köpfe der Menschen hinweg, die am Wegrand standen, zwei Frauen nebeneinander gehend entdeckte, die sich zum Schutz vor dem Regen ein Stück Pappe über den Kopf hielten und wie viele andere miteinander redeten und lachten. Es dauerte einige Sekunden, bis Koch realisierte, dass da die blonde Frau aus der Bäckerei lief. Er drehte sich um, um auf gleicher Höhe mit ihr zu gehen. Immer sah er zu ihr hinüber und wollte sie mit seinem Blick zwingen zu ihm herüber zu schauen. Aber sie war so in das Gespräch mit ihrer Freundin vertieft, dass sie nichts davon mitzubekommen schien. Koch überlegte zu rufen, aber das schien ihm unangemessen, zumal sich nicht weit von ihm einige Kollegen befanden.
    „Wohin, Koch?“, fragte einer von ihnen, als er den ihm zugewiesenen Abschnitt verlassen hatte.
    Er blieb stehen. „Oh, das hab ich wohl übersehen. Ich war in Gedanken.“
    Der andere lachte, drehte sich um und ging seinen Abschnitt ab. Koch sah den beiden Frauen nach, die er bald schon nicht mehr in der Menge erkennen konnte. Kurz darauf war auch die Pappe, die immer wieder kurz über die Köpfe schwappte, verschwunden.
    Während des Festaktes suchte Koch unter dem Vordach eines kleinen Gebäudes Schutz vor dem Regen. Um ihn herum standen die Kollegen, rauchten, fluchten und nahmen keine Notiz von ihm. Noch immer mieden sie allzu viel Nähe zu Koch, sahen in ihm einen Spitzel und einen, der in ihnen allen wiederum nur verkappte Nazis sah.
    Als sich das Ende des Festaktes ankündigte, ging der Regen in ein Nieseln über. Koch war es egal, weil die Nässe mittlerweile durch seinen Regenmantel und den Anzug bis auf seine Haut vorgedrungen war. Zum Glück war es noch warm draußen. Koch stellte sich in die Nähe der Stelle, an der er die Frau und ihre Freundin gesehen hatte. Er hielt sich so nahe an dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle, dass er sie dieses Mal ohne Probleme würde ansprechen können. Zumindest hatte er sich das vorgenommen. Er war über sich selbst überrascht, dass ihn der Gedanke, diese Frau gleich wieder zu sehen und mit ihr ins Gespräch zu kommen, so unruhig machte.
    „Können Sie nicht aufpassen!“
    Koch hatte einen Mann angerempelt, weil er starr zur Seite geblickt hatte. Er wurde

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