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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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war zu vage, sodass er bald einsah, dass er auf seine nächste Chance warten musste. Er schwor sich, dann keine Sekunde zu zögern. Die Fragen nach Eckes und Glodkowski waren wenig ergiebig. Ein alter Mann, der früher in Mombach gearbeitet hatte, erinnerte sich, dass die beiden früher „ein Kopf und ein Arsch“ gewesen waren, so habe er sie in Erinnerung, zwei, die immer nur Ärger gemacht hatten und keiner Schlägerei aus dem Weg gegangen waren. Irgendwann waren sie verschwunden, er nahm an, dass sie in den Knast eingefahren waren. Ansonsten gab es ein paar Gonsenheimer, die Glodkowski als Arbeiter beim alten Brunner kannten, als guten Mann, der zuverlässig seine Arbeit verrichtete, eher wortkarg und verschlossen und am Wochenende auch mal betrunken.
    Am Freitagmittag fuhr Koch noch einmal raus. Es war ein schöner Tag, die Sonne schien wieder, ein leichter Wind vom Wald her sorgte für Frische, als er durch die Straßen lief, die ihm schon vertraut erschienen. Er war an diesem Tag in der Nähe der Felder, in Richtung Finthen. Er hatte zwei ältere Leute befragt, die ihm zwar nicht weiterhelfen konnten, ihn aber mit langen Tiraden über die Städter aufhielten, die sie ihnen in die Häuser gesetzt hatten.
    Endlich konnte Koch sich von ihnen lösen und wollte sich auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle machen, als ihn ein etwa sechzigjähriger Mann ansprach, der im Gegensatz zu den beiden Alten, mit denen er sich soeben noch unterhalten hatte, gut genährt und tadellos gekleidet war. Er trug einen braunen, flecken- und knitterfreien Anzug und ein weißes Hemd. Koch gefiel sein Gesicht nicht, er sah etwas Verschlagenes darin. Sie standen an einer kleinen Kreuzung. Kleine, schmale Kassettenhäuser zogen sich auf beiden Straßenseiten entlang.
    „Sie sind doch von der Polizei?“, fragte der Mann und kniff seine Augen dabei zusammen.
    Koch nickte. „Ja. Was kann ich für Sie tun?“
    „Also“, begann der Mann und räusperte sich. „Mein Name ist Richard Neubert und mir ist da etwas aufgefallen. Ich will ja niemanden anschwärzen, aber ich glaube, ich muss das melden.“
    Wenn jemand schon so anfing, wusste Koch genau, dass er einen ganz üblen Typus des Denunzianten vor sich hatte. Ihm war der Mann von der ersten Sekunde an unsympathisch gewesen, und dieser Eindruck verstärkte sich weiter.
    „Es sind harte Zeiten“, redete er weiter, „jeder muss sehen, wie er durchkommt. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Aber wir haben auch Verantwortung. Ich habe da eine Frau in der Nachbarschaft, deren Sohn im Krieg für sein Vaterland ein Bein verloren hat. Junger Mann, aber ohne Bein … nicht einfach. Bestimmt auch nicht für die Mutter. Und auch nicht für die Nachbarn. Jeden Tag, jede Nacht die Schmerzensschreie. Manchmal war es ganz schlimm. Man konnte kaum ein Auge zutun. Und plötzlich, von heute auf morgen, ist Schluss mit dem Geschreie. Es ist still, kein Ton dringt mehr aus dem Haus. Man fragt nach, was ist, wird aber abgewimmelt. Man will nur ja nur das Beste … dafür sind Nachbarn ja schließlich da, dass man sich hilft …“
    Koch unterbrach ihn. „Dieser ‚man‘, das waren Sie?“
    „Ja. Ich habe die Frau gefragt, ob denn alles in Ordnung sei, wie es dem Rolf, das ist ihr Sohn, denn gehe, aber sie hat mich beschimpft und weggeschickt. Das fand ich schon sehr seltsam. Sonst war sie nämlich nicht so. Und auch in den nächsten Tagen: kein Ton, kein Schmerzensschrei. Da habe ich mir schon so meine Gedanken gemacht.“
    „Ja“, forderte Koch diesen Neubert auf weiterzusprechen. Aber eigentlich wollte er so schnell wie möglich von diesem Mann weg.
    „Und erst viel, viel später, gibt diese Frau bekannt, dass ihr Sohn tot ist. Hat sich erhängt, sagt sie.“
    „Das passiert oft in dieser Zeit“, wandte Koch ein. „Der Sohn hatte sein Bein verloren, er hatte starke Schmerzen und wahrscheinlich keine Medikamente.“
    „Aber warum meldet sie das nicht gleich …“
    „Sie wissen doch gar nicht, ob der Sohn …“
    Neubert stemmte seine Arme in die Hüfte. Seine Stimme wurde lauter. „Sind Sie nun Polizist oder nicht? Ich habe einen Verdacht und Sie tun so, als ob ich ein Idiot wäre. Hätte das jemand noch vor zwei Jahren …“
    Koch wurde hellhörig, sein Körper spannte sich.
    „Ja?“ Seine Stimme klang nun bedrohlich.
    „Nichts, nichts“, wiegelte Neubert ab, der bemerkt zu haben schien, dass er sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. „Ich will nur, dass Sie prüfen, ob da alles

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