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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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wissen, kann Sie auch nicht in Gewissensnöte bringen. Also, zum Wohl und greifen Sie zu.“
    Das ließ sich Koch nicht zweimal sagen. Wann hatte er das letzte Mal Schinken gegessen? Es musste schon lange her sein.
    „Also“, begann er, nachdem sie ein paar Floskeln ausgetauscht hatten und Koch schon unruhig auf seinem Sessel hin und her gerutscht war, „was gibt es Neues?“
    Offenbar wollte Bresson ihn auf die Folter spannen, denn er steckte sich in aller Seelenruhe eine Zigarette an.
    Nach drei Zügen erzählte er endlich. „Ich habe mich umgehört, bei meinen Kontakten, meinen Mädels und den Kerlen, die hier für mich arbeiten. War nicht einfach. Wird ein großes Geheimnis um den Laden gemacht. Scheint, dass die Leute Angst haben drüber zu reden.“ Er inhalierte tief, hielt den Rauch einige Sekunden in seiner Lunge, bevor er weiter sprach. „Der Laden ist ein Puff, das haben Sie richtig vermutet. Aber kein gewöhnlicher.“
    Koch wurde ungeduldig. „Und?“
    Bresson verzog seinen Mund. „Ihr Idealismus wird weiteren Schaden nehmen, Koch. Der Laden ist, wie soll ich sagen, so eine Art Börse.“
    „Wie? Börse?“
    Koch war ganz nach vorne auf seinen Sessel gerutscht.
    „Eine Börse. Zum Tausch von Waren, aber beileibe keine Zigaretten, oder wenn, in einer Größenordnung, bei der uns beiden schwindelig werden würde, und, weit wichtiger, zum Tausch von Informationen. Und zum Tausch oder besser Austausch, von Körperflüssigkeiten. Das natürlich auch. Aber alles für hochrangige Leute. Leute mit Einfluss und Macht. Damit die schön weiter wachsen. Hatte ich Ihnen aber schon so ungefähr gesagt, Koch.“
    Der trank zunächst einen Schluck, um über das soeben Gehörte nachzudenken. „Und ich nehme an“, sagte er schließlich und nahm sich das letzte Stück des Schinkens, „dass nicht jeder Zutritt zu diesem Etablissement bekommt.“
    „Sagte ich ja schon. Hochrangig. Kommissar reicht da nicht. Einlass nur mit Referenz.“
    „Wer betreibt den Laden?“
    Bresson lachte laut auf und verschluckte sich dabei. Er musste mehrmals husten. „Koch, Koch, Sie sind doch der Puhler, Sie müssen doch wissen, dass die wirklich großen Tiere nie ans Tageslicht kommen. Man erkennt sie viel zu leicht, sie sind auffällig. Natürlich betreiben Strohmänner den Laden.“
    „Und haben Sie da Namen?“
    Bresson schüttelte seinen Kopf. „Wird ein großes Geheimnis drum gemacht. Aber der Mann, den Sie suchen, verkehrt dort auf jeden Fall.“
    „Als Kunde?“
    „Eher nicht.“
    „Muss ich Ihnen denn alles einzeln aus der Nase ziehen?“ Koch klang verärgert.
    „Mehr weiß ich nicht. Nur, dass Sie den jetzt an einem anderen Ort suchen müssen. Da hat jemand zu tief seine Nase reingesteckt. Das waren wahrscheinlich Sie, Koch, oder täusche ich mich? Hat für einige Aufregung gesorgt.“
    „Ich weiß“, erwiderte Koch. „Aber, Bresson, dafür, dass um den Puff so ein Geheimnis gemacht wird und es so ungeheuer schwer ist, da rein zu kommen, sind Sie ja erstaunlich schnell an die Informationen gekommen.“
    „Mein kleines Geheimnis. Nur so viel, Herr Kriminaler: Ich falle in bestimmten Läden nicht so auf wie Sie und wenn ich meine Kunst, ich meine, meine Bilder, anbiete, öffnen sich mir viele Türen.“
    Koch sah den Mann auf dem Sofa skeptisch an.
    „Vergessen Sie Ihre Moral, Koch. Sie wollen den Mann, der vielleicht Ihren Vater umgebracht hat. Und ganz sicher noch mehr auf dem Kerbholz hat. Also, sagen Sie Danke und vergessen Sie mal Ihr Gewissen. Wir leben in einer Zeit der Gesetzlosigkeit. Alles ordnet sich neu, alle positionieren sich, die Institutionen funktionieren noch nicht richtig. Was glauben Sie, wo die Männer, die jetzt diese dreckigen Geschäfte machen, bald, wenn wieder die Ordnung eingekehrt ist, sitzen werden? Na? Ganz oben, Mensch, ganz oben. An die kommen Sie nicht mehr dran. Die sind schon alle fleißig am Kungeln. In Läden wie dieser ‚Hölle‘.“
    „Schöner Vortrag, Bresson“, kommentierte Koch ironisch und klatschte zweimal leicht in die Hände. „Aber danke. Ich weiß das zu schätzen. Ich hoffe, ich habe Sie nicht in Gefahr gebracht.“
    „Gefahr ist mein zweiter Name“, erwiderte Bresson und lachte.
    Auf dem Weg in die Polizeidirektion am nächsten Montagmorgen fühlte Koch, dass sich ein heißer Sommer ankündigte. Zumindest die Sorge der kalten Nächte waren die Menschen nun los. Aber viele andere waren nach wie vor vorhanden und es würde noch einige Zeit vergehen, bis

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