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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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Sie.“
    Arnheim stand auf, zum Zeichen, dass das Gespräch beendet war.
    Koch zögerte einen Moment, ließ seinen Chef stehen und erhob sich erst mit einer kleinen Verzögerung. Arnheim machte keine Anstalten, Koch zum Abschied die Hand zu reichen. Der sagte kurz „Auf Wiedersehen!“ und ging zur Tür.
    Wäre ich nur heute Morgen im Bett geblieben, ich hätte mir einiges erspart, fluchte Koch in sich hinein. Erst dieser Arzt, dann Arnheim und jetzt sollte er auch noch so ein junges Gemüse mit drei oder vier Wochen Ausbildung mit sich rumschleppen. Siegfried Maus.
    Bevor er in die Werkstatt ging, machte Koch einen Umweg am Büro des Leiters der Kriminalpolizei vorbei. Er konnte den Spruch mit den Gestapomethoden nicht auf sich sitzen lassen. Dafür hatte er genug Opfer der Nazis gesehen und wäre fast selbst eines geworden. Und erst recht nicht von einem wie Arnheim, der wahrscheinlich vor einem Jahr noch seine Uniform getragen und wer weiß was gemacht hatte.
    „Ich möchte Herrn Falter sprechen“, antwortete er auf die entsprechende Frage der Sekretärin.
    Koch hatte den Leiter der Kriminalpolizei, als einen besonnenen Mann kennen gelernt. In Kochs Augen sprach für den Mann, dass die Nazis ihn gleich nach der Machtübernahme aus dem Dienst entlassen hatten.
    „In welcher Angelegenheit?“
    „Das muss ich ihm persönlich sagen.“
    Unentschlossen blickte die Sekretärin den Kommissar an. In dem Moment wurde die Tür hinter ihr geöffnet. Sie war nur angelehnt gewesen, offenbar hatte Falter das kurze Gespräch mitbekommen.
    „Kommen Sie rein, Herr Koch, und schließen Sie die Tür!“
    „Was haben Sie denn?“, fragte er, als Koch vor ihm stand. Falter machte keine Anstalten sich zu setzen.
    Koch schilderte ihm kurz das Gespräch in Arnheims Büro.
    Falter wiegte seinen Kopf hin und her. „Ich kann Sie verstehen, Herr Koch, mit Ihrer Biographie. Aber das müssen Sie jetzt hintan stellen. Wir brauchen alle Leute. Jeder hat seine Qualifikationen. Arnheim genauso wie Sie. Jeder mit seinen Erfahrungen. Wenn Sie wollen, rede ich mit Arnheim, aber ich weiß nicht, ob das am Ende mehr schadet, als wenn Sie einfach darüber hinweggehen.“
    „Das fällt mir schwer“, antwortete Koch.
    „Ihre Ehrlichkeit ehrt Sie, aber so etwas wird Ihnen in Zukunft noch oft begegnen. Aber Sie haben hier gute Aussichten. Das gilt für viele nicht. Und Sie können unsere Zukunft sogar mitgestalten. Nutzen Sie die Chance. Gerade Männer wie Sie werden gebraucht.“
    Sie sprachen weitere zwei Minuten miteinander, in denen Falter seinem Kommissar noch zweimal seine Wertschätzung versicherte, dann verabschiedeten sich die Männer voneinander.
    Koch grübelte auf dem Weg in die Autohalle, was er von Falters Äußerungen halten sollte. Ob der einfach nur Ruhe in seinem Laden haben wollte oder ob sich hinter seiner Haltung eine vom Pragmatismus grundierte Erfahrung verbarg, wusste er nicht einzuschätzen. Er hoffte entgegen seines misstrauischen Naturells, dass die zweite Möglichkeit zutraf und dass er nicht enttäuscht wurde.
    Als er Siegfried Maus in der Werkstatt erblickte, musste Koch gegen seinen Willen sogar lächeln. Siegfried Maus war der schmächtige, semmelblonde junge Kerl, der ihm am letzten Freitag im Treppenhaus fast unmerklich zugenickt hatte, immerhin der Einzige aus der Gruppe, was in Kochs Augen schon mal für ihn sprach. Maus sah jünger aus, als er wahrscheinlich war. Seine wasserblauen Augen blickten erwartungsvoll zu Koch herüber, als der auf ihn zukam.
    „Herr Koch“, rief Maus freudig über die Entfernung und rannte mit ein paar linkischen Bewegungen auf den Kommissar zu.
    „Siegfried Maus“, stellte er sich vor. „Alle sagen Siggi zu mir. Ich soll mit Ihnen arbeiten. Das freut mich sehr. Haben wir schon einen Fall?“
    „Gemach, gemach, Siggi“, entgegnete Koch. „Haben Sie einen Führerschein?“
    „Aber natürlich“, kam es wie aus der Pistole geschossen. „Darf ich fahren?“
    Koch zweifelte, ob dieser junge Mensch ihm eine Hilfe sein würde. Aber wenn er ihm das Autofahren abnahm, wäre das immerhin schon etwas.
    „Ja, wenn Sie Wert darauf legen.“
    „Autofahren ist meine Leidenschaft. Ich war im Krieg der beste Fahrer in meiner Einheit.“
    Kochs Miene verdüsterte sich.
    „Ich war Kraftfahrer. Nachschub. Aber nur fünf Monate lang. In diesem verfluchten Krieg. Aber wenn ich am Steuer gesessen habe, konnte ich alles vergessen.“ Siggi sprach so schnell, dass er manche Silben fast

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