Unter Trümmern
wachsam.“
„Aber den Mörder hat er offenbar eingelassen?“
Gerber blickte auf, sah Koch an. Er sprach jetzt leiser, nicht mehr so herrisch.
„Stimmt. Was kann das bedeuten?“
„Dass der Hund den Einbrecher kannte, dass er betäubt wurde, dass Ihr Sohn den Einbrecher kannte. Sie haben keine Veränderung an dem Tier bemerkt?“
Siggi lauschte gebannt den Fragen des Kommissars. Er war beeindruckt, dass der sich von dem Alten nicht aus der Fassung bringen ließ.
„Das kann nicht sein“, wurde der wieder lauter. „Dass mein Sohn seinen Mörder gekannt haben soll.“
„Hat es alles schon gegeben“, erwiderte Koch. „Ist irgendwo ein Schloss aufgebrochen worden?“ Die Frage hatte er an den Kollegen gestellt, der sich zu ihnen gesellt und zugehört hatte.
Der schüttelte seinen Kopf. Koch sah zum alten Gerber.
„Und Sie? Haben Sie was bemerkt?“
„Es war alles ordentlich verschlossen.“
„Das ist doch seltsam“, sagte Koch, ohne genauer zu werden. „Wie viele Eingänge gibt es in den Hof?“
„Drei. Zum Haus, das Tor vorne und einen kleinen Eingang von den Feldern.“
„Und alle sind verschlossen?“
„Natürlich. Meinen Sie, ich lasse in dieser Zeit meinen Hof offen? Dann könnte ich gleich alles verschenken.“ Er sah verächtlich in Richtung des Tores, wo noch immer einige Schaulustige standen.
„Zeigen Sie mir den Eingang von den Feldern!“
Gerber machte keine Anstalten zu gehen. Stattdessen hob er eine Krücke und zeigte die Richtung an.
„Kommen Sie, Siggi!“, forderte Koch seinen jungen Kollegen auf, ohne den Alten weiter zu beachten. Während sie zu dem Hintereingang liefen, sah er sich um. Der Hof machte einen intakten Eindruck, nichts schien kaputt. Der Boden war mit kleinen Pflastersteinen belegt, auf denen die Feuchtigkeit wie eine Schmierschicht lag. Koch besah sich das Tor in der hellbraunen Bruchsteinmauer, drehte sich um und rief in Richtung Gerber. „Schlüssel!“
Gerber wühlte in seiner Tasche, wählte aus einem Bund einen Schlüssel aus, den er dem Polizisten gab, der damit gleich zu Koch rannte und fast ausgerutscht wäre.
Koch öffnete die Tür, kniete sich vor das Schloss und betrachtete es genau.
„Da hat keiner dran rumgefummelt“, sagte er, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte. „Siggi, Sie gehen mal vor ans Tor zu den Leuten da und fragen sie, ob sie gestern oder davor was gesehen haben. Wir wissen ja nicht einmal, wie lange die Leiche da schon liegt.“
Ein Lächeln huschte über das Gesicht des jungen Polizisten. Er lief mit schnellen Schritten zur Einfahrt, während Koch zum alten Gerber ging, der sich eine neue Zigarette ansteckte.
„Wann haben Sie Ihren Sohn zuletzt gesehen?“ Koch stellte die Frage bewusst kühl, ohne den Anschein von Mitleid. Ihm schien das die Sprache, in der er mit dem Mann am besten kommunizieren konnte.
„Am letzten Freitag. Da bin ich gestürzt. Peter hat mich mit seinem Motorrad ins Krankenhaus gefahren.“
„Mit dem gebrochenen Bein auf dem Motorrad?“
„Ist doch nur ein Beinbruch.“
„Und da war alles in Ordnung mit Peter? Hat er irgendjemanden erwartet? Hatte er eine Verabredung? Wissen Sie, ob er mit jemanden Streit hatte?“
„Wollen Sie jetzt sagen, dass Peter selbst schuld war?“ Er bekam wieder diesen wütenden Gesichtsausdruck, und Koch war, als würde der Alte ihm am liebsten eine der Krücken über den Schädel ziehen.
„Die Umstände sind sehr seltsam. Das müssen selbst Sie zugeben. Also, war da was?“
„Keine Ahnung“, zischte Gerber. „Peter wohnt nicht mehr auf dem Hof. Er hat eine kleine Wohnung hinten am Flugfeld, wo einmal die Goedecker-Werke waren. Da hat er gearbeitet. Er war nur jetzt hier, hat aufgepasst, als ich im Krankenhaus lag. Man kann doch so einen Hof nicht unbewacht lassen. In diesen Zeiten. Bei den Menschen!“ Wieder sah er mit verächtlichem Blick zum Tor.
Koch dachte einen Moment nach, dann verabschiedete er sich kurz angebunden von Gerber.
„Haben Sie die Tatwaffe gefunden?“, fragte er einen der Polizisten.
„Der Tote ist erstochen worden. Messer und Ähnliches gibt es natürlich einige auf so einem Hof. Aber ich habe keins gefunden, das passen könnte.“
„Wie es aussieht“, sagte Koch, „ist Peter Gerber nicht da umgebracht worden, wo er jetzt liegt. Schauen Sie sich mal um, ob Sie eine Stelle finden, an der viel Blut ist.“
Der Mann nickte und ging langsam los. Koch sah sich um. Jetzt, wo er alleine war, spürte er, dass die Kälte
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