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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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und nickte Koch zustimmend zu.
    „Das ist es auch, wie in einem amerikanischen Film. Aber Hartmann war eine Gefahr. Gleich morgen früh werden wir uns den Unfallort anschauen.“
    Im Foyer des Krankenhauses befragten sie einige der dort herumstehenden Patienten, aber niemand hatte Hartmann bei seiner angeblichen Flucht gesehen.
    Koch fluchte laut. Nun war seine ohnehin schon geringe Chance den Fall zu lösen und etwas gegen Brunner in die Hand zu bekommen, noch mehr gesunken.

IV
    Sie rutschte auf dem glitschigen Boden aus und unterdrückte einen Schrei, als sie mit dem Knie den Boden berührte. Der Schmerz schoss ihr bis in den Kopf. Sie biss die Zähne zusammen. Sie war so kurz vor dem Ziel, sie durfte sich nicht aufhalten lassen. Im Hintergrund hörte sie ein tiefes Rauschen, wie ein Sturm, der langsam näher kam. Sie durfte sich davon jetzt nicht stören lassen. Sie atmete einmal tief durch, bückte sich wieder und packte Peter unter den Achseln und zog ihn auf den Tisch. Ihren Fuß hatte sie so an dem Tischbein verkantet, dass sie dieses Mal nicht ausrutschen konnte. Schnell knöpfte sie dem toten Mann die Jacke auf und zog sie ihm vom Leib. Genauso machte sie es mit dem Hemd aus dem groben Stoff. Nun trug er nur noch ein Unterhemd. Sie würde es ihm nicht über den Kopf ziehen können. Sie sah sich um. Das Messer lag noch da auf dem Boden, wo sie es hingeworfen hatte. Jetzt, wo sie sich von dem Körper abwendete, hörte sie wieder das Rauschen. Es war näher gekommen, es klang eisig.
    Sie ging hinüber, bückte sich und nahm das Messer in die Hand. Sie hob das Unterhemd ein kleines Stück mit ihrem linken Zeigefinger an, setzte das Messer darunter und durchtrennte es mit mehreren Schnitten. Nun lag der Oberkörper nackt vor ihr. Dorle sah nicht den Mann und nicht den Freund ihres Sohnes. Da lag Fleisch. Fleisch, das sie für ihre Lewwerknepp gebrauchen konnte. Der Brunner würde nicht bemerken, was sie ihm da untermischte. Sie würde ein wenig mehr Salz und Pfeffer einrühren. Sie tastete den Körper mit einer Hand ab und setzte das Messer am Bauch an. Es war leichter, als sie gedacht hatte. Das Messer war scharf und ohne große Anstrengung durchtrennte sie die Bauchdecke. Dein Leben gegen die Gesundheit meines Sohnes, sagte sich Dorle und schnitt weiter. Sie hielt kurz inne und sah sich in dem dunklen Schuppen um, in den nur ein schmaler Lichtstreifen von draußen fiel. Trotzdem erkannte sie gleich die Blechschale, die nicht weit von ihr in einem Regal an der Wand stand. Jetzt, wo sich ihr Blick von dem Körper abgewandt hatte, war auch wieder dieses Rauschen zu hören, noch lauter, noch tiefer, noch eisiger. Dorle machte zwei Schritte, dann hielt sie die Schale in der Hand, stellte sie neben Peters Hüfte ab und schnitt weiter. Als sie seine Leber in die Schale gleiten ließ, fühlte sie sich gut. Endlich würden Rolfs Schreie aufhören. Endlich würde er die Medizin bekommen, die er brauchte. Sie ermahnte sich, nicht zu lange zu warten. Sie brauchte jetzt noch den Fleischersatz für das Hackfleisch, dann hatte sie alles zusammen. Sie blickte kurz an dem Körper entlang, fasste das Messer fester mit der rechten Hand, um den nächsten Schnitt zu setzen, da wurde ihr klar, dass sie gar nicht wusste, wo sie weiter schneiden sollte. Das Rauschen war jetzt so nahe gekommen, dass sie seine eisige Kälte schon spürte. Sie musste sich beeilen. Nicht, dass am Ende alles umsonst gewesen war. Ein schneller Blick über den Körper, zur Orientierung, dann … sie fühlte mit einem Mal alle Kraft aus ihrem Körper weichen. Das war nicht Peters Gesicht, in das sie gerade gesehen hatte, es trug Rolfs Züge. Dorle hielt sich an dem Tisch fest, sah noch einmal hin. Kein Zweifel. Das Rauschen hatte sie jetzt erreicht und umtoste sie. Die Kälte zog durch ihre Kleidung in jede Pore ihres Körpers. Sie versuchte zu schreien.
    Diese Kälte. Das Erste, das sie spürte, als sie aufwachte, war diese eisige Kälte, die in jede Pore, in jeden Winkel ihres Körpers gekrochen war. Sie war betäubt und gelähmt, unfähig sich zu bewegen. Zusammengekrümmt lag sie auf der Seite. Der Wind streifte ihr Gesicht, brannte auf ihrer trockenen Haut. Ein Traum. Dorle erinnerte sich an den Traum, als die Fliegerbombe mitten in ihre Lewwerknepp eingeschlagen war. Das war nur ein Traum gewesen. Wie das hier auch nur ein Traum war. Sie sehnte sich danach einzuschlafen, aber es war zu kalt. Der tote Peter. Das war kein Traum. Das war wirklich. Sein

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