Unter Trümmern
Besitz von seinem Körper ergriffen hatte. Seine Finger waren steif und seine Füße taub.
Er setzte sich in Bewegung, um dem Mann bei der Suche nach dem Tatort zu helfen und dabei auch was gegen die Kälte zu tun.
Fast eine Stunde lang lief Koch über den Hof, ging in die Ställe, Scheunen und Verschläge, nahm das Wohnhaus in Augenschein, aber er fand keinen Hinweis auf einen möglichen Ort der Tat. Nur dass in diesem Haushalt an so gut wie nichts Mangel bestand, das hatte er schnell verstanden.
Uschi, die Nachbarin, die Gerber wegen der bellenden Rosi benachrichtigt hatte, bereitete ihm in der Küche einen Tee. So kam wenigstens ein wenig Wärme in seinen Körper zurück. Während er die Tasse mit beiden Händen umfasst hielt und in kleinen Schlucken das heiße Getränk zu sich nahm, fragte er die Frau aus, die jedoch die Angaben des Bauern bestätigte.
Koch stand währenddessen am Fenster und sah in den Hof. Seine Kollegen waren mit dem Abtransport der Leiche beschäftigt. Immer wieder wagte sich einer der Schaulustigen durch das Tor ins Innere, um einen Blick auf den Toten zu erhaschen oder eine neue Information zu bekommen, aber er wurde gleich wieder auf die Straße geschickt.
Siggi stand etwas abseits, zusammen mit dem alten Gerber. Sie sprachen miteinander, bis der Bauer kurz in einem der Nebenräume verschwand und mit etwas zurückkam, das Koch auf die Entfernung nicht erkennen konnte und das er dem Jungen reichte, der es gleich in seiner Tasche verschwinden ließ. Kochs Misstrauen war wieder geweckt.
„Verdammte Kälte“, brummte Siggi, als er sich zu Koch stellte, nachdem der wieder auf dem Hof war. Die Leiche war mittlerweile abtransportiert worden.
„Ich denke, für uns wird es Zeit. Wir können uns im Ort noch etwas umhören. Haben Sie etwas Interessantes erfahren?“
„Sehr beliebt ist der Bauer nicht“, begann Siggi, während sie den Hof verließen und langsam die Hauptstraße hinaufliefen. „Es sagt zwar keiner was richtig Schlechtes über ihn, ich meine, niemand sagt das offen, aber irgendwie spürt man, dass es mehr … wie soll ich sagen, nicht Respekt …“
„Furcht“, schlug Koch vor.
„Ja, das ist gut“, stimmte Siggi zu. „Genau. Furcht. Und der Bauer ist geizig. Er gibt nichts ab, lässt sich alles gut bezahlen.“
„Schwarzmarkt?“
Siggi schüttelte den Kopf. „Das würde niemand sagen. Ich schätze: das Übliche. Wertsachen gegen Lebensmittel. Und …“
„Ja?“, hakte Koch nach.
„Er war auch in der Partei, hat das wohl zu seinem Vorteil genutzt.“
„Wer hat das nicht?“, kommentierte Koch hart. „Kennen Sie den Mann?“, fragte er unvermittelt.
Überrascht sah Siggi seinen Vorgesetzten an, überlegte einen Moment.
„Sie meinen deshalb?“ Er griff in seine Tasche und zog zwei Äpfel heraus.
Koch nickte.
„Für meine Tante. Lebt im Rheingau. Sie kann ein paar Vitamine gut gebrauchen. Geht ihr nicht gut.“
„Ich hoffe, der Preis war nicht zu hoch. Passen Sie auf sich auf!“, war alles, was Koch dazu sagte.
In der nächsten Stunde befragten sie Leute auf der Straße, ob ihnen seit vergangenem Freitag, dem Tag, an dem Gerber seinen Sohn zum letzten Mal gesehen hatte, etwas aufgefallen war. Dabei zweifelte Koch, ob diese Aussage des Alten überhaupt stimmte. Es gab zu viele Ungereimtheiten. Keine Einbruchsspuren und dass die Leiche zudem Ort, wo sie jetzt lag, geschleift worden sein musste. Auch in den Häusern in der Nachbarschaft hatten sie keinen Erfolg. Niemand hatte etwas gesehen oder gehört, auch nicht die Leute, die vergebens um Essen gebettelt hatten. Es dämmerte bereits, als die beiden Männer frustriert zu dem BMW zurückgingen. Auf der Rückfahrt grübelte Koch darüber, was er von Siggi halten sollte.
In der Autohalle der Polizeidirektion war nur noch Jörg zugegen und schraubte an einem Motorrad. Koch und Siggi stellten sich sogleich neben den Ofen, um sich aufzuwärmen.
„Sie sollen zu Arnheim kommen, Herr Kommissar. Er will Sie sprechen“, rief Jörg zu ihnen herüber.
Wird wohl nichts Gutes sein, überlegte Koch. Deshalb ließ er sich so lange Zeit, bis er wieder ein wenig Wärme in seinem Körper spürte.
„Sie können nach Hause gehen. Wir sehen uns morgen früh in meinem Büro“, rief er Siggi zu und verließ die Halle, überquerte den Hof und stieg langsam die Stufen zu dem Zimmer seines Vorgesetzten hinauf.
Der zog sich gerade seinen Mantel an.
„Gut, dass Sie kommen, Koch“, sagte er, behielt den Mantel aber
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