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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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fertig wird, ist die Oberin.“
    Ich konnte mir vorstellen, daß ein Blick aus diesen durchdringenden Augen genügte, um auch den widerspenstigsten Insassen zu beruhigen.
    Wir warteten eine Weile, während der Hausleiter sich mit seinen Zähnen und einigen Münzen vergnügte.
    Plötzlich brach er das Schweigen. „Secombe“, sinnierte er. „Das ist kein walisischer Name, nicht wahr?“
    „Nein, er kommt aus Cornwall. Mein Urgroßvater war ein Seemann, der eine Frau aus Swansea heiratete und sich in Swansea niederließ.“ Dann fügte ich hinzu: „So wie es ja auch Sie und Mrs. Wolstenholme offensichtlich von Yorkshire hierher verschlagen hat.“
    Sein Gesicht lief rot an. Offenbar hatte ich ihn an einer wunden Stelle erwischt.
    „Nichts da, mein Junge“, sagte er entschieden. „Wir werden nicht in Pontywen bleiben. Wir sind jetzt seit acht oder neun Jahren hier, und jetzt, wo der Krieg vorbei ist, sind wir auf dem Absprung. Die Dinge werden sich verändern. Armenhäuser wird es nicht mehr lange geben, glauben Sie mir. Nicht mehr lange, dann sind wir wieder im Norden, denke ich, vielleicht in irgendeiner Verwaltungstätigkeit im Zusammenhang mit alten Leuten oder so.“
    Seine Voraussagen wurden unterbrochen, als sich die Tür der Frauenstation öffnete. Eine junge Schwester mit kupferfarbenem Haar und rot angelaufenem Gesicht sah sich dem Hausleiter und dem Vikar gegenüber.
    „Tut mir leid, daß ich Sie warten lassen mußte“, sagte sie. „Es war Mary Ann. Sie wissen ja, wie sie ist, Mr. Wolstenholme.“
    „Nur zu gut“, erwiderte er.
    „Ich mußte Schwester Jones holen, damit sie mir hilft, sie zurück ins Bett zu schaffen. Sie hat sich wieder einmal fürchterlich aufgeführt und die ganze Station durcheinandergebracht. Na ja, jetzt ist sie fürs erste wieder in Ordnung.“
    Wir betraten die Station. Schwester Jones, eine grauhaarige Dame in mittleren Jahren, war auf dem Weg hinaus.
    „Waren Sie in meiner Station, Mr. Wolstenholme?“ fragte sie. „Tut mir leid, daß ich meinen Posten verlassen mußte, aber sie schliefen alle, als ich ging.“
    „Das tun sie immer noch, Schwester“, sagte er. „Und wie es aussieht, werden sie das auch noch eine Weile tun.“
    Die meisten der alten Frauen saßen aufrecht im Bett. Einige von ihnen hielten einfach nur Zipfel ihrer Decken umklammert und starrten ins Leere. Zwei von ihnen führten unverständliche Selbstgespräche. Im ersten Bett gleich neben der Tür saß kerzengerade die Unruhestifterin und starrte mich an.
    „Wer ist das?“ fragte sie. „Was macht der hier?“
    „Hallo, Mary Ann“, sagte der Hausleiter. „Dies ist Mr. Secombe, der neue Vikar der Kirchengemeinde.“
    „Kommen Sie her, Junge“, verlangte sie.
    Ich trat an ihr Bett. Sie ergriff meine Hand, hielt sie fest und bewegte sie hin und her. Mit ihrem wilden Blick, ihren ungekämmten weißen Haaren und ihrem zahnlosen Mund war sie die perfekte Besetzung für eine der Hexen in Shakespeares Macbeth.
    „Ich bin sehr religiös, das bin ich“, vertraute sie mir an. „Ich kenne meine Bibel, jawohl.“
    Im nächsten Moment ließ sie meine Hand los und stand im Bett auf. Mit einer Bewegung streifte sie ihr Nachthemd ab und offenbarte ihren ausgetrockneten Körper. „Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen“, intonierte sie.
    Bevor sie noch mehr sagen konnte, hatten die Schwester und der Hausleiter sie mit ihren Bettüchern bedeckt. In der Zwischenzeit hatte ich einen raschen Abgang gemacht.
    Ein paar Minuten später kam Wally Wolstenholme heraus und machte ein verlegenes Gesicht.
    „Ich muß mich entschuldigen“, sagte er. „Man weiß nie, was sie als nächstes tut.“
    „Es war ein ziemliches Erlebnis, das muß ich zugeben“, erwiderte ich. „Sie war nicht gerade eine Mae West, was?“
    „Als nächstes kommt der Aufenthaltsraum“, schlug der Hausleiter vor. „Wir haben einen für die Männer und einen für die Frauen. Wir schauen kurz in den für die Frauen hinein, und dann lasse ich Sie bei den Männern.“
    Im Aufenthaltsraum der Frauen saßen ungefähr zwanzig alte Damen. Einige saßen in den hölzernen Lehnstühlen, die an den Wänden aufgereiht waren, ein paar andere wanderten ziellos durch die offene Tür in den Sonnenschein hinaus und wieder herein. Ein schwacher Geruch von abgestandenem Urin lag in der Luft.
    „Und hier sollte Ihre Karawane für heute haltmachen“, verkündete der Hausleiter, als er mich in den Aufenthaltsraum der Männer führte. Ein starker

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