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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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einschalten. Es war die schnellste und beste Lösung. Werner Mehring kannte seine Tochter gut genug, um zu wissen, dass er sich auf ihre Einschätzung der Personen stützen konnte. Er würde ihr glauben, wenn sie ihm die Situation und ihren Verdacht beschrieb, während jeder andere Anwalt die Umstände erst einmal prüfen müsste. Wenn sie also sicher sein wollte, dass Karen schnellstmöglich geholfen wurde, war Werner Mehring am ehesten die Person, die das bewirken konnte.
    Sylvia saß ihrem Vater gegenüber. Nun, da sie seine Aufmerksamkeit auf sich gerichtet sah, ging ein Stück seiner Ruhe auch auf sie über.
    »Fang an«, forderte Werner Mehring seine Tochter auf.
    So genau wie möglich erzählte Sylvia von dem bisher Vorgefallenen. Sie begann mit dem Besuch der Beamten bei ihr zu Hause, dem anschließenden Gespräch mit Karen, den darauffolgenden Tagen und immer weiter fortschreitenden Verwicklungen, bis hin zu Karens Verhaftung und den Gesprächen mit Gregor und Wollin. Werner Mehring machte sich Notizen.
    »Gregor profitiert von der entstandenen Situation. Er ist jetzt der erste Mann in der Firma. Und, was nicht bewiesen, aber doch naheliegend ist, wenn er etwas mit dem Betrug zu tun hat, dann hat er jetzt freie Hand, alles zu vertuschen und weitere Tretminen für Karen zu legen. Und sein Freund Wollin hält ihm den Rücken frei«, beendete Sylvia ihre Erzählung und sah ihren Vater hilfesuchend an.
    Nach einer für sie unerträglich langen Pause räusperte Werner Mehring sich: »Keine Bagatelle«, begann er. »Wir können trotzdem versuchen, den Haftbefehl außer Vollzug setzen zu lassen. Ich sehe da gute Chancen.«
    »Dann lass uns losfahren«, schlug Sylvia hastig vor.
    »Es ist bereits nach zwanzig Uhr. Heute erreichen wir nichts mehr. Ich werde jetzt den verantwortlichen Beamten anrufen und unser Kommen für morgen früh, neun Uhr, ankündigen. Hast du einen Namen oder eine Telefonnummer?«
    »Holzner und Keller. Die Telefonnummern habe ich leider nicht.«
    »Nicht so schlimm. Die bekomme ich schon. Geh du mal zu Mutter in die Küche und iss etwas. Du siehst ziemlich blass aus«, meinte Mehring.
    »Mir ist aber gar nicht nach essen.«
    »Irgend etwas musst du jedenfalls tun, um die Anspannung in dir zu lösen. Wie wäre es mit einem Kognak?«
    Er ging hinüber zur Bar, schenkte ein und reichte ihr den Schwenker. Sylvia trank einen kleinen Schluck, während ihr Vater begann, ein paar Gespräche zu führen.
    »Alles klar«, wandte sich Werner Mehring schließlich an seine Tochter. »Morgen früh, neun Uhr, sind wir in Berlin. Dann werden wir deine Freundin besuchen.«
    »Ich muss noch einen Kollegen anrufen, dass er meine Vorlesung am Vormittag übernimmt.« Sylvia ging zum Telefon. Als das geklärt war, setzte sie sich erschöpft in einen Sessel.
    »Ich bin total fertig«, sagte sie. »Und ich habe Angst, dass Karen mir morgen den Kopf abreißt. Sie weiß nämlich gar nicht, dass ich dich hinzugezogen habe.«
    »So wie ich die Sache sehe, war es das einzig Richtige, was du tun konntest.«
    »Hoffentlich sieht sie das auch so.«
    »Wie lange kennt ihr euch eigentlich schon?« fragte Werner Mehring interessiert. Bisher war der Name Karen Candela nie gefallen.
    »Nicht ganz drei Wochen«, antwortete Sylvia seufzend.
    »Du engagierst dich sehr für sie«, stellte er sachlich fest.
    »Sie bringt Unruhe in mein Leben, das ist wahr.« Sylvia lächelte unbewusst leise vor sich hin.
    Werner Mehring wunderte sich nicht schlecht über seine Tochter. Wann hatte es jemand das letzte Mal geschafft, einen solchen Gesichtsausdruck bei ihr hervorzurufen?

15.
    D er Besucherraum wirkte kahl und abstoßend – Holztische in zwei Reihen mit jeweils vier Stühlen.
    Eine Vollzugsbeamtin führte Karen herein. Sie sah blass aus. Ihre Augen grau umschattet. Die Folgen zweier schlafloser Nächte.
    »Sylvia, Sie hier?« Freude klang in Karens Stimme mit. Gleich darauf verfinsterte sich ihr Gesicht jedoch. »Kein angenehmes Ambiente für einen Besuch. Aber trotzdem ist es sehr nett, dass Sie gekommen sind.«
    »Hallo, Karen«, begrüßte Sylvia sie. Und dann wies sie auf ihren Vater. »Karen, das ist mein Vater. Ich habe Ihnen erzählt, dass er Anwalt ist. Ich habe ihn gebeten, Sie zu vertreten.«
    Karen warf ihr einen verständnislosen Blick zu. »Ich habe schon einen Anwalt.«
    »Ich weiß. Und ich weiß, ich hätte Sie erst fragen müssen, aber . . .« Sylvia wusste nicht so recht weiter. Wie sollte sie erklären, welche

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