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Unter Verdacht

Unter Verdacht

Titel: Unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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wie wir wissen, lügt. Also befassen wir uns mit ihm.«
    »Er war Praktikant bei mir«, erzählte Karen. »Allerdings legte ich ihm nach Ablauf von vier Wochen nahe, das Praktikum abzubrechen. Er fügte sich nicht ins Team. Genauer gesagt, er war ein Ekelpaket. Fachlich zwar ganz fit, aber das ist eben nicht alles. Er verabschiedete sich mit den eindrucksvollen Worten: Das zahle ich dir heim, du lesbische Zicke. Was er scheinbar nun getan hat.«
    »Lassen wir ihn von Endrich unter die Lupe nehmen. Seine Lebensgewohnheiten, seine finanzielle Lage. Leumund.«
    »Ich möchte mit ihm reden«, wandte sich Karen an Mehring.
    »Das wäre unklug. Am Ende behauptet er, Sie versuchten ihn zu bestechen oder zu bedrohen, seine Aussage zu widerrufen. Habe ich alles schon erlebt.«
    »Aber ich bin es doch, um die es geht! Da soll ich den Mann nicht einmal zur Rede stellen dürfen?«
    Sylvia griff ein. »Karen, mein Vater weiß am besten, wie vorzugehen ist, um möglichst viele und nützliche Informationen zu erhalten. Emotionsgeladene Diskussionen bringen uns nicht weiter.« Sie legte Karen beruhigend eine Hand auf den Arm.
    »Das stimmt. Sie sollten sich erst einmal ausruhen«, schlug Werner Mehring vor.
    »Sie vergessen, wo ich herkomme. Ich bin ausgeruht!« Karens Stimme klang gereizt. Gleich darauf tat ihr der schroffe Ton leid. »Entschuldigung.«
    »Ich verstehe Ihre Aufregung, Frau Candela. Sie sind in einer unerfreulichen Lage, ohne diese verschuldet zu haben. Das ist sicher sehr frustrierend.«
    »Das ist es in der Tat.«
    »Versuchen Sie trotzdem weiterhin, sich vor Gregor von unserem Verdacht nichts anmerken zu lassen. Er muss denken, dass nach wie vor alles für ihn zum besten steht. Endrich soll an ihm dranbleiben.«
    Werner Mehring erhob sich. Karen stand ebenfalls auf. Er reichte ihr zum Abschied die Hand. »Ich werde alles tun, um dieser Sache so schnell wie möglich ein Ende zu bereiten. Verlassen Sie sich darauf.«
    »Danke.«
    »Ich finde allein raus«, winkte er ab, als Karen Anstalten machte ihn hinauszubegleiten.
    »Für mich ist es dann wohl auch Zeit zu gehen«, meinte Sylvia und erhob sich.
    Doch Karen hielt sie zurück. »Würde es Ihnen etwas ausmachen zu bleiben?« bat sie. »Ich brauche jetzt jemanden in meiner Nähe.«
    Sylvia nickte verstehend. In den beiden letzten Tagen konnte Karen mit niemandem reden außer sich selbst. Einzige Gesellschafter waren Angst und hilflose Wut. Auch wenn Karen eine starke, selbstbewusste Frau war, so etwas ging nicht spurlos an einem vorüber.
    »Es macht mir ganz und gar nichts aus«, sagte Sylvia lächelnd. Sie ging zur Bar, goss Kognak in ein Glas und hielt es Karen hin. »Stärken Sie sich erst einmal.«
    Karen trank. Langsam fiel die Anspannung der letzten Tage von ihr ab. Als Sylvia sah, wie Tränen in Karens Augen zu schwammen begannen, nahm sie sie behutsam in ihre Arme. »Es ist gut«, tröstete sie, legte Karens Kopf an ihre Schulter und strich sanft über ihr Haar. Dabei murmelte Sylvia beruhigende Worte in Karens Ohr. Etwa eine Minute standen sie so. Dann hatte sich Karen wieder unter Kontrolle. Sie schniefte einmal kurz. »Ich werde jetzt eine ausführliche Dusche nehmen.«
    »Und ich bestelle uns etwas zu essen«, schlug Sylvia vor.
    »Das ist eine großartige Idee.«
    Karen verschwand, und Sylvia durchwühlte die Werbebroschüren der Italiener, Griechen und Chinesen, die sie in einem der Regale gesehen hatte. Sie entschied sich für den Chinesen. Im Anschluss an die Bestellung deckte sie den Esstisch im Wohnzimmer.
    Karen kam, eingewickelt in ein Badehandtuch, aus dem Bad. Sie sah das sorgfältig arrangierte Geschirr und die Weingläser.
    »Gemütlich. Daran könnte ich mich gewöhnen.«
    »Das Essen kommt circa in einer halben Stunde. Sie können sich also Zeit lassen.«
    Karen verschwand in den Flur und die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer. Als sie kurz darauf vor Sylvia stand, in schwarzen Shorts und dunkelgrüner Seidenbluse, duftend und strahlend, erinnerte nichts mehr an das Häufchen Elend vor ein paar Minuten.
    Sylvia fühlte eine seltsame Befangenheit in sich aufsteigen. Karens Erscheinung wirkte anziehender denn je auf sie. Und sie fühlte sich flau im Magen. Plötzlich spürte Sylvia Karens Mund ganz dicht an ihrem Ohr, das Streicheln auf ihrer Wange. »Sie sind seit langem das beste, was mir passiert ist.«
    Karens Lippen hatten sie kaum berührt. Und doch war Sylvia wie gelähmt von dieser leisen Liebkosung und der Wärme in Karens Stimme.

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