Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Schätzung meilenweit, tatsächlich waren es jedoch nur einige hundert Meter.
Er gelangte zu einem niedrigen Uferabschnitt, stieg auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Wasser und ging noch eine kurze Strecke weiter bis zu einer Gruppe von Kapokbäumen. Ein niedriger Ast winkte einladend, also schob er sich vorsichtig darauf und entspannte sich.
Der Dschungel hatte sich beruhigt, und außer dem Bach hörte er nur wenige andere Geräusche. Auch die Suchhunde waren verstummt und weckten die Hoffnung in ihm, dass er ihnen endlich entkommen war. Während er sich erleichtert gegen den Baum stamm lehnte, wurde ihm bewusst, dass die Jagd mental mindestens genauso strapaziös gewesen war wie physisch.
Er kämpfte gegen den überwältigenden Drang einzuschlafen, als er in den Büschen auf der anderen Seite des Bachs ein Rascheln vernahm. Er blickte über die Schulter, als ein gelbes Leuchten durch das Laub drang. Er erstarrte, als am gegenüberliegenden Bachufer die Silhouette eines großen Hundes erschien und suchend auf dem Boden schnüffelte.
Pitt verfluchte sein Pech. Indem er dem Bachbett gefolgt war, musste er ungewollt die Richtung geändert haben und war seinen Jägern entgegengegangen.
Das Verhalten des Deutschen Schäferhundes verriet nicht, ob er Pitt gesehen oder gewittert hatte. Pitt blieb stocksteif zwischen den Bäumen stehen und wagte nicht einmal zu atmen. Das gelbe Leuchten verstärkte sich, bis ein bewaffneter Verfolger mit Taschenlampe aus einem Dickicht auftauchte und den Hund rief. Dieser schaute zu seinem Führer auf und folgte ihm, jedoch nicht ohne vorher drohend zu knurren.
Drei Meter von Pitt entfernt ertönte plötzlich ein Brüllen wie von einem Löwen auf einem elektrischen Stuhl. Pitt fiel fast von seinem Ast, konnte sich im letzten Moment aber festhalten, während der Hundeführer seine Taschenlampe auf den Baum richtete. Der Lichtkegel fand eine pelzige schwarz-braune Kreatur, die nicht weit über Pitt im Geäst des Baums hockte. Es war ein Brüllaffe, der einen weiteren heiseren Schrei ausstieß, ehe er auf einen anderen Ast sprang und vor dem Licht flüchtete.
Pitt saß starr am Rand des Lichtkegels, während der Hund wild zu bellen begann. Der Lichtstrahl wanderte, dann kam er zurück und erfasste Pitt. Pitt ließ sich vom Ast fallen und huschte durchs Unterholz davon. Nur eine Sekunde später zertrümmerte eine Gewehrsalve den nunmehr leeren Ast des Kapokbaums.
Der Dschungel verstummte, während das Echo der Gewehrsalve verhallte. Dann füllte sich die Landschaft mit einer Kakophonie aus schrillen Schreien und panischem Gebrüll, als tausende von Tieren panisch die Flucht ergriffen. Dabei bildete Pitt die Spitze und rannte mit vorgestreckten Händen durch das Pflanzen- und Baumgewirr. Die ersten Vorboten der Morgendämmerung erhellten den Himmel und begünstigten seine Flucht. Und diesen Vorteil nutzte er weidlich.
Der Deutsche Schäferhund sollte ihm folgen, zögerte jedoch, den Bach zu überqueren, und half Pitt damit, seinen Vorsprung zu vergrößern. Aber dann fand der Schäferhund eine schmale Stelle im Bach und nahm sofort die Verfolgung wieder auf. Sein wütendes Kläffen signalisierte Pitt, dass er stetig aufholte. Obgleich ebenfalls müde und erschöpft nach der langen Jagd, ließ der Schäferhund Pitts Vorsprung zunehmend schrumpfen.
Aber Pitt hatte nur noch wenig Energie für einen ausgedehnten Sprint übrig. Er wusste, dass er dem Hund nicht würde davonlaufen können. Aber wenn er es schaffen sollte, ihn von seinem Führer zu trennen, hätte er vielleicht eine Chance, ihn abzuhängen. Die Frage war nur, ob er noch die Kraft hatte, ihn in einem Kampf zu überwinden.
Das Gebell kam näher, und Pitt entschied, dass es nun an der Zeit war, kehrtzumachen und es auf eine Auseinandersetzung ankommen zu lassen. Allerdings stellte er fest, dass er seine Waffe – den Knüppel mit der scharfen Spitze – am Baum zurückgelassen hatte, als er von dort geflüchtet war. Während er seine Umgebung nach einer neuen Waffe absuchte, übersah er einen niedrig hängenden Ast und rannte ungebremst dagegen. Die Kollision warf ihn um wie einen nassen Sack. Während er versuchte, seine Benommenheit zu vertreiben, stürmte das laute Gebell auf ihn zu. Aber er hörte auch ein metallisches Klirren, das den Boden unter ihm in Schwingungen versetzte.
Allein von seinem Instinkt getrieben, kroch er vorwärts, an einem Baum vorbei und auf einen kleinen Hügel. Das Geräusch wurde lauter. Er
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