Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
der Windschutzscheibe.
Wäre der Fahrer des Wagens nicht zu schnell unterwegs gewesen, hätte er vielleicht vor dem außer Kontrolle geratenen Erdräumer noch rechtzeitig abbremsen können. Doch sein Tempo – kombiniert mit dem Schock, den er beim Anblick des den Berghang hinabrasenden Fahrzeugs erlitt – bewirkte, dass er überreagierte. Anstatt gleich zu bremsen, kurbelte er instinktiv am Lenkrad, um einer Kollision mit dem stählernen Ungetüm zu entgehen. Dann erst trat er aufs Bremspedal.
Das war die schlechteste Möglichkeit. Der Wagen schlitterte knapp zehn Meter über die Fahrbahn, ehe er mit dem rechten Kotflügel gegen einen Telegrafenmast prallte. Da er sich auf dem Beifahrersitz nicht angeschnallt hatte, flog der Mann, der in Heilands Haus die Wächterrolle gespielt hatte, durch die Windschutzscheibe. Sein Genick brach, und er war auf der Stelle tot.
Der Fahrer quetschte sich zwar nur ein Bein, aber seine Erleichterung war nicht von langer Dauer. Er blickte über einen Airbag, der mittlerweile langsam die Luft verlor, und musste registrieren, dass das gelbe Monstrum nur noch wenige Zentimeter entfernt war.
Die Schaufel des Räumbaggers rammte die Fahrertür, riss den Pkw vom Telegrafenmast weg und schob ihn seitlich vor sich her. Pitt ließ die stählerne Schaufel des Erdräumers sinken und bremste das Fahrzeug ab, während Funken vom Asphalt aufstoben. Es reichte aus, um den Schwung beider Fahrzeuge ausreichend zu mindern. Als der Pkw mit der Fahrerseite gegen den Zaun des Navy Labors krachte, kamen beide Fahrzeuge zum Stehen.
Ann näherte sich bereits humpelnd dem Geschehen, gefolgt von einem Wagen des Sicherheitsdienstes, der mit heulender Sirene durch das Haupttor des Laborkomplexes raste. Sie humpelte am Bulldozer entlang, während Pitt aus dem Führerhaus kletterte. Sein linkes Bein war blutüberströmt, sein Gesicht blass.
»Ihr Bein«, sagte Ann. »Ist sonst alles mit Ihnen in Ordnung?«
»Es ist nichts Ernstes«, beruhigte er sie und bewegte sich vorsichtig.
Sie gingen zu dem demolierten Wagen und schauten hinein. Der Körper des Fahrers war nach vorn geworfen worden, die Augen starrten leblos ins Leere. Sein blutüberströmter Partner lag seltsam verkrümmt zwei Meter vom Kühler entfernt am Boden.
»Sie haben ihnen aber gründlich den Weg abgeschnitten«, flüsterte Ann. Dann betrachtete sie die Gesichter der beiden ein wenig eingehender und bemerkte Details, die in der Dunkelheit in Heilands Labor unbemerkt geblieben waren. »Sind das möglicherweise Komplizen unserer Freunde in Tijuana?«
»Sie waren es vielleicht, die sich Zutritt zu Heilands Büro in Del Mar verschafften, und haben auf diesem Weg die Adresse seines hiesigen Ferienhauses in Erfahrung gebracht«, sagte Pitt. Er warf einen weiteren Blick auf die grausige Szene, während der Wagen des Navy-Sicherheitsdienstes in nächster Nähe stoppte. »Ich hoffe nur, dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat.«
Ann humpelte zum Heck des Wagens und öffnete mit einiger Mühe den völlig zerbeulten Kofferraum. Ihr Blick fiel sofort auf die Plastiktonne mit Heilands Dokumenten. Sie sah Pitt mit einem Ausdruck grimmiger Genugtuung an.
»Das hat er.«
TEIL II
SELTENE
ERDEN
26
Der heftige Ruck, mit dem die Räder der Gulfstream aufsetzten, riss Ann Bennett aus dem Schlaf. Die Aufregung der vergangenen Tage hatte schließlich doch ihren Tribut gefordert, und so hatte sie geschlafen, seit die Maschine in Idaho gestartet war. Sie gähnte und blickte über den Mittelgang zu Dirk Pitt hinüber, der in einen Roman von Jeff Edwards vertieft war.
»Endlich wieder zu Hause«, sagte sie.
Pitt schaute hoch und lächelte, dann blickte er in den grauen Dunst hinaus, der im hereinbrechenden Abend über dem Reagan National Airport hing. »Ich habe schon fast daran zu zweifeln begonnen, dass wir tatsächlich wieder nach Hause kommen.«
Er hatte den größten Teil des Vormittags damit verbringen müssen, sich von der Navy, dem FBI und den örtlichen Polizeiorganen Idahos über den tödlichen Unfall am vorangegangenen Abend ausfragen zu lassen, obgleich er erschöpfend dargelegt hatte, wer er war. Ann Bennett übernahm so weit es ging die Beantwortung vieler Fragen und schaffte es am Ende, ihn zusammen mit den Plänen Heilands, die sie aus dem zertrümmerten Wagen geborgen hatten, freizubekommen.
Die Gulfstream verließ die Landebahn und rollte an den Passagierterminals vorbei zu einem privaten Hangar, der für Regierungsflugzeuge reserviert
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