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Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Unterholz: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Mittagessen, Seminare, Saure Knödel –
    »Meine Spezialität, Herr Kommissar!«
    Er erzählte natürlich nichts von seinem zufälligen Treffen mit der Frau drunten im Ort. Er war sich inzwischen gar nicht mehr sicher, ob das wirklich Luisa-Maria Miller war, die er gesehen hatte. Und er wollte zuerst für sich selbst herausfinden, was ihm an ihr aufgefallen war und was ihm vermutlich in eine Vergessensspalte des Gehirns gerutscht war. Er konnte dieses wahrscheinlich unbedeutende Zusammentreffen ja immer noch nachtragen. Herr Kommissar, was mir noch eingefallen ist …
    »Herr Ganshagel, wir können uns doch auf ihre Ehrlichkeit verlassen?«
    Ganshagel zuckte zusammen.
    »Ja, klar, warum nicht? Wie kommen Sie jetzt darauf?«
    »Ich muss Folgendes wissen«, sagte Jennerwein. »Sie haben den Personalausweis an sich genommen, das ist soweit in Ordnung. Haben Sie auch in die Tasche gesehen? Oder haben Sie alles unberührt gelassen?«
    »Nein, natürlich habe ich sonst nichts angerührt.«
    Maria beobachtete ihn aufmerksam. Sie machte sich eine Notiz.
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, sagte Ganshagel.
    Maria nahm einen großen Sicherungsbeutel und gab die Tasche vorsichtig hinein.
    »Ich will mir einen Überblick über die Gegenstände in der Tasche machen«, sagte sie. »Die Systematik der Bestückung von Frauenhandtaschen, das ist geradezu meine Spezialität.«
    »Es war ein Seminar?«, fragte Stengele. »Über welches Thema? Was sind das für Leute?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das geht mich auch nichts an. Es ist das Wesen dieser Seminare, dass die Teilnehmer unter sich sind.«
    »Gut«, sagte Jennerwein, »apropos Teilnehmer, wo sind eigentlich alle? Ich habe bisher niemanden gesehen.«
    »Abgereist«, antwortete Ganshagel so lakonisch wie möglich.
    Und jetzt kam der heikelste Punkt.
    »Abgereist? Wann?«, fragten Stengele und Maria zugleich.
    »Heute morgen.«
    »Moment mal«, hakte Jennerwein nach, »nur, dass ich Sie richtig verstehe: Alle Seminarteilnehmer sind abgereist?«
    »Ja.«
    » Nachdem sie erfahren haben, dass es hier eine Leiche gibt?«
    »Nein, gestern war der letzte Abend des Seminars. Die Gäste sind in aller Herrgottsfrühe aufgebrochen. Dann erst habe ich die Leiche entdeckt. Manche sind zu Fuß hinuntergegangen, andere waren mit dem Motorrad unterwegs, ein paar haben meinen Jeep genommen.«
    »Menschenskinder! Das darf doch nicht wahr sein! Das sagen Sie erst jetzt!«
    Alle im Team fuhren entsetzt auf.
    »Der spinnt doch total!«, rutschte es Stengele heraus.
    Trotz der allgemeinen Empörung hatte Ganshagel den Eindruck, dass er sich bisher gut gehalten hatte. Jennerwein schlug einen schärferen Ton an.
    »Herr Ganshagel, wenn das, was Sie uns verschwiegen haben, die Ermittlungen behindert, dann können Sie sich auf etwas gefasst machen!«
    »Ich habe nichts verschwiegen! Sie haben mich doch gar nicht danach –«
    »Sie können uns aber doch die Adressen der Teilnehmer nennen?«
    »Natürlich. Hier ist die Liste. Ich habe sie schon vorbereitet.«
    Die Liste ging herum. Ludwig Stengele schüttelte den Kopf.
    »Chokri Gammoudi, tunesischer Staatsbürger, soso.«
    »Haben Sie sich die Ausweise zeigen lassen?«, fragte Jennerwein.
    »Nein, das war hier nicht notwendig.«
    »Ich fasse es nicht! Sie wissen schon, dass Sie gegen das Meldegesetz verstoßen?«
    Ganshagel wand sich. Maria machte sich Notizen.
    »Wir haben hier gewisse Personen auf der Alm«, sagte er leise, »von denen man den Ausweis nicht verlangt. Von denen auch Sie den Ausweis nicht verlangen würden, Herr Kommissar.«
    »Von welchen Personen sprechen wir?«
    »Zum Beispiel war Ihr oberster Chef einmal hier, Herr Kommissar. Der Polizeipräsident. Den habe ich natürlich nicht nach seinen Papieren gefragt.«
    »Der Präsident?«, fragte Jennerwein verwundert. »So, wie ich den kenne, hätte er nichts dagegen gehabt.«
    »Ja, Sie wissen schon, was ich meine. Muss ich noch deutlicher werden?«
    »Ja, werden Sie endlich deutlicher«, sagte Stengele.
    »Sagen wir, Sie stehen an der Rezeption, und plötzlich kommt der Papst herein. Würden Sie von dem den Personalausweis verlangen?«
    »Wie kommen Sie gerade auf den Papst?«
    »Na ja, ich –«

    Ganshagel unterbrach sich. Alle drehten sich um, denn plötzlich und unvermittelt gab es Gepolter draußen vor der Tür, man hörte lautes Fluchen und Schimpfen. Noch ehe Ganshagel an der Tür war, wurde sie ungestüm aufgerissen, und zwei ebenfalls tropfnasse Gestalten stolperten

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