Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)
Rezeption hinterlassen. Aber genau das fällt auf. Es scheint so, als ob wir mit diesem Personalausweis auf eine falsche Spur geführt werden sollten.«
Hölleisen hob die Hand.
»Tja, also dieser Personalausweis, der hat es in sich. Wir haben ihn überprüfen lassen. Das hat eine Weile gedauert. Aber als der Kollege sich dann zurückgemeldet hat, ist der fast ausgeflippt! Er war total begeistert. So eine gute Fälschung hätte er noch nie in den Fingern gehabt. Hut ab, hat er gesagt, ein wirkliches Meisterstück. In dreißig Dienstjahren hätte er schon viel gesehen, aber so was – wirklich erstklassige Arbeit.«
»Danke, Hölleisen«, sagte Jennerwein und erhob sich. »Es tut mir leid, dass Ihre Recherchen bisher so wenig gebracht haben. Wir machen jetzt einen Plan, wie wir weiter vorgehen.«
»Äh, Chef«, unterbrach Hölleisen. »Da ist noch eine Kleinigkeit.«
»Ja?«
»Ich habe mir den Baum, die Zirbe auf dem Almgrundstück, nochmals angeschaut. Ich meine, weil wir uns doch gewundert haben, dass es da gar so viele Rothalsige Silphen gegeben hat. Die Erklärung ist ganz einfach.«
Hölleisen holte ein blauweißkariertes Taschentuch aus seinem Rucksack, in das ein Gegenstand in Form und Größe einer Banane eingewickelt war. Er öffnete das Tuch und legte es vorsichtig auf den Tisch.
»Igitt!«, schrie Maria abermals, und auch alle anderen hielten sich augenblicklich die Nase zu. »Was ist denn das! Das stinkt ja bestialisch!«
»Ja, und genau das ist die Strategie der Stinkmorcheln. Sie produzieren einen Geruch, der alle möglichen Aasfresser anlockt. Diese tragen ihre Sporen dann in die ganze Welt hinaus. Oder zumindest zwanzig Meter weit.«
»Da sieht man es mal wieder«, sagte Jennerwein lächelnd. »Auch im Pflanzenreich wird getrickst, getarnt und getäuscht.«
»Ist der Pilz giftig?«, fragte Maria Schmalfuß.
»Nein, aber ungenießbar. Ich bin begeisterter Schwammerlsucher, deshalb kenne ich mich da aus. Wenn Sie wollen, lade ich Sie einmal zum Schwammerlessen ein.«
»Gerne. Ich hoffe, Sie kennen sich bei den anderen Pilzen genauso gut aus. Wie viele dieser Stinkmorcheln haben Sie denn gefunden?«
»Na, so zwei oder drei.«
»Und das genügt, um derartige Massen anzuziehen?«
»Anscheinend schon. Da müsste man jemanden fragen, der sich mit Aaskäfern genauer auskennt.«
»Einen Biologen?«
»Oder einen Bestatter.«
»Die Graseggers kommen eh in einer Stunde, um sich routinemäßig auf dem Revier zu melden«, sagte Ostler. »Da hätten wir gleich zwei Bestatter, die wir fragen könnten!«
»Ursel und Ignaz Grasegger?«, fragte Jennerwein stirnrunzelnd. »Ich weiß, Ostler, dass Sie einen ganz guten Draht zu den beiden haben. Aber es sind nun einmal verurteilte Straftäter.«
»Genau«, warf Stengele ein. »Wir wissen nicht, was genau die in Italien getrieben haben. Und ihre Kontakte zur Mafia sind bis heute ungeklärt.«
»Wir können sie jedenfalls nicht so ohne weiteres in unsere Ermittlungen einbeziehen. Der Fall ist kompliziert genug: Wir haben ein Verbrechen aufzuklären, und wir kennen noch nicht einmal die Identität der Leiche. Wir müssen alles dransetzen, das herauszufinden. Wir müssen auf die Spur des Mörders kommen. Und da wollen Sie mit den Graseggers reden! Ich höre wohl nicht richtig.«
21
»Ich bin im Unterholz.«
Dostojewski 1869 in Baden-Baden zu Fürstin Katinka von L. angesichts seiner Finanznöte. Damals wurden in den Spielbanken noch Chips aus Holz ausgegeben.
Genau diese Graseggers spazierten über den Friedhof, wie sie das jeden Tag taten, um neue Kraft zu schöpfen, um sich inspirieren zu lassen und um neue Pläne zu schmieden. Es war fünf Uhr Nachmittag, die Kirchenuhr schlug mahnend – spätestens bis sechs mussten sie sich auf dem Polizeirevier melden, aber noch hatten sie Zeit, sich auf dem idyllischen Viersternefriedhof unter der Kramerspitze zu entspannen.
»Das wäre doch einmal was«, sagte Ursel Grasegger, als sie am Grab des alten Leidl Rudi vorbeikamen. »Keine spießigen Städtereisen, wie es die anderen in unserem Alter machen, sondern eine thanatologische Rundtour, einen Gräber-Trip rund um den Erdball! Aber nicht zum Père-Lachaise in Paris oder zum Zentralfriedhof in Wien. Sondern zum Beispiel zum Bergfriedhof in Barcelona oder zu den Baumgräbern in Indien. Solche Kaliber.«
»Ja, gut, machen wir«, nickte Ignaz. »Aber erst dann, wenn wir uns nicht mehr jeden Tag auf dem Polizeirevier melden müssen. Ich frage mich sowieso,
Weitere Kostenlose Bücher