Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)
reichgeschmückten Zedernholzbögen auf die Saiten und strichen warm und weich, entlockten Klänge voll Sehnsucht und unendlicher Nähe. Von der Decke regneten weiße Hyazinthen, und sieben silbergewandete mandeläugige Harfenistinnen griffen beidhändig in die Vollen, um gemeinsam die ewige Tarantella des Herzens anzustimmen. Hubertus neigte den Kopf etwas schräg, ein zaghaftes kleines Lachen entkam ihm. Er ging einen Schritt auf sie zu.
»Maria –«
»Der Bürgermeister hat schon wieder angerufen, Chef.«
Ostler war hereingerumpelt, er blieb stehen, er hatte noch den letzten Rockschoß eines zigeunerhaften Czárdásgeigers erhascht.
»Oh, Entschuldigung, Chef.«
»Ist schon gut.«
Hubertus Jennerwein und Maria Schmalfuß schüttelten sich und folgten Ostler zurück ins Besprechungszimmer.
Dort wurde gerade heiß und kontrovers über die Handtasche und ihren Inhalt diskutiert.
»Ich finde das einen Schmarrn!«, rief Stengele gerade. »Warum soll unser Schatten solch einen Aufwand treiben?«
»Er will nicht, dass man die echte Tasche der Frau findet«, spekulierte Becker, »denn von der würde man auf seine Identität schließen können. Er tauscht die Tasche aus, um die Ermittlungen ins Leere laufen zu lassen. Es ist auf jeden Fall nicht die Tasche der Frau.«
»Vielleicht sollen wir ja nur beschäftigt werden.«
Jennerwein und Maria setzten sich. Es entstand eine kleine Pause.
»Haben die Graseggers gezuckt?«, fragte Stengele.
»Die Graseggers? Nein. Nicht ein bisschen«, sagte Maria.
»Wie besprochen, habe ich das Passbild ins Netz gestellt«, sagte Nicole Schwattke. »Außer den üblichen Hirnis und Nerds – die aber leicht als solche erkennbar sind – kann uns niemand etwas Neues über diese Frau mitteilen. Niemand kennt sie, nirgendwo wird sie vermisst. Der Abgleich mit den Kollegen von Interpol und BKA hat zu keinerlei Ergebnissen geführt. Ihre DNA findet sich in keiner Datenbank. Eine verdeckt agierende Beamtin ist es auch nicht gewesen, das habe ich vorsichtshalber gleich mit überprüft. Ich habe auch mit Facebook, Facetrash und einigen anderen Medienformaten und sozialen Netzwerken gearbeitet, die –«
»– uns alle sicher überfordern würden?«
»Nein, so habe ich es nicht gemeint. Mit ein paar Einführungskursen ginge das schon. Aber lassen Sie mich mal machen. Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben. Morgen erscheint das Bild analog, in den Zeitungen. Warten wir das einmal ab.«
Jennerwein massierte sich die Stirn mit Daumen und Mittelfinger.
»Ein gut gefälschter Personalausweis, der mit viel Aufwand hergestellt wurde und der sicher eine Stange Geld gekostet hat. Eine Handtasche, die vermutlich präpariert wurde, eine Frau, die niemand vermisst, eine wild auseinanderstiebende Schar von Seminarteilnehmern – worauf deutet das Ihrer aller Meinung nach hin?«
»Ich sehe das so«, sagte Stengele. »Die Seminarteilnehmer bewegen sich schwer außerhalb der Legalität. Das sind keine zwielichtigen Treffen von halbseidenen Managern, das sind Kriminelle. Und diese tote Frau ist kein unschuldiges, armes Opfer, sondern diese Frau hat selbst Dreck am Stecken gehabt. Vielleicht hat sie sich mit den Seminaristen angelegt. Die Tötung ist professionell durchgeführt, die Flucht perfekt abgewickelt worden.«
Jennerwein beendete die Massage.
»Wir müssen die wahre Identität von Luisa-Maria unbedingt herausfinden. Sonst haben wir überhaupt keine Chance, den Mörder zu fassen. Ich schlage folgende Maßnahmen vor: Ostler, Sie reden nochmals mit Ganshagel. Vielleicht fällt ihm noch etwas zu der Frau ein. Hat zum Beispiel einer der Teilnehmer sie vor ihrem Auftauchen erwähnt? Ist sie bei der nachmittäglichen Brotzeit, von der er gesprochen hat, dabei gewesen? Hat er sie bei einem der Seminare gesehen? Wir haben zwar keine Anhaltspunkte, dass Ganshagel etwas mit der Sache zu tun hat, aber bitten Sie ihn trotzdem, dass er in Reichweite bleibt.«
»Ich bin schon unterwegs zu ihm.«
»Maria, wie wäre es, wenn Sie das Foto ein bisschen in der hiesigen Szene herumzeigen?«
»Finde ich eine gute Idee. Ich fange in der Bäckerei Krusti an, dann schau ich beim Metzger Kallinger vorbei. Dort treffe ich sicher einige Kandidaten.«
»Machen Sie das. Nehmen Sie Hölleisen mit. Der weiß, welchen Ratschkatheln man das Bild auch noch unter die Nase halten muss.«
»Ich werde mich mal um den Mageninhalt kümmern«, sagte die Frau im Rollstuhl. »Und um ihre körperliche Verfassung. Ein
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