Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)
das. Hier ist sogar Toni Pfaffkugl.«
»Der Chef persönlich!«
»Ja freilich, immer zu Diensten. Und wie kann ich Ihnen weiterhelfen? Brauchen Sie einen Tisch für heute Abend? Gibts was zum Feiern bei der Polizei? Haben Sie den Mörder endlich geschnappt?«
»Nein, wir haben noch keinen Grund zum Feiern. Wir ermitteln noch, und deswegen rufe ich auch an. Herr Pfaffkugl, eine Frage: Haben Sie in den letzten Tagen Grünkohl mit Pinkel auf der Speisekarte gehabt?
»Grünkohl mit was, bitte?«
»Mit Pinkel! Das ist eine fette Wurst. Aus Ostfriesland.«
»Pah! Mir in Bayern haben selber genug fette Würste.«
»Das weiß ich. Aber haben Sie denn so was auf der Speisekarte?«
»Kontrolliert die Polizei jetzt schon, was mir für Würste verkaufen?«
»Ein einfaches Ja oder Nein täte mir –«
»Aber wirklich nicht! Wir haben Schweinsbraten, Dampfnudeln, Kalbshaxen, alles frisch, alles gschmackig, alles fett. Aber das sind die guten, rechtsdrehenden Fette! Warum sollen wir so einen Schmarrn, so einen preußischen, servieren? Da müssen Sie sich schon an andere Restaurants wenden. An den Schmollinger Hansi von den Schmollinger Schützenstuben vielleicht, der macht so Krämpf. Der hat so was auch nötig, der –«
»Ja, ist ja schon gut, Herr Pfaffkugl. Dankschön. Wiedersehen.«
Die Abriegelung des Kurortes war in vollem Gange. Jeder musste es mitbekommen. Zwei riesige Zwölftonner des Technischen Hilfswerks donnerten vorbei. Diese Ungetüme wartete Ostler ab, dann wählte er die nächste Nummer auf der Liste.
»Hier Polizeiobermeister Ostler. Spreche ich mit Herrn Schmollinger, von den Schmollinger Schützenstuben? Ich will nicht weiter stören, ich ruf an wegen –«
»Ja servus, Ostler! Johann Ostler? Joey? Joey, bist du es? Wir sind doch über ein paar Ecken verwandt miteinander. Der Joey, das ist ja eine Gaudi!«
»Aber –«
»Du, Joey, sei so nett, sag dem Hubsi einen schönen Gruß von mir. Der Hubsi, der kommt öfters zu uns zum Essen. War schon lang nicht mehr da, sagst ihm einen schönen –«
»Ja, mach ich, aber weswegen ich anrufe, ist, ob du Grünkohl mit Pinkel im Angebot gehabt hast in den letzten Tagen.«
»Geh zu, Joey! Wie kommst du denn ausgerechnet auf Grünkohl mit Pinkel! Da sprichst du nämlich ein ganz heikles Thema an, einen dunklen Punkt in meiner Ehe, weißt du. Meine Frau ist doch aus Oldenburg. Die Birte, die kennst du doch auch! Oder nicht? Wir sind schon vierzig Jahre verheiratet, aber sie sagt immer: Das Einzige, was mir hier unten in den Alpen fehlt, sind diese Würste. Moin, Moin – und Grünkohl mit Pinkel – diese Würste.«
»Ja, und in deinen Schützenstuben, verkaufst du die Würste da?«
»Geh zu, die würd doch niemand essen. Bei uns geht nur Schweinsbraten, Dampfnudeln, Kalbshaxen. Alles gscheid fett, richtig bayrisch eben.«
»Also nicht?«
»Nein, nicht. Und sag dem Hubsi einen schönen Gruß. Soll wieder einmal vorbeikommen! Moin, Moin!«
»Ja, auch Moin, Moin.«
Als er die nächste Nummer gewählt hatte, schlug Ostler ein volltönendes – daramm … entgegen. Er hörte Gelächter und Gejohle, er hörte Gesang und laute Stimmen. Die Party war in vollem Gang. Aber schon vormittags? Dann ein riesiges Geschepper – anscheinend war dem Ober gerade ein Stapel Teller heruntergefallen.
»Hallo, hier Gyrospalast Dimitrios. Entschuldigung, ich habe hier Hochzeit.«
»Ich höre schon, ich rufe ungelegen an.«
»Ist ein bisschen laut hier. Hochzeit von Tochter. Hat geheiratet. Wir tanzen gerade Sirtaki. – daramm … Bin ein bisschen außer Atem.«
»Eine Frage nur. Gibt es bei euch zufällig Grünkohl mit Pinkel – so als Gag?«
»Grünkohl mit Pinkel – was soll das sein? – daramm … Sirtakis Tanz, kennst du, oder?«
»Ja, kenne ich. Gibts denn so was bei euch?«
»Doch, hab ich schon mal gehört. Aber gibts nicht bei uns. Der Italiener nebendran, der Giuseppe, der macht solche Gags. Eventgastronomie nennt er das. Pizza mit Weißwürsten, Pizza mit Schweinsbraten, Pizza mit Curry. Vielleicht auch Pizza mit Grünkohl und Pinkel, weiß nicht.«
»Gut, servus dann, Dimitrios. Viel Spaß bei der Hochzeit.«
»Kommst du vorbei? – daramm … Vielleicht mit Kollegen?«
»Wenn du die Musik weiter so laut machst, kommen wir eh vorbei.«
Ostler legte auf. Er schüttelte den Kopf wie nach einem Tauchgang. Das bekam man nun wirklich nicht so schnell aus dem Ohr.
– daramm …
Ostler bemerkte jetzt erst, dass es ein
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