Unterholz: Alpenkrimi (German Edition)
Anstandshalber ging er manchmal auch auf den Friedhof am Fuße der Kramerspitze, wo das etwas zu pompös geratene Scheingrab seines Vaters lag. Es wäre irgendwie komisch gewesen, wenn er dort nicht hingegangen wäre. Auch dort wurde er angesprochen. Es war die Naumann Babette mit Gießkanne und Rechen.
»So, Michl, das ist jetzt auch schon bald zwanzig Jahre her mit deinem Vater! Wie die Zeit vergeht.«
Schweigen.
»Ja, der alte Wolzmüller Andreas. Wenn der das noch erlebt hätte, was da droben jetzt los ist!«
Die Naumann Babette knirschte den Kiesweg hinunter. Sie war oft hier. Er hatte sie schon hundertmal gezeichnet, sie hatte etwas Interessantes. Sie kam ihm vor wie eine Botin des Todes. Sie trug keine Sense, sondern eine Gießkanne und einen Rechen.
Heute hatte der Michl keine Lust zu zeichnen. Er ging heim und machte Brotzeit. Er aß, was ihm die Kallingerin zusammengestellt hatte, aus der Tüte, das ersparte ihm jegliche Art von Küchenarbeit. Er ging hinunter in den Keller. Diese Blätter müsste man einmal ordnen, dachte er. Früher waren noch Interessenten gekommen, gleich nach dem Tod von Möbius, die wollten noch was kaufen, sie wollten noch einen Bilderauftrag geben, ein Portrait, einen Akt, so Schmarrn eben. Er hatte immer abgelehnt. Warum sollte er was verkaufen? Es reichte doch, wenn er die Blätter die Kellerstiege hinunterwarf. Als sie ganz lästig geworden sind, hatte er sich blöd gestellt. Dann war niemand mehr gekommen.
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Die Gemeinden Grainau, Mittenwald, Oberammergau, Farchant, Hammersbach, Ettal und Wamberg sind deutschlandweit die größten Lieferanten von Unterholz. (10000 m 3 jährlich)
Quelle: unbekannt
Jennerwein stand auf. Kampfbereit. Er stützte sich mit den Fingerspitzen auf der Tischplatte auf. Das tat er nur, wenn er einen weitreichenden Entschluss gefasst hatte.
»Wir sind uns alle darüber einig, dass es sich bei beiden Morden um ein und denselben Täter handelt. Wir sind uns auch einig, dass sich der Täter noch im Kurort befindet. Darum ist jetzt Eile geboten. Wir müssen ihn einkesseln. Nur so haben wir eine Chance, ihn zu fassen und von weiteren Angriffen abzuhalten. Stengele und Hölleisen, Sie leiten solch eine Umklammerungsaktion ein. Wir kontrollieren die Ausfahrtsstraßen, den Zugverkehr und die wichtigsten Wanderwege. Und das alles möglichst auffällig, mit viel Getöse. Er soll alles mitbekommen, er soll unseren Aufmarsch sehen, er soll in der Zeitung davon lesen. Ewig kann er nicht hierbleiben, er wird handeln müssen. Vielleicht macht er einen Fehler.«
»Solch eine Umklammerung können wir allein nicht durchführen«, gab Hölleisen vorsichtig zu bedenken.
»Ich weiß. Schalten Sie die Bergwacht ein, die Bahnpolizei, die Forstverwaltung, alle an den Ort gebundenen Institutionen eben. Einheimische Kräfte zu mobilisieren ist in diesem Fall sinnvoller, als auswärtige Hilfstruppen wie das BKA heranzuziehen. Das wird zwar ein poröser Ring werden, den wir um den Kurort legen, aber besser als gar keiner. Stengele und Hölleisen, ich möchte, dass Sie die Zusammenarbeit mit Bergwacht, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und so weiter so schnell wie möglich in die Wege leiten.«
»Ich sage Ihnen gleich, dass diese Kontrollen auf keine große Begeisterung stoßen werden«, sagte der Polizeiobermeister. »Es gibt Verkehrsstaus, blinden Alarm, Menschenaufläufe, Versorgungsschwierigkeiten, Ärger mit der Hotellerie –«
»Ich weiß. Wir machen es trotzdem. Das müssen wir riskieren. Halten Sie eventuellen Sturköpfen die große Brisanz der Sache vor Augen. Wir haben jetzt zwei Morde und einen Angriff auf einen Polizeibeamten. Der Täter ist flüchtig und hochgefährlich. Ob es der Tunesier ist oder ein anderer, es ist auf jeden Fall ein Profikiller.«
Hölleisen und Stengele erhoben sich.
»Wird gemacht, Chef«, sagte der Allgäuer. »Innerhalb der nächsten zwei Stunden müsste so ein elektrischer Weidezaun, wie er Ihnen vorschwebt, aufgerichtet sein.«
Draußen auf der Terrasse des Reviers verlor Polizeiobermeister Johann Ostler langsam die Geduld.
»Ja, Menschenskinder! Wenn ihr sonst nichts mehr wisst von der Sache, dann geht halt in Gottes Namen heim. Los, verschwindet!«
»Ja, ja, schon verstanden. Wir werden uns zur Verfügung halten«, sagte Ignaz Grasegger mit einer seltsamen Melange aus Gutmütigkeit und Genervtheit. »Wir verlassen das Land nicht, nicht einmal zum Schwammerlsuchen nach Österreich.«
»Solange ihr nicht zum
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