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Unterland

Unterland

Titel: Unterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne C. Voorhoeve
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Ordnung.«
    »Du hast«, ich senkte die Stimme, »du hast Geld? Zigaretten?«
    »Nein, aber ich habe etwas dabei, was ich zu Geld machen kann«, erwiderte Wim geheimnisvoll.
    Ich war nicht ganz sicher, ob er dies ernst meinte oder mich nur beeindrucken wollte, aber wenn es bedeutete, dass ich entgegen meinen Befürchtungen doch nicht Mitwisserin oder gar Teilnehmerin eines Diebstahls zu werden brauchte, stellte ich lieber keine Fragen. »Na dann zurück zum Bahnhof!«, meinte ich aufgeräumt.
    Wir waren auf dem Weg hinaus, als ich die Waschschüssel entdeckte. Keine Ahnung, warum ich überhaupt in die Richtung blickte, da wir aus dem Bereich der Nachttöpfe, Waschschüsseln und -kannen gar nichts brauchten. Vielleicht war die vertraute Farbe einfach zwischen den anderen aufgeblitzt. Alles, was mich an zu Hause erinnerte, zog mich schließlich an wie ein Magnet.
    »Nanu!«, sagte ich verblüfft und blieb stehen. »Sieh mal, genau so eine Schüssel hatten wir zu Hause auch!«
    »Nett«, erwiderte Wim gelangweilt und ließ keinen Zweifel aufkommen, dass er dafür war, so schnell wie möglich sein Tauschgeschäft zu tätigen; schließlich benötigten Wollanks ja auch noch andere Dinge.
    »Es ist exakt dasselbe Blumenmuster, nur dass bei unserer Schüssel ein kleines Stück von einer Rose abgeplatzt war und Henry es mit Nagellac k …«
    Ich verstummte. Aus den Augenwinkeln sah ich die Inhaberin des Ladens sich mit einem »He!« bereits in Bewegung setzen, weil ich Wim die Krücken in die Hand gedrückt und die schwere Schüssel einfach vom Regal genommen hatte. Die Frau fürchtete wohl, dass ich sie fallen ließ, sie konnte ja nicht ahnen, dass ich genau wusste, wie schwer die Schüssel war, wie sie sich in der Hand anfühlte und wie man sie sicher hielt. Die abgeplatzte Stelle in der Glasur war im Übrigen nicht mein Missgeschick gewesen, sondern Mems.
    »Was fällt dir ein, stell sofort die Schüssel wieder hin!«
    Aber ich hielt sie so fest, dass keine Kompanie Tommys sie mir aus der Hand hätte winden können. Rasch ließ die Frau wieder los und sah mich einigermaßen fassungslos an.
    »Die ist ja geklaut!«, rief ich außer mir.
    »Nein, das kann nicht sein!« Die Ladeninhaberin fuhr zurück. »Alle Anbieter müssen mir unterschreiben, dass es sich bei der Ware um ihr Eigentum handelt!«
    »Aber die Schüssel ist unsere, ich schwör’s! Sehen Sie hier? Das war mein Bruder Henry, mit Nagellack, den mal jemand in Ootis Pension vergessen hat.« Ich war ein bisschen erschrocken über meine Stimme, die ganz hoch geworden war. »Ich hole meine Mutter, die kann es bezeugen.«
    »Nicht so laut!« Die Frau wurde noch unruhiger, denn sämtliche anderen Kunden drehten sich nicht nur nach uns um, sondern einige kamen bereits näher. Im Nu umstanden uns drei ältere Frauen, sichtlich bereit, mich und meine Schüssel zu verteidigen.
    »Plünderer, das ist ja das Letzte! Haben Sie den Namen? Sie müssen die Leute anzeigen!«
    »Wir sind auch geplündert worden! Wenn ich die Kerle je erwisch e …!«
    »Sieh dich um, Mädchen, vielleicht erkennst du noch etwas!«
    Die Schüssel fest im Arm, ging ich an den Regalen entlang. Wim, die Ladenbesitzerin und die drei Frauen folgten, letztere wie ein Geleitschutz. Ich fand eine Schatulle von Ooti, selbstverständlich leer, ich fand eine Wolldecke, die unsere sein konnte, wenn ich es auch nicht hätte beschwören können, und einen Teil unseres Kaffeegeschirrs.
    Die Ladenbesitzerin, mittlerweile blass und aufgeregt, sah in ihrem Kassenbuch nach und stellte fest, dass die Wolldecke tatsächlich von denselben Leuten abgegeben worden war wie das Diebesgut .
    »Da sehen Sie’s. Die Kleine lügt nicht!«, stellten die Frauen befriedigt fest und eine lief sofort zur Tür, um nach der Polizei zu rufen. »Das will ich erleben, dass man mal welche von den Schweinen erwischt!«
    »Das ist sehr unangenehm«, versicherte die Ladenbesitzerin, die noch mehr zu zittern begonnen hatte als ich in meiner Aufregung. »Ich lasse mir eine Unterschrift geben, sehen Sie, ich lasse die Leute schriftlich versichern, dass sie nur ihren eigenen Besitz verkaufen. Mehr kann man nicht tun, es ist nicht meine Schuld.«
    »Natürlich ist es nicht Ihre Schuld«, sagte Wim, der immer noch meine Krücken hielt.
    »Nicht wahr, das seht ihr auch so?«, fragte die Frau erleichtert.
    Ich nickte stumm. »Ich habe den Laden gerade erst eröffnet«, sagte sie leise. »Ich habe mir Geld geliehe n … ich weiß nicht, was ich tue,

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