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Unterm Messer

Unterm Messer

Titel: Unterm Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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die Schulter legt. „Wir haben Sie beobachtet. Sie bleiben hier. Sie haben gestohlen. Grünwald wartet auf Sie im Säurezimmer.“ Nichts. Ich gehe durch die Eingangstür, zum Auto. Starte. Fahre ab. Zumindest ist mir nichts geschehen. Allein das erzeugt ein Hochgefühl.
    Dumm nur, dass Nat schon heute früh mit den Sportlern nach Wien gefahren ist. Sie hätte die Creme analysieren können. Schwester Gabriela könnte es vielleicht auch, aber die betet noch und ist außerdem in Graz. Ich parke, wie vereinbart, bei unserer Buschenschank, sie hat noch zu. Keiner zu sehen. Ich werde etwas warten müssen. Ob der Sender funktioniert hat? Gesehen habe ich Vesna jedenfalls nirgendwo. Sollte ich auch nicht. Die Cremeschachtel hat sich eigentlich nicht leer angefühlt. Ich könnte ja inzwischen einmal nachsehen ... Etwas klopft an die Scheibe. Ich zucke zusammen. Ich sollte mir endlich abgewöhnen, so leicht zu erschrecken, sonst lande ich noch in der Klapsmühle. Natürlich ist es meine Freundin. Sie setzt sich auf den Beifahrersitz. „Wollte dich nicht überraschen, deswegen ich habe angeklopft. Sache mit Sender war gut, ich war in Auto und habe zumindest mitbekommen, dir ist nichts passiert.“
    Ich nicke. So kann man meine aufregende letzte Stunde auch zusammenfassen. Dann ziehe ich die Ringelblumencreme aus der Tasche. „Das war das einzige Exemplar, das noch da war. Ausstellungsstück im Foyer. Die Glastür war nicht versperrt.“ Ein bisschen loben könnte mich Vesna jetzt schon.
    „Mache nicht so spannend, packe endlich aus.“
    Na ja. Ich öffne die Schachtel. Da ist doch ein Tiegel drin. Soll ich jetzt froh sein oder enttäuscht? Ich hebe ihn heraus. Ich schraube ihn auf. Sehe hinein. Ist ja super, ein Präservativ oder so etwas. Vesna nimmt mir die Creme aus der Hand, schaut selbst.
    „So was wie eine Jagdtrophäe?“, frage ich. „Kein Wunder, dass sich Schwester Cordula geärgert hat. Sie findet die letzte Packung und dann das.“
    Vesna holt das Gummiding mit spitzen Fingern heraus. „Ist etwas drinnen.“ Sie drückt herum. Es ist ein USB-Stick, klein und silberfarben, der ihr in den Schoß fällt.
    Ich habe meinen Laptop dabei. Wollte ihn lieber nicht in der Pension lassen. Ich fahre ihn hoch, Vesna ist in der Zwischenzeit ausgestiegen. Sie will sehen, ob wir hier sicher sind. Aber ich bin überzeugt davon, dass sie bloß nicht mehr still sitzen kann. Okay. Laufwerk F starten. Eine lange Reihe von Files. Ich öffne das vierte. Ich sehe das Muster, das ich jetzt schon gut kenne, aber immer noch nicht zu entschlüsseln vermag: zarte Striche in Pastellfarben. Ich klicke auf eine andere Datei. Tabellen mit irgendwelchen Werten. Noch eine Datei. Hier gibt es endlich Text. Auf Englisch. Ich lese irgendwo in der Mitte: „... F0X03A is associated with secondary acute leukemia. Downregulation of F0X03A activity is there-fore ... “ Es geht um das berühmte Altersgen. Und um Leukämie. Wer hat die Forschungsdateien auf den Stick gespielt? Und wer hat ihn in der Hildegard-Creme versteckt? Eigentlich ein genialer Ort, der Schauschrank im Foyer. Grünwald mit seinem Verfolgungswahn. Sie haben das Kellerlabor geräumt und ihre Forschungsergebnisse vom Laptop auf einen Stick gespielt. Wovor hatte er Angst? Dass die Kriminalpolizei seine Daten entdeckt? Samt den Versuchen an Menschen?
    „Wir können nur herausfinden, wenn wir fragen“, sagt Vesna wenig später.
    Mein Telefon läutet. Der Chefredakteur. Es gelingt mir, noch einige Stunden Zeit zu schinden. Die Dateien sind zu umfangreich, als dass wir sie der Genetikerin einfach per E-Mail schicken könnten, es wäre wohl auch zu unsicher. Aber vielleicht kann ich einige aussuchen und ihr schon einmal zukommen lassen. Es wäre wichtig, zu wissen, ob hier etwas über eventuelle Parallelversuche mit Psychosubstanzen verzeichnet ist. Schon allein, um die richtigen Fragen stellen zu können.
    „Ich muss zu Grünwald“, sage ich dann. „Wenn die Polizei von all dem erfährt, wird er nicht mehr reden, schon gar nicht mit einer Journalistin. Ich muss zu ihm, bevor er merkt, dass der Stick fehlt. Ich hätte die Verpackung stehen lassen sollen.“
    „Wäre wahrscheinlich gut gewesen“, stimmt Vesna trocken zu. „Wenn man Kostbares hat, man schaut ab und zu auf Verpackung. Du kannst mit dem, was du weißt, nicht einfach zu Professor. Sind schon zwei Menschen gestorben.“
    Ich schüttle den Kopf. Vielleicht macht mich der Umstand mutig, dass heute Vormittag alles gut

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