Unterm Strich
innerhalb der EU regeln, sind auf alle Kapitaleinkünfte, auch von juristischen Personen, zu erweitern.
10. Auf alle Finanzmarkttransaktionen ist eine Umsatzsteuer von 0,1 Prozent zu legen. Ein Teil des Aufkommens sollte einem Fonds zufließen, aus dem eventuelle Verluste aus dem Bankenrettungspaket vom Oktober 2008 und zukünftige Bankensanierungen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte zu finanzieren sind.
Es ist offensichtlich, dass der weit überwiegende Teil dieser Regelungen in einem internationalen Radius verfolgt und durchgesetzt werden muss. Die damit verbundenen Hindernisse sind seit dem ersten G20-Finanzgipfel im November 2008 angesichts divergierender Interessen innerhalb dieser Staatengemeinschaft leider nicht kleiner geworden. So bleibt nur übrig, sich mit allem Ehrgeiz auf die Eurozone mit nunmehr 17 Mitgliedsstaaten zu konzentrieren, wenn sich die beiden vorgeschalteten Ebenen der G20-Staaten und der 27 EU-Staaten nicht zu entsprechenden Verabredungen beziehungsweise nur zu Formelkompromissen und halben Sachen durchringen können. Dabei wird es maßgeblich auf das deutschfranzösische Gewicht ankommen. Eine andere Variante fällt mir nicht ein, wenn nicht innerhalb der Eurozone differenziert werden soll.
Über diese zehn Punkte hinaus sind international drei institutionelle oder technische Projekte voranzutreiben:
* Korrekturen an den internationalen Bilanzierungsstandards, die dazu beitragen, dass der Bewertungsmethode nach aktuellen Marktpreisen (»faire Value-Bewertung«) die prozyklischen und krisenverstärkenden Zähne gezogen werden;
* die Fortentwicklung des IWF zu einem Frühwarnsystem gegenüber weltweit destabilisierenden Finanzmarktentwicklungen durch eine Stärkung seiner Überwachungsfunktion und ein Mandat für Politikempfehlungen; dabei ist eine enge Kooperation und Koordination mit dem Financial Stability Board (FSB) naheliegend;
* die Verbesserung der grenzüberschreitenden Bankenaufsicht
* erste durchaus bemerkenswerte Schritte sind unternommen.
Als Antwort auf die Eurokrise scheinen mir alle Vorschläge richtig zu sein, die auf
* eine Beseitigung des Geburtsfehlers der Währungsunion, also der mangelhaften Koordination der Wirtschafts- und Fiskalpolitik,
* die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds analog dem Internationalen Währungsfonds
- und die Gründung einer Europäischen Rating-Agentur hinauslaufen.
Wer den präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspaktes stärken, die finanzpolitische Überwachung (unter Einführung einer Reihe von schmerzhaften Pönalen) verschärfen und die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit sowie strukturelle Ungleichgewichte besser überwachen will, muss wissen, dass dies einen Verzicht auf souveräne Rechte der Mitgliedsstaaten bedeutet. Die EU wird in ihren Zuständigkeiten gestärkt werden müssen, während sie gleichzeitig unmissverständlich aufgefordert werden muss, das Subsidiaritätsprinzip praktisch zu leben. Sie hat sich nicht um den Krümmungsgrad von Salatgurken und die Daseinsvorsorge auf kommunaler Ebene zu kümmern, sondern um eine wirtschaftspolitische Koordination und die Beseitigung struktureller Disparitäten.
In der Haushaltsüberwachung bedeutet dies nach meinem Geschmack nicht unbedingt, dass das Königsrecht der nationalen Parlamente, das Budgetrecht, in Frage gestellt werden muss. Dennoch wird die EU bei der Aufstellung der nationalen Haushaltspläne ein Konsultations- und Empfehlungsrecht erhalten müssen. Zu Ende gedacht, müsste die Ablehnung ihrer Empfehlungen durch die nationalen Parlamente »strafbewährt« sein, was deren Budgetrecht natürlich auf einem Umweg relativieren würde. Der Streit um ein »gouvernement economique« oder eine »gouvernance economique« scheint mir dagegen eher zweitrangig, wenn entsprechende Überwachungs- und Koordinationsmechanismen etabliert würden.
All dies wird in meinen Augen dennoch nicht ausreichen, um die derzeitigen Ungleichgewichte in der Eurozone zu beseitigen, weil nicht an deren tieferen Ursachen angesetzt wird. Die Notfallpakete mögen Spekulationsangriffe (für einige Zeit) abwehren. Aber solange die Kombination von exzessiver Staatsverschuldung und einer abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit in einigen Mitgliedsstaaten nicht beseitigt wird, sind Angriffsflächen nicht beseitigt. Ein Plan B muss sich mit dem Szenario einer Umschuldung von Mitgliedsstaaten mit hoher Staatsverschuldung beschäftigen. Josef Ackermann hat das richtig erkannt, auch
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