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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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nicht einfach zu verprügeln.
    Mit einem Ohr lauschte er dem Geplänkel der Rechtsanwälte. Sie kannten sich durch die Korrespondenz und Telefongespräche, dies hier allerdings war das erste Mal, daß sie sich trafen. Dr. Marta Cellini-Sanchez McDougal war nicht sein Typ – sein jetziger Therapeut würde dem sicherlich zustimmen. Ihr Haar war schwarz; in steifen Wellen umrahmte es ihr Gesicht. Sie besaß einen vollen Mund mit scharfen weißen Zähnen, ein spitzes Kinn, dicke schwarze Augenbrauen über dunkelbraunen Augen. Sie war nur wenig kleiner als er selbst; ihre Hüften waren breit, ihre Brüste nicht groß, aber, nun, unter dem Jackett deutlich zu erkennen. Da er seinen Blick nicht auf ihr lassen wollte – sie nahm alles so persönlich –, betrachtete er ihre kleinen Hände, die auf dem gelblinierten Notizblock Diagramme zeichneten, oder was immer das Gekritzel auch darstellen sollte. Aber er hatte ihre Bewegungen gesehen, als sie den Gang herunter gekommen war.
    »Haben Sie was dagegen, wenn ich rauche?« sagte McDougal plötzlich und schnitt Norman mitten in seinen Ausführungen das Wort ab. Sie klopfte auf eine frische Packung Pall Mall Filter.
    »Ja«, sagte Leidy.
    »Schön. Ich bin draußen.« Der Stuhl knarrte, und sie stand auf.
    »Dr. McDougal«, sagte der Regierungsanwalt verärgert. Dieses Mal war sie zu schnell für seinen Finger.
    Sie ging auf ihn los. »Wie er bereits sagte, Norman, Sie werden dafür bezahlt. Ich werde ihnen nun die Dinger zeigen, und dann können Sie sie wegpacken. Weit weg.« Sie verließ die Bibliothek, Leidy hörte ihre kleinen flachen Schuhe, die über den gewachsten Asbestboden tappten.
    Einen Moment lang sagte niemand etwas.
    Norman murmelte: »Ich nehme an, wir können keine wirklichen, fundamentalen …«
    Doch Dink war schneller. »Gut, laßt sie uns ansehen.«
     
    McDougals Labor war eine lange stählerne Halle, die mit Werkzeugen und Maschinen vollgestopft war; ein massives Magnetjoch verstellte beinahe den Eingang. Im Zentrum des Raums befand sich eine drei Meter lange Vakuumkammer, die einem gestrandeten Miniatur-U-Boot glich. Auf einer langen Werkbank entlang einer Wand lagen zerlegte Maschinenteile.
    »Dies sind die Komponenten des Vakuumbogens«, sagte McDougal. Sie steckte die Zigarettenschachtel wieder in ihre Tasche; anscheinend war der Drang zu rauchen nicht so groß, nachdem sie ihren Willen durchgesetzt hatte. »Er liefert hohe Stromstärken mit mehrfach geladenen Ionen. Ian Brown am LBL entwickelte ein früheres Modell, das als Beschleuniger für schwere Ionen diente; er und noch einige von uns erkannten, daß er noch andere Möglichkeiten besitzt.« Sie sprach mit schneller, tonloser Stimme, als wäre sie im Vorlesungssaal.
    Die in der Werkstatt neben dem Labor handgefertigte Maschinerie besaß Eleganz; hier eine Metallanze mit rundem Kopf, hier eine breite Aluminiumscheibe, die wie eine Knoblauchpresse mit Löchern durchsetzt war, dort ein zylindrischer Vogelkäfig aus Aluminiumstahlrohr. Eine polierte Halbkugel aus Stahl lagerte auf der Werkbank, sie diente zur Aufnahme der montierten Baugruppen; eine runde Scheibe aus dickem Stahl brachte dies alles in die Vakuumkammer, wo die Experimente abliefen.
    Obwohl das Ding zerlegt war, hatte Leidy die Diagramme im Kopf – er konnte seine Grazie und geniale Ausführung würdigen. Jede gebogene glänzende Metalloberfläche war von den Handwerkern gewienert und poliert, jede funkelnde Schraube, Niete und Mutter war einzeln angesetzt und festgezurrt worden. Leidy mochte schöne Apparate.
    McDougal fuhr fort. »Die funkengebende Elektrode schlägt auf die Kathode; ein mehrfach geladenes Ionenplasma bildet sich an verschiedenen Stellen der Kathode und wandert dann zur Anode.« In ihrer Hand hielt sie einen goldenen Kugelschreiber, den sie wie einen Zeigestock verwendete. »Man kann es als einfache Plasma-Kanone ansehen. Oder das Plasma extrahieren und als feinen Strahl beschleunigen.«
    Dink blickte zu Leidy, der in den Apparat vertieft schien.
    »Metalle, das kann ich verstehen, aber wie gewinnt man aus anderen Elementen Plasma? Nichtleitend?« fragte Dink. Wenn Leidy sich schämte, törichte Fragen zu stellen, dann fragte Dink für ihn.
    »Solange die Kathode leitet. Selbst wenn ein oder mehrere der konstitutiven Elemente nichtleitend sind, entsteht an einer leitenden Kathode ein Plasma. Titankarbid, Zirconiumkarbid, Siliziumkarbid. Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen – Titanoxid, Titannitrit und so fort.

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