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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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darüber gesprochen hätte. Ob es einen Unterschied gemacht hätte.
    »Er mochte Kameras nicht besonders«, sagte Leidy.
    Greta lächelte. »An dem Tag, an dem wir heirateten, trieb er den Fotografen in den Wahnsinn. Der arme Mann versuchte Cyrus auf höfliche Art und Weise klarzumachen, daß er aussah, als befände er sich auf einer Beerdigung, nicht auf seiner Hochzeit.«
    Leidy legte den Arm um die Schultern seiner Mutter, und sie lehnte sich an ihn. Sehr leise begann sie zu weinen.

 
WASHINGTON, D.C., OKTOBER 1990
     
    »Schlechte Nachrichten«, sagte Dink. Er kam in die Ecke der Bibliothek, wo Leidy alleine im warmen Lichtschein in einem ansonsten verdunkelten Raum in einem Armstuhl saß. Draußen vor dem Fenster glitzerten die einschläfernden Lichter der Stadt in der feuchten Nacht. Die Bibliothek war geschlossen; die Universitätsvereinigung für Forschungen im Erdinneren hatte einen der angrenzenden Räume gemietet, aber die Sitzung zog sich weit über die Stunde hin, wo jeder Beteiligte das Abendessen erwartet hatte.
    Leidy las einen Leinenband, den er sich von den nahen Regalen gegriffen hatte, einen Reisebericht über Nordafrika aus den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg. Er war kein guter Leser, schon gar nicht einer von der Bibliothekssorte – er war von den Karten am Ende des Buches angezogen worden –, aber es gab Zeiten, in denen man nichts anderes tun konnte.
    Sie hatten ihn gebeten, das Treffen zu verlassen; Marta wurde gebeten, zu bleiben. Das war nichts Ungewöhnliches, nicht, wenn man Geld und Macht forderte und es einen Sinn ergab, die Bittsteller einzeln in die Mangel zu nehmen. Bald darauf würde sie hinausgeschickt und er nach drinnen gerufen werden.
    Aber nun kam Dink und sagte, »Schlechte Nachrichten.«
    Leidy blickte ihn argwöhnisch an. »Ich versuche mir schlechte Nachrichten vorzustellen, aber es gelingt mir nicht. Entweder entscheiden sie sich für das Programm, oder sie tun es nicht.« Er ließ das Buch zu Boden fallen.
    Die Aufsichtsperson, die ihn aus dem Schatten heraus beobachtete, trat nach vorne. »Sir, wenn Sie bitte …«
    Leidy schaute zu ihr auf. »Entschuldigen Sie.« Er faßte nach unten, hob das Buch auf und verpaßte ihm einen freundlichen Klaps, während er es in seinen Schoß legte. »Nicht wahr, Dink?«
    »Ja. Was du sagst, ist richtig.« Dink holte sich einen weiteren Lederarmstuhl und setzte sich Leidy gegenüber. »In diesem Raum haben wir die Kanzler, Dekane und Institutsleiter einiger der wichtigsten wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes. Versammelt in einem der größten Komitees, die man sich nur vorstellen kann. Eine wahre komiteegleiche Apotheosis. Alles dank Arthur Berg, der aufgrund des letzten Regierungswechsels seine Entscheidung verkündete, wieder in die Akademie zurückzukehren. Also schulden sie ihm nicht einmal Dank. Sie wundern sich über ihren unverhofften Glücksfall.«
    »Ja, was ich sagte. Sie entscheiden sich für das Programm.«
    »Das Problem ist nur, es dauerte nicht lange, bis sie merkten, daß man von ihnen nicht erwartete, Entscheidungen zu treffen.«
    »Welche Entscheidungen? Die Entscheidungen sind gefallen.«
    »Viele, aber nicht alle.«
    »Die übrigen werden auch getroffen werden«, sagte Leidy selbstgefällig.
    »Das sehen sie auch so. Leider.«
    »Das sind keine Praktiker, Dink. Keine Ingenieure. Sie sind Redner. Braucht CORE wirklich ein Universitätskonsortium? Brauchen wir den Kongreß oder sogar den Präsidenten? Neben der Wissenschaft sind es soziale Notwendigkeiten, wirtschaftliche Notwendigkeiten und politische Kräfte, die uns am Laufen halten.«
    »O ja.« Dink nickte. »Das alles und anderes. Wie das Wetter. Kräfte, die sich verändern, zusammenziehen und sich dann auflösen. Jeden Tag, wie auf dem Angesicht des Globus. So schnell wie das Wetter.«
    Die Metapher eines Seglers. Dink war voller Metaphern.
    »Die distinguierten Gentlemen dort drinnen«, sagte Dink, »sind unglücklich. Stell jemanden an die Spitze eines Komitees, dann will er zumindest den Anschein von Macht. Der Typ von Caltech …«
    »Ja, er und ich, wir hatten unsere Differenzen.«
    »Der, der dich rausgeschmissen hat. Etwas, was du über ihn geschrieben hast.«
    »Das ist lange her.«
    Dink seufzte. »Nicht lange genug.«
    »Dink? Ein Typ?«
    »Keiner der übrigen schuldet dir irgend etwas. Du bist ein freiberuflicher Geologe. Ein Paläomagier.«
    »Ich rede zuviel«, sagte Leidy. »Rede du endlich. Erzähl mir die schlechten

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