Unternehmen Delphin
aber experimentierte Dr. Finley mit einem Spezialmikrophon und einem neuen Computer, der in der Lage sein sollte, die 200.000 Tonschwingungen der Delphine graphisch dazustellen. Finley glaubte, daß es bald möglich sein könnte, mit einem Computersender auf den gleichen Wellenlängen eine noch bessere ›Unterhaltung‹ mit den klugen Tieren zu führen.
Das Haupttraining allerdings war der militärische Einsatz unter Wasser.
Man hatte jetzt sechs ›Kompanien‹ gebildet zu je zehn Delphinen, und sie wurden von den sechs klügsten Tieren kommandiert, nämlich von den Delphinen John, Ronny, Harry, Henry, Bobby und Robby. Immer und immer wieder, stundenlang, schossen sie hinaus ins offene Meer, suchten die Ziele, meldeten sie und versenkten sie dann mit Übungsminen, die nicht explodierten, sondern nach der erfolgten Zündung nur einen Stromstoß ausschickten, der an Land empfangen wurde. Treffer!
Bei diesen Einsatzübungen tauchten einige Merkwürdigkeiten auf. Dr. Finley setzte sich eines Abends zu Rawlings auf dessen Bungalow-Terrasse und schlug sein kleines, privates Notizbuch auf. Er trug es immer an einem Lederriemen um den Hals. Wer ihm das Buch hätte wegnehmen wollen, mußte ihn vorher töten. Was in keinem offiziellen Bericht stand, hatte er diesem kleinen Buch anvertraut.
»Es hat sich da etwas herausgestellt, das mir Sorgen macht«, sagte er und nahm einen Drink, den Rawlings gemixt hatte. »John und Harry – also die 1. und 3. Kompanie – führen nur noch Befehle aus, die Helen gibt. Dreimal habe ich das erlebt, als Helen mit anderen Delphinen vor der Küste war. Ich habe John und seine Burschen losgeschickt, sie rückten auch ab, blieben aber auf halbem Weg in der See stehen und begannen, Blödsinn zu machen. Sie spielten miteinander und kamen dann wie Unschuldslämmer zurück. Ermahnungen steckte John weg, als sei er taub. Wenig später das gleiche mit Harry. Zuerst wollte ich an einen Zufall glauben, aber als ich John und Harry zusammen exerzieren ließ, war's eine völlige Pleite. Alle Tiere der beiden Kompanien taten so, als hörten sie nichts. Zwei Tage später übernahm Helen wieder John und Harry, und siehe da – mit Bravour ›versenkten‹ sie neun Schiffe! Da war mir klar: Das ist kein Zufall. Zwei Kompanien gehorchen nur Helen.«
»Hast du mit ihr schon darüber gesprochen, James?«
»Nein. Ich wollte es zuerst dir sagen.«
»Im Ernstfall kann das eine Katastrophe werden.« Dr. Rawlings blickte hinüber zu Helens Bungalow. »Der ganze Einsatz kann in Frage gestellt werden, wenn sich herausstellt, daß die Delphine, je nach Sympathie, nur auf eine Person fixiert sind. Das haben wir doch bisher noch nie beobachtet …«
»Nach dem, was ich bis jetzt gesehen habe, müssen wir das Trainingsprogramm ändern. Wir müssen es völlig umstellen. Unsere Knaben sind viel zu sehr auf uns als individuelle Personen motiviert. Sie müssen aber unbedingt auch gehorchen, wenn andere – natürlich nach einer gewissen Zeit der Gewöhnung – ihnen Befehle erteilen. Zunächst wechseln wir die Kompanien. Helen wird Robby und Henry übernehmen …«
»Man sollte doch mit ihr darüber sprechen«, sagte Rawlings und trank sein Glas leer. »Ich glaube, das große Problem liegt im Grundsätzlichen, nämlich darin, daß Helen eine Frau ist. Delphine können sich verlieben, das wissen wir doch. Und darüber denke ich schon lange nach. – Ist Helen im Haus?«
»Nein. Sie ist vor einer Stunde weggefahren.« Finley hob die Schultern. »Seit einer Woche hat sie einen Drang nach Miami. Macht sich schön, legt Rouge auf, zieht die Augenbrauen nach und duftet nach französischem Parfüm.«
»Da stimmt doch was nicht!« sagte Rawlings erregt und sprang auf. »Warum erfahre ich das jetzt erst?«
»Helen ist achtundzwanzig und eine Frau.« Finley grinste etwas blöd. »Kann sein, daß sie ihren Typ gefunden hat.«
»So plötzlich? Und wo?«
»Das kommt immer wie ein Blitzschlag. Und wo? Von David Abraham, der eine junge Witwe in Miami betreut, weiß ich nur, daß er Helen, elegant wie die Denver-Weiber, in die ›Old Smuggler-Bar‹ hat verschwinden sehen. Es scheint, unser Darling hat entdeckt, daß es auch etwas anderes als Delphine gibt.«
»Darum sollten wir uns intensiv kümmern, James«, sagte Rawlings völlig humorlos. »Helen ist nicht bloß eine Frau …«
»Anerkannt. Sie ist ein Wunderweib!«
»Nein! Sie ist auch ein ›Top secret‹! Und da wird's gefährlich, James, bei ihrem nächsten Ausflug
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