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Unternehmen Grüne Hölle

Unternehmen Grüne Hölle

Titel: Unternehmen Grüne Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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unpassend gewesen. Die schenkt man
bekanntlich nur der Herzallerliebsten.
    Überreichen sollte Gaby den Strauß.
    Tim kannte die Von-Jaburg-Adresse. Es
war eines der neusten und elegantesten Hochhäuser in der Friedensburger-Allee.
Zwölfstöckig ragte der Glas-Stahl-Beton-Bau in den wolkigen Abendhimmel. Die
straßenseitigen Fenster der sechsten Etage strahlten volle Beleuchtung ab. Das
ganze Stockwerk gehörte Stefanie. Eine sündhaft teure Eigentumswohnung. Und
viel zu groß für Mutter und Tochter. Aber an Geld herrschte ja kein Mangel.
    Wegen eines Kanals auf der Rückseite
hatte man den Wohnsilo dicht an die Allee gebaut. Nur Parkstreifen und Fußweg
trennten die Hausfront von der Fahrbahn.
    Tim und Klößchen hielten auf der
gegenüberliegenden Seite.
    Eine Grünanlage, nicht viel breiter als
ein Tennisplatz, erstreckte sich ein Stück entlang der Allee. Die Büsche waren
noch jung, hatten aber im letzten Sommer schon Blätter entfaltet. Die hingen
jetzt welk an den Zweigen.
    Zwischen Zierapfelsträuchern hockten
drei Penner auf umgestülpten Kisten. Sie ließen die Schnapsflasche kreisen. Das
Laternenlicht reichte kaum bis zu ihnen.
    Aber Tim bemerkte, daß sie hinüber zum
Haus starrten.
    Dort hatte die Anfahrt der Gäste
begonnen. Wagen um Wagen erkämpfte sich einen Platz auf dem Parkstreifen.
    Geschniegelte Gäste eilten zum Portal.
    Tim legte den Kopf in den Nacken und
blickte zur sechsten Etage hinauf.
    Hinter dem brusthohen Balkongitter, so
schien’s ihm, stand Elisa und sah zu ihnen herunter. Ja, sie war’s. Jetzt
winkte sie. Aber was sie rief, fegte der Wind stadteinwärts und war nicht zu
verstehen.
    „Ich nehme an, wir sollen hochkommen
und nicht warten, weil Pfote und Karl bereits da sind. Auf geht’s, Willi!“
    Im Moment stockte der Fahrzeugstrom.
    Nur ein dunkelblauer Wagen reihte sich
— in gerader Linie unter Elisa — auf dem Parkstreifen ein.
    Tim und Klößchen schoben ihre Drahtesel
hinüber.
    „Weißt du, was die Penner dort wollen?“
fragte Klößchen.
    „Ich vermute, sie warten darauf, daß
die Party endet.“
    „Was? Wieso?“
    „Um zu betteln. Ist eine alte Masche.
Die Schmalmacher (Bettler) haben spitzgekriegt, daß jemand, der
frohgestimmt und besäuselt ist, sein Portemonnaie eher aufmacht als einer mit
knieseliger Stinklaune. Deshalb passen sie Gelegenheiten wie diese ab.
Besonders in der Ballsaison von Anfang Januar bis Mitte März läuft da was. Ab
Mitternacht vor den Festhallen stehen die Penner mit ausgestreckter Hand. Und
die Gäste — bevor sie heimwärts torkeln oder ins Taxi fallen — sind spendabel.“
    „Starker Trick!“ meinte Klößchen.
„Daran werde ich denken, wenn ich später als Tangotänzer die Ballsäle abhotte.“
    „Du hast dir ja was vorgenommen.“
    Sie suchten einen Platz für die
Drahtesel.
    Gaby und Karl waren nicht mit ihren
umweltfreundlichen Tretmühlen gekommen — sondern gebracht worden: von Kommissar
Glockner mit dem Wagen.
    Die besten Plätze waren besetzt. Wo
parken?
    Schließlich stellten die
Adlernest-Bewohner ihre Tretmühlen neben dem Portal an die Hauswand und
sicherten mit dem Kabelschloß. Mit raschelnden Capes traten sie in die
Eingangshalle, wo alles Marmor war und ein Springbrunnen senkrecht sprühte.
    Vor dem Lift wartete ein affiger Typ.
    Jedenfalls trug er zur Smokinghose ein
goldfarbenes Jackett.
    Er wandte ihnen den Rücken zu, und sie
stellten sich hinter ihm an.
    Grinsend puffte Klößchen seinen Freund.
Gleichzeitig deutete er auf die Edelmetalljacke.
    Aber da die Lifttür einen spiegelnden
Glaseinsatz hatte, bemerkte der Typ Klößchens Gefuchtel — und drehte sich um.

11. Goldjacke
     
    Wenn schon, denn schon! dachte
Friedhelm — und wählte seine goldfarbene Abendjacke, als er sich bestlaunig für
die Party in Schale warf.
    Als Aufmerksamkeit für die Gastgeberin
hatte er eine seltene Orchidee erstanden. Sie lag in einem Klarsichtkarton und
sah nach nichts aus, allenfalls häßlich. Am Wegesrand stehend, wäre sie von
niemandem beachtet worden. Es sei denn, man hätte ihren Stengel mit dem
Preisschild geschmückt.
    Daß er sich für diese kostspielige
Häßlichkeit entschieden hatte, gehörte zu Friedhelms Charakter. Auf seine
versteckten Gemeinheiten, mit denen er gern um sich schlug, war er geradezu
stolz. Sein Mitbringsel mußte gewürdigt werden. Aber es erfreute kein Herz,
nicht mal das eines Unkraut-Fans.
    Mit seinem Wagen fuhr er zu Harry
Zatofskys Adresse.
    Arme Stefanie! Sie war arglos wie

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