Unternehmen Grüne Hölle
Wer hat den geklaut — dreckig wie er ist?
Er rannte. Er verlor die Zeitung. Dann
war er an der Garage und riß das Tor hoch.
Verblüfft glotzte er auf seinen Wagen.
Nanu, der war ja noch da!
Er stieg ein und durchsuchte das
Handschuhfach. Dann den Kofferraum. Nichts fehlte.
Offensichtlich hatte der Eindringling
auch gar nicht versucht, die Zündung kurzzuschließen.
Darauf konnte sich Harry Z keinen Reim
machen.
*
Diese Enttäuschung!
Wäre ihm das Schicksal in Fleisch und
Blut begegnet, hätte Friedhelm Merpe mit den Fäusten draufgeschlagen.
Natürlich war Harry Z längst
abgefahren, als er, Friedhelm, endlich die Party verlassen konnte.
Aber so ein Kaugummi — der klebt. Und
auffällig ist er nicht.
Deshalb hatte er nachts den Volvo
untersucht — und auch die Stelle entdeckt, wo noch etwas von der Kaumasse
haftete.
Elender Mist!
Sicherlich war er gerast wie ein
Wilder, der betrunkene Gauner! Und dabei hatte der Fahrtwind über die
Klebrigkeit gesiegt.
Friedhelm tat kein Auge zu.
Sobald der Herbstmorgen etwas fahles
Licht zeigt, fuhr er wieder und wieder die Strecke ab: zwischen Stefanies
Adresse und Harry Zatofskys Haus.
Es war lächerlich. Wie sollte er den
Kaugummi finden?
Den hatte sich längst ein Kehrfahrzeug
der Straßenreinigung einverleibt. Oder er klebte breit unter einem Autoreifen —
und der Saturn-Diamant war zerbröselt wie Torf.
Der zweite Fehlschlag! Das hält doch
kein Mensch aus. Dabei hatte er ihn schon in der Hand gehalten, den begehrten
Schmuckstein mit seiner farblosen Schönheit.
Keine Beute, kein Geld. Und blamiert
war er außerdem.
Am besten, dachte er, ich melde mich
gar nicht bei diesem Kameltreiber Gasthmi. Soll der doch denken, daß ich als
aufrechter Europäer mit politischen Nah-Ost-Flüchtlingen keine Geschäfte mache.
Dieses Gesindel! Eine Schande, daß die das Geld haben — und wir nur den edlen
Charakter.
Mißmutig fuhr er in die Stadt, um sich
in einem Bistro (kleine, französische Gaststätte) ein magenfreundliches
Katerfrühstück reinzuziehen: Milchkaffee und lasches Weißmehlgebäck.
*
So wird man also zum Einbrecher! dachte
Harry. Aber für den Einsatz lohnt es sich.
Er hatte sich vergewissert, daß
Friedhelm nicht da war, hatte die Hintertür geknackt und begann jetzt das Haus
zu durchwühlen.
Es stand, weit zurückgesetzt von einer
Vorort-Straße, in einem verwilderten Garten.
An der Garderobe hing die goldfarbene
Abendjacke, die Friedhelm gestern getragen hatte.
Harry griff in alle Taschen. Verwundert
stellte er fest, daß Friedhelm seine Brieftasche vergessen hatte. Sie enthielt
Papiere und Geld, aber keinen Diamanten.
Er suchte weiter.
In einer Schublade fand er einen
anklebbaren Vollbart, eine Perücke und eine Brille mit Fensterglas.
ts... ts... ts..., zischelte er durch
die Zähne, das war ja sehr aufschlußreich. Raubte Merpe Banken aus? Oder führte
er ein Doppelleben? Um Faschingsausrüstung handelte es sich jedenfalls nicht.
Harry ging durch alle Räume und
überlegte.
Wo hätte er den Diamanten versteckt?
*
Sie nervte ihn, diese blöde Kuh von
Serviererin! Sah die denn nicht, wen sie vor sich hatte. Daß er
gesellschaftlich erste Sahne war und kreditwürdig wie ein Ölscheich!
„Es macht neun-Mark-achtzig“, sagte die
Blonde und starrte Friedhelm mißtrauisch an. „Wieso können Sie nicht bezahlen?“
„Weil ich kein Geld bei mir habe! Ich
erkläre es Ihnen doch dauernd. Portemonnaie und Brieftasche liegen zu Hause.“
„Dann können Sie hier nicht
frühstücken, wenn Sie kein Geld haben.“
„Junge Frau“, ächzte er. „Als ich kam,
wußte ich nicht, daß ich mein Geld vergessen habe.“
„Wir nehmen auch Eurocheques.“
„Ich habe nichts bei mir. Nur
Autoschlüssel und Taschentuch. Wenn Sie mir ein bißchen vertrauen, bin ich in
20 Minuten zurück.“
„Woher soll ich wissen, ob ich Ihnen
vertrauen kann?“
„Sie haben doch Menschenkenntnis.“
Innerlich kochte er.
„Eben.“
„Was heißt das?“
Ihr Blick fiel auf seine Armbanduhr.
„Gold, ja?“
„Allerdings.“
„Lassen Sie die als Pfand hier, dann
weiß ich, daß Sie wiederkommen.“
„Was? Die Uhr hat 6000 Mark gekostet.
Wegen lumpiger neunachtzig...“
Dann schloß er die Augen, nahm die Uhr
ab, richtete den Blick auf die mauleselsture Bedienung und reichte ihr die Uhr.
„Bitte, vorsichtig damit umgehen! Sie
verträgt keine Erschütterung, keine Feuchtigkeit und kein lautes Geräusch.“
„Dann hat sie
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