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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Abendpresse hinzukam, konnten mehrere Wochen daraus werden.
    Der Posten eines Auslandskorrespondenten war aus Tradition eine Belohnung für lange treue Dienste und wurde als eine Art ökonomisches Legat angesehen, da er unter anderem drei oder gar fünf Jahre lang eine Befreiung von der schwedischen Einkommensteuer mit sich brachte. Man konnte sich dann also eine Villa oder eine Eigentumswohnung kaufen oder Studiendarlehen zurückzahlen oder sich eine Scheidung leisten und ähnliches. Da die journalistischen Aspekte einer Ernennung den Fragen der finanziellen Gerechtigkeit folglich völlig untergeordnet waren, waren Verhandlungen dieser Art von gewerkschaftlichen Interessen geprägt. Das führte zu einer Reihe schwieriger Fragen bei den Verhandlungen, die sich nicht ohne weiteres auf ausgewogene Weise klären ließen. Beispielsweise wenn es darum ging, wie sich ein Kandidat zu Fragen der Gleichberechtigung verhalten hatte, oder wenn zu beurteilen war, ob seine Berichte von diesem oder jenem Krisenherd der Welt allzu regimefreundlich oder regimefeindlich gewesen waren.
    Eine Störung durch einen Anruf war für Erik Ponti bei einer solchen Konferenz also ebenso willkommen wie diplomatisch unmöglich. Er hatte seiner Sekretärin schon resigniert mitgeteilt, er werde innerhalb der nächsten Stunden von niemandem mehr ein Gespräch annehmen können, es sei denn, es wäre ein Ministerpräsident am Apparat.
    Um so merkwürdiger erschien es da, daß sie jetzt plötzlich die Tür aufmachte und etwas von einem Anruf flüsterte, ohne zu sagen, wer es war. Ihrer Miene war jedoch zu entnehmen, daß das Gespräch wichtig genug war.
    Noch bemerkenswerter war natürlich, daß Erik Ponti das Gespräch im Konferenzraum entgegennahm, seinen Namen nannte, ein paar Sekunden zuhörte und dann mitteilte, er werde sofort kommen. Die Anwesenden glaubten ihren Augen nicht zu trauen, als er auflegte, sich erhob und hinausging. In der Tür drehte er sich noch einmal um und sagte, er werde in etwa einer Stunde zurück sein. Die Konferenz ging kurz in einem chaotischen Stimmengewirr unter, bevor sie vertagt wurde.
    Anschließend bestellte Carl sofort ein neues persönliches Gespräch mit Generalleutnant Giuseppe Cortini. Er bestellte das Gespräch absichtlich über die Zentrale, damit da unten in Rom gleich klar wurde, daß er nicht einfach aus einer Telefonzelle anrief. Dahinter steckte eine sehr einfache Psychologie.
    Wenn jetzt eine Reihe von Telefonistinnen und Sekretärinnen mitteilten, ein Fregattenkapitän Hamilton vom Generalstab in Stockholm wünsche Generalleutnant Cortini vom Verteidigungsministerium in Rom zu sprechen, wurde aus einem privaten Gespräch ein offizielles.
    Carl sah unruhig auf seine Armbanduhr, da er niemals zu spät zu einem Treffen erschien und Erik Ponti in dreizehn Minuten sehen sollte.
    Das Gespräch kam jedoch schnell zustande, und Cortini war selbst am Apparat. Carl teilte kurz mit, daß er um ein weiteres persönliches Treffen nachsuche, um über die neuen Komplikationen der Angelegenheit zu sprechen. Er schlug den gleichen Treffpunkt und die gleiche Uhrzeit in zwei Tagen vor.
    Cortini akzeptierte sofort und ohne zu zögern, was sich vielversprechend anhörte. Noch vielversprechender war, daß er etwas über die neuen und unerwartet großen Dimensionen der Sache murmelte. Das war vielleicht ein Hinweis darauf, daß alles nicht nur wie berechnet lief, sondern überdies viel schneller als erwartet. Der große Bruder in der NATO war also aufgewacht.
    Nach dem kurzen Telefonat begab sich Carl auf den Parkplatz vor dem Generalstabsgebäude und nahm sich einen der zivilen Dienstwagen der Firma. Sieben Minuten später holte er Erik Ponti ein, der zu ihrem alten Treffpunkt auf Djurgården zu Fuß unterwegs war. Carl verlangsamte die Geschwindigkeit, öffnete die Tür, und Erik Ponti stieg ein, ohne auch nur überrascht zu wirken.
    »Lang time no see«, sagte er zur Begrüßung.
    »Ja«, erwiderte Carl lächelnd, »Leute wie ich pflegen sich meist von Leuten wie dir fernzuhalten. Es ist aber nichts Persönliches.«
    »Nein, das glaube ich auch nicht. Und Leute wie ich müssen sich leider mächtig ins Zeug legen, wenn sie ein Wild deines Kalibers zu Gesicht bekommen wollen. Das ist auch nicht persönlich gemeint. Also. Krieg gegen die Mafia oder was?«
    »Es ist nicht so, wie du glaubst. Ich habe soeben mein Testament geschrieben, und es betrifft dich.«
    Erik Ponti wußte nicht, was er sagen sollte. Hamilton war im

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