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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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es etwas gibt, was für beide Seiten interessant ist. Ich gebe ihm heute abend einen Tip wegen unserer Story, und morgen ist sie in Italien draußen. Ist dir das recht?«
    »Das ist mir sehr recht. Falls wir uns nicht mehr sehen sollten: Es war jedenfalls sehr angenehm, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Mr. Ponti.«
    Carl lächelte und reichte Ponti die Hand zu einem festen und etwas langgezogenen Handschlag.
    Erik Ponti hatte das starke Gefühl, daß sie sich nie mehr wiedersehen würden, daß Hamilton tatsächlich gute Gründe dafür gehabt hatte, sein Testament zu machen. Aber dagegen war nicht viel zu unternehmen. Jetzt galt es nur, das Material, das Hamilton ihm ja tatsächlich übergeben hatte und das unabhängig von den Motiven der Quelle interessant genug war, in den schwedischen Nachrichten ganz oben zu landen - zumindest in den kommenden vierundzwanzig Stunden -, zu lancieren. Die Mafia hatte also versucht, sich schwedische Spezialraketen zu verschaffen, eine phantastische Story.
    »Noch etwas«, sagte Erik Ponti, als er schon ausgestiegen war und gerade die Tür zuschlagen wollte, »an wen will die Mafia denn die Raketen weiterexportieren?«
    Carl schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Ich muß los. Es ist nicht gut, wenn uns jemand hier zusammen sieht«, sagte er und fuhr los, bevor Erik Ponti Zeit gehabt hatte, die Wagentür zu schließen.
    Ponti sah hinter dem Wagen her, als er um den Parkplatz vor dem Funkhaus herumfuhr. Als der Wagen auf dem Weg zur Oxenstiernsgatan vor einer roten Ampel hielt, beugte sich Hamilton über den Beifahrersitz und schloß die Autotür.
    Als die Ampel auf Grün schaltete, bog Carl nach links und fuhr in Richtung Strandvägen. Er war selbst erstaunt, als er sich dabei ertappte, zur Musik aus der Stereoanlage vor sich hin zu summen.
    Für gute Laune war wahrlich noch nicht die Zeit. Bis jetzt hatte er nur die einfachen Vorhaben des Tages erledigt. Jetzt stand ihm noch etwas Schweres bevor.
    Kurze Zeit später parkte er vor dem Postamt am Slottsbacken und ging zu Fuß nach Hause. Er joggte die Treppen hoch und betrat ohne eine Sekunde zu zögern sein Haus, das er jetzt vermutlich zum letzten Mal sah. Im Flur fiel ihm als erstes auf, daß der Kinderwagen fehlte, und damit entwich sofort die Luft aus ihm. Er ging niedergeschlagen in die Küche und preßte ein paar Apfelsinen aus, trank den Saft in einem einzigen Zug, verschwand dann hinter seinen Stahltüren und zog sich schnell um.
    Er begann, einige Serien zu schießen, abwechselnd mit Pistole und Revolver. Die Trefferquoten lieferten ihm so etwas wie eine wissenschaftliche Bestätigung dessen, was er in sich spürte, daß er sich nämlich in vollkommenem Gleichgewicht befand und sich harmonisch und entspannt fühlte. Das erfüllte ihn mit einer Mischung aus Freude und Zuversicht, und so setzte er seine Schießübungen viel länger fort, als er ursprünglich vorgehabt hatte.
    Die Waffen wurden zu einem Teil seiner selbst, zu einer Verlängerung seiner Gedanken und Gefühle. Es gab nichts mehr außer dem verschwommenen Ziel und der scharfen Linie zwischen Kimme und Korn.
    Als ihm schließlich aufging, daß ihm die Zeit zu sehr davonlief, packte er seinen Revolver ein, nicht den, mit dem er geübt hatte, sondern den, den er im Kampf verwendete. Er legte ihn in seine dafür vorgesehene besondere Aktentasche, wählte verschiedene Munitionstypen aus, die insgesamt gegen alles verwendet werden konnten, angefangen bei menschlichen Weichzielen mit maximalem Aufsaugeffekt nach dem Aufprall bis hin zu gepanzerten Zielen.
    Dann wandte er sich seinem Gymnastikprogramm zu und schloß mit einem systematischen Durchgang der Nahkampfübungen, die er seit mehr als zehn Jahren so gut wie täglich praktiziert hatte. Dabei behielt er ständig sein Gefühl von Selbstbeherrschung und guter Laune.
    Er duschte und setzte sich im Wohnzimmer aufs Sofa, um zu warten. Wahrscheinlich war sie mit dem Kind spazierengegangen. Es war zwar schönes und angenehmes Sommerwetter, doch er war jetzt schon mehr als zwei Stunden zu Hause und mußte bald wieder weg. Er überlegte, ob er ihr einen Brief hinterlassen sollte, ein paar kurze Zeilen, in denen er erklärte, wie es stand.
    Doch das erschien ihm als Flucht, als feige Flucht, und außerdem löste sich das Problem von selbst. Sie kam nämlich nach Hause. Er saß still auf dem Sofa und hörte sie draußen im Flur leise vor sich hin fluchen und mit dem Kinderwagen hantieren. Er hörte, wie Johanna Louise quengelte, und

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