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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Naval Trading Company. Wie Sie verstehen, ist das natürlich kein ziviler Absender. Die Sendung wiegt vielleicht fünf oder sechshundert Kilo und ist in zwei oder drei Stahlkoffern stabil untergebracht. Ich möchte Sie bitten, die Sendung entgegenzunehmen und unter Bewachung aufzubewahren, bis ich sie bei späterer Gelegenheit abhole.«
    Oberst Da Piemonte wischte sich mit einem Taschentuch die Stirn, während er mit einem theatralischen Seufzer langsam und hörbar Luft entweichen ließ. Es war kühl in der Kirche, und die Temperatur konnte Da Piemonte unmöglich zum Schwitzen gebracht haben, wie Carl feststellte. Er zwang sich, nicht zu lächeln.
    »Ich möchte nicht unhöflich sein«, sagte Da Piemonte mit einem scharfen Ton, der offenbar etwas anderes aussagte als die Worte, »aber wenn Sie wollen, daß ich für Sie etwas schmuggele, müßte ich zumindest wissen, was ich schmuggele, finden Sie nicht auch?«
    »Doch, das ist eine vernünftige Forderung. Die Sendung enthält kein anderes organisches Material als Stoff. Im übrigen handelt es sich um Metall, technische Ausrüstung. Militärische technische Ausrüstung aus einem NATO-Land.«
    »Ist das alles, was Sie mir zu erklären gedenken?«
    »Mein lieber Oberst! Lassen Sie uns doch nicht unhöflich sein. Ich habe Ihnen jetzt sowohl gesagt als auch nicht gesagt, worum es sich handelt. Nichts ist illegal. Sie vertreten die italienischen Streitkräfte und nehmen Verteidigungsmaterial von einem NATO-Verbündeten entgegen. Wir verstoßen also nicht gegen Gesetze. Die Sendung enthält nichts, was die italienischen Streitkräfte nicht entgegennehmen oder anwenden dürften.«
    »Nein, aber die Frage ist doch, was geschieht, wenn ein anderer, Sie nämlich, dieses Material verwendet.«
    »Ja, natürlich. Aber wir sind doch auch Verbündete, nicht wahr? Besprechen Sie die Angelegenheit ruhig mit Rom, wenn Sie sich unsicher fühlen. Die Kisten sind mit Kombinationsschlössern versehen. Wenn Sie darauf bestehen, kann ich zu Ihnen kommen und sie öffnen.«
    Damit war das Gespräch beendet. Sie blieben noch eine Zeitlang sitzen und betrachteten das Goldmosaik. Von Zeit zu Zeit steckte ein Besucher eine Hundert-Lire-Münze in einen der Automaten an den Wänden des Kirchenschiffs, worauf eine oder mehrere Sektionen mit Scheinwerfern angestrahlt wurden, bis das Licht nach etwa einer Minute plötzlich ausging, falls kein neuer Besucher wieder eine Münze einwarf.
    »Glauben Sie an Gott, Comandante?« fragte Da Piemonte schließlich.
    »Nein«, erwiderte Carl. »Ich glaube nur an richtig und falsch, gut und böse und natürlich auch an den Sieg des Guten. Wieso?«
    »Gott sei mit Ihnen, Comandante«, sagte Da Piemonte, klopfte Carl freundlich auf die Schulter und ging zum Ausgang.
    Carl blieb sitzen. Er hatte das Gefühl, im Auge des Orkans zu ruhen, in absoluter Ruhe. Er verscheuchte jeden Gedanken an seine fieberhafte Planungsarbeit, alles, was er sich gemerkt hatte, alle verschiedenen Lösungen, welche die Logistik betrafen, die Kommunikation sowie direkte Aktionen, und ließ in aller Ruhe die Phantasie das Kommando übernehmen, während der Blick über die Bildfolgen von dem guten Noah und den Strafurteilen der Erzengel glitt. Er hatte das Gefühl, als stünde die Zeit still, als hätte er hier auch vor achthundert Jahren sitzen und derselbe Mensch sein und sich vor der unvermeidlichen Schlacht sammeln können. Andere hatten es vor ihm getan, doch alle diese anderen waren tot, verschwunden und von der ewig sich weiterentwickelnden Geschichte vergessen. In irgendeinem Sinn würde er auch selbst bald nicht mehr da sein, und bald konnte aus seiner Perspektive drei Tage oder dreißig Jahre bedeuten.
    Der Tod befand sich dort ebenfalls an der Wand, natürlich der Sensenmann, doch erschien er nicht sonderlich erschreckend, sondern wirkte eher wie eine alltägliche Erscheinung unter all den Engeln und dem arbeitenden Volk, das bei der Ernte und an den Weinpressen arbeitete und dabei von den Engeln überwacht wurde. Hoch oben über allem die alles sehenden Augen im Bild von Jesus Christus.
    Carl schloß die Augen, lehnte sich zurück und genoß die Stille in sich. Er ruhte im Augenblick.
    Für Luigi Bertoni-Svensson hatten die letzten sechs Stunden eine entscheidende Veränderung gebracht.
    Er hatte zwei Tage damit verbracht, in einem Dreieck zwischen dem kleinen Badeort Capo San Vito, der Hafenstadt Trapani, der Weinbaustadt Calatafimi und Castellammare del Golfo kreuz und quer

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