Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
herumzufahren. Am Tage ließ der Verkehr sofort nach, sobald er die Hauptstraße zwischen Castellammare und Trapani verließ. Zumindest in den Weinbaugebieten war während der heißen Stunden kein Autofahrer ohne zwingenden Grund unterwegs. Die Hauptstraßen hingegen waren ständig von Autoschlangen mit Caravan-Touristen blockiert, sogar während der heißesten Stunden des Tages.
    Luigi hatte sich eine einigermaßen zuverlässige Auffassung davon verschafft, wo und wie ein Austausch stattfinden konnte, nämlich im Weinbaugebiet in der Nähe der Dörfer Buseto und Ballata zwischen zwei großen Hauptstraßen. Das eröffnete mehrere Möglichkeiten. Man konnte sich der Stelle aus jeder Himmelsrichtung nähern und in eine andere Richtung fliehen. Wenn man Transportmöglichkeiten zur See besaß, konnte man überdies nach Süden abbiegen, etwa zur Küste vor Marsala, statt in die erwartete Richtung Palermo zu fahren. Er durfte jedoch nicht vergessen, daß die Straßen kaum mit den Karten übereinstimmten und daß er Ankunft und Flucht noch öfter üben mußte.
    Er hatte ein Gefühl von Unwirklichkeit gehabt. Es war ihm schwergefallen einzusehen, daß er tatsächlich an einem Unternehmen teilnahm. Dafür hatte er jedoch reichlich Zeit gehabt, alles zu planen und sich eine gute Methode auszudenken, wie er sich bei der ersten gefährlichen Gelegenheit telefonisch bei Trident melden konnte. Zu seinem Vergnügen hätte er um ein Haar sogar den Chef persönlich hereingelegt, als er ihn anrief und mit seinem filmreif übertriebenen italienischen Akzent sprach. Außerdem hatte er genau richtig geraten und auf Autovermietung getippt, als er erklärte, dieser kleine Fehler mit dem Fensterheber könne jetzt erledigt werden, wenn Signor Hamiltone nur so freundlich sein wolle, den Wagen zu bringen. Carl hatte erst nach einiger Zeit begriffen, daß er auf den Arm genommen worden war, worauf er um eine Wegbeschreibung bat. Der Rest war Routine gewesen.
    Hamilton war natürlich aus der von Luigi vorgeschlagenen Richtung gekommen und schon darauf eingestellt gewesen, daß fünfhundert Meter vor dem Ziel wahrscheinlich ein Anhalter stand. Luigi war schnell eingestiegen und hatte den Wagen umdirigiert. Es war alles gut gegangen. Keine Verfolger und bis jetzt keine Gefahr, entdeckt zu werden.
    Von jetzt an verfügten sie zumindest über eine sichere Kommunikation per Funk mit codierten Signalen. Jetzt galt es, den dritten Mann mit einem Funkgerät auszurüsten und einen Teil der Ausrüstung auf die Basis draußen auf See zu bringen. Danach wären sie mit dem größten Teil der routinemäßigen Vorbereitungen fertig und konnten in eine aktivere Phase übergehen. Dann würde alles, was jetzt noch unwirklich erschien, zu etwas völlig anderem werden.
    Luigi schwankte zwischen Pessimismus, den er zu bekämpfen suchte, und übersteigertem Optimismus. Hätte man ihm oder einem seiner Bekannten gesagt, er werde mit Carl und Åke gegen eine Mafia-Familie mit Heimvorteil auf Sizilien antreten, wäre darüber nur gelacht worden. Sechs Millionen Einwohner, zehn Prozent davon mehr oder weniger mit der Mafia verbunden - das bedeutete unter anderem sechshunderttausend Feinde, sechshunderttausend Augenpaare sowie ferner, daß so gut wie jeder, jeder beliebige Obsthändler, Chorknabe, Vespa-Fahrer, Polizist, Kellner, Tankwart, Bademeister, Bäcker, angeblicher Urlauber, jeder junge Lümmel, jeder Autovermieter oder Parkwächter plötzlich eine lupara oder eine Automatic hervorziehen konnte, und zwar an jedem beliebigen Ort.
    Hamilton schien sich der Schwierigkeiten jedoch durchaus bewußt zu sein. Über das Problem hatte er nicht sehr viel gesprochen, doch sein Hinweis darauf, daß alle Operationen koordiniert im Dunkeln stattfinden würden und niemals bei Tage, deutete darauf hin, daß er um die Größe der Schwierigkeiten wußte. Er hatte auch etwas davon gebrummelt, das Unbekannte jage immer mehr Angst ein als das Bekannte, daß die Strategie des Gegners gerade auf dem Wissen der Allgemeinheit aufgebaut sei, daß sie selbst aber nach genau entgegengesetzten Grundsätzen verfahren würden. Ihr Gegner würde nie erfahren, wie viele sie waren oder wie sie hießen, und würde auch nie Gelegenheit erhalten, Zeit und Ort zu wählen, würde nie die Initiative ergreifen dürfen, würde sie nie überraschen können.
    Bei dem ständigen Schwanken zwischen Optimismus wegen des phantastischen Elements bei ihrem Vorhaben und Pessimismus wegen der unmöglichen

Weitere Kostenlose Bücher