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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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betreffen. Schwedische Gäste hätten sie schon lange nicht mehr gehabt, erklärte der Portier.
    Sie wurden also erwartet. Demnach hatte wenigstens dieser bisher wichtigste Teil funktioniert.
    Sie trugen ihre Taschen selbst zu den Fahrstühlen, die sich als kleine Sardinendosen aus Aluminium erwiesen, obwohl ein Schild an der Wand behauptete, die Blechbüchse sei für sechs Personen zugelassen. Sie nahmen je einen Fahrstuhl.
    Dann inspizierten sie ihre Zimmer. Joar hatte eins zur Straßenseite hin erhalten. Es war etwas größer als das von Carl, das auf der Hofseite lag. Der größte Teil der Einrichtung machte einen verfallenen Eindruck. Die Zimmer waren stickig und feucht von der dröhnenden Klimaanlage. In Carls Zimmer fanden sich an der beige melierten Tapete an dem einen Bett Blutspritzer. Carl lehnte Joars Vorschlag, die Zimmer zu tauschen, mit dem Scherz ab, es wäre zu ärgerlich, wenn die sizilianischen Freunde den falschen Mann ermordeten. Joar schien dieser Scherz nicht im mindesten zu amüsieren.
    »So«, sagte Carl und ließ sich schwer auf das Bett neben dem Telefon fallen, »dann brauchen wir nur noch anzufangen.«
    Er suchte eine Weile in seinen Taschen, bis er den Umschlag des Verteidigungsministeriums in Rom fand. Dann wählte er die angegebene Telefonnummer mit der selbstverständlichen Einstellung des Westeuropäers, der immer davon ausgeht, daß er die gewählte Nummer erreicht, daß man nur zu sagen braucht, wer man ist, und den gewünschten Gesprächsteilnehmer verlangt.
    Kaum etwas davon traf ein. Nachdem er sich eine Zeitlang immer wieder bemüht hatte, konnte er immer noch nicht mit Sicherheit wissen, ob er überhaupt das Hauptquartier der Carabinieri in Palermo erreicht hatte. Er wußte auch nicht, ob man überhaupt verstanden hatte, wer er war, wen er suchte, oder ob man ihn nur gebeten hatte, zur Hölle zu fahren.
    Er überlegte, ob er das Hotelpersonal um Hilfe bitten sollte, schlug sich das jedoch schnell aus dem Kopf. Wenn diese Leute dieses Wissen an die sizilianischen Freunde weitergaben, würde das nur zu unnötigen Mißverständnissen führen können. Er versuchte es erneut und fragte auf eine Art Italienisch CARABINIERI? Er erhielt eine Antwort, die er als Ja deutete.
    Dann versuchte er erneut nach jemandem zu fragen, der englisch sprach, und erhielt eine Suada zur Antwort, deren Inhalt er nicht einmal ansatzweise erraten konnte. Als der Wortschwall aufhörte, nannte er seinen Namen, den des Hotels und sagte colonello Da Piemonte. Es hörte sich an, als wäre die Botschaft irgendwie angekommen, da die Stimme am anderen Ende sowohl ein geringeres Tempo als auch weniger Empörung an den Tag legte.
    »Wenn es nicht klappt, müssen wir mit einem Taxi hinfahren«, sagte er mutlos, als er den Hörer auflegte. »Oder hingehen, da der Taxifahrer wahrscheinlich nicht versteht, was ich sage. Ich dachte, das hier wäre ein Stadtteil wie in New York oder so.«
    »In dem man dann ebenfalls nichts außer Italienisch spricht. Was machen wir jetzt?«
    »Wir warten.«
    »Auf was?«
    »In erster Linie darauf, daß dieser Carabinieri-Oberst von sich hören läßt, zweitens auf die Gangster. Wenn sich im Lauf einiger Stunden niemand meldet, werden wir uns wohl auf möglichst intelligente Weise zu Fuß zu den Carabinieri durchschlagen müssen.«
    »Ist es gut, wenn man uns dort sieht?«
    »Wahrscheinlich nicht. Du hast noch einiges zu lesen?«
    »Ja, was darf’s denn sein? Ich selbst habe mit der Taktik des Feindes angefangen, aber du kannst dir erst mal den historischen Hintergrund, Ökonomie oder Psychologie vornehmen.«
    »Ich glaube, ich gehe der Reihe nach vor. Also erst die Geschichte«, erwiderte Carl. Er erhob sich hastig und ging zur Tür, die laut quietschte, als er sie öffnete. Beide erstarrten und betrachteten sie mißtrauisch. Carl bewegte sie vorsichtig ein paar Mal hin und her. Die beiden Männer wechselten einen amüsierten und vielsagenden Blick und gingen in Joars Zimmer auf der anderen Seite des Korridors. Joar gab Carl ein Buch, das gediegen wissenschaftlich aussah und dem Titel nach zu urteilen den sozialen Ursprung der Mafia beschrieb, vor allem die Verhältnisse auf dem sizilianischen Land in den neunzehnhundertdreißiger Jahren. Carl betrachtete den blauen Umschlag, seufzte, nickte kurz und ging wieder in sein Zimmer.
    »Wir lassen uns ein paar Stunden Zeit. Wenn bis zum Nachmittag nichts passiert ist, müssen wir uns selbst eine Initiative ausdenken«, sagte er im

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