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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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hatten den jungen Mann erschossen.
    Die Bosse der verschiedenen Banden gaben Millionen von Dollar dafür aus, sich mit elektronischen Alarmanlagen, Infrarotalarm, gepanzerten Türen, Leibwachen und »schußsicheren« Sonderanfertigungen von Alfa Romeo zu umgeben.
    Ebenso verblüffend war die Angabe, die siegreiche Seite habe während drei Jahren Krieg keinen einzigen Mann verloren. Die später siegreiche Seite hatte damit begonnen, zunächst die Führung der Gegenseite zu liquidieren, und anschließend hatten sich die einfachen Soldaten erschießen oder zu Tode foltern lassen, ohne Widerstand zu leisten oder aus Palermo zu flüchten.
    Joar Lundwall verfiel ins Grübeln. Wenn dies der Feind war, dann war er weitgehend unbegreiflich und folglich erschrekkend. Wenn Carl und er mit solchen Leuten verhandeln sollten, drohte die Gefahr, daß man einander nicht verstehen würde. Es war jedenfalls keine schwedische Verhandlung über Tariflöhne, die ihnen hier bevorstand.
    Sizilien zeigte sich als bergige Küste im Sonnendunst. Er weckte Carl mit einem leichten Ellbogenstoß in die Seite.
    »Danke«, sagte Carl, streckte sich wie eine Katze und sah auf die Uhr, bevor er einen Blick aus dem Fenster warf. »Muß unangenehme Winde geben, wenn man einen Flughafen so nahe an Berghänge baut«, stellte er dann fest und klappte sein Tischchen an der vorderen Rückenlehne hoch.
    Punta Raisi war ein kleiner, schäbiger Flugplatz, etwa so, wie sie erwartet hatten, und überdies auf fast parodistische Weise chaotisch, da eine Boeing 747 soeben mit einer unbegreiflich großen Ladung von Sizilianern aus New York angekommen war. Rom und New York waren die einzigen Weltstädte mit Direktverbindung nach Palermo. Auf dem Flughafen wimmelte es von Carabinieri, denen abgenutzte Maschinenpistolen über die Schultern hingen, aber der Zoll winkte alle Neuankömmlinge einfach durch, als gäbe es nicht den geringsten Anlaß zu glauben, jemand könnte etwas nach Sizilien schmuggeln. Soviel die beiden sehen konnten, waren sie die einzigen Nicht-Italiener in dem Menschengewühl. Um sich herum hörten sie keine andere Sprache als Italienisch. Vor den bescheidenen Tresen der Autovermietungen waren keine Schlangen. Sie mußten trotzdem mehrere Anläufe machen, um eine Firma zu finden, in der jemand englisch sprach. Wagen waren reichlich vorhanden. Sie wählten das Modell mit dem stärksten Motor, einen großen Alfa Romeo.
    Kurze Zeit später waren sie nachdenklich schweigend unterwegs nach Palermo. Die Autobahn war von europäischem Standard, das Tempo mäßig, kaum schneller als auf schwedischen Autobahnen im Sommer. Beide Männer schwiegen gedankenverloren, hielten aber ständig nach interessanten Details Ausschau, als hätte ihr Job jetzt begonnen.
    »Was war in dem Umschlag, den wir bekommen haben?«
    fragte Joar nach einer Weile.
    »Den man mir beim Bezahlen in die Hand drückte? Weiß nicht so genau«, lachte Carl.
    »Was soll das heißen, weiß nicht?«
    »Es ist alles auf italienisch, und ich glaube nicht, daß wir das Hotelpersonal um eine Übersetzung bitten sollten, wenn wir ankommen«, sagte Carl und zog den Umschlag aus der Innentasche. Er faltete den Inhalt auseinander. »Es ist jedenfalls ein Dokument, das offenbar vom Verteidigungsministerium ausgestellt ist. Es ist von einem General und einem Verteidigungsminister unterzeichnet. Ja, da steht noch etwas vor Verteidigungsminister. Vielleicht ist er stellvertretender Verteidigungsminister oder ehrbarer Verteidigungsminister.«
    »Aha. Und was sagen die Herren?«
    »Woher soll ich das wissen? Es sieht aus wie eine Genehmigung zum Waffentragen, aber ich habe den Eindruck, daß es irgendwie ungenau ist oder vielleicht mit Vorbehalten versehen. Das ist sowieso nur von akademischem Interesse.«
    »Inwiefern?«
    »Weil wir keine Waffen brauchen. Wir sind nur Botenjungen. Ja, und dann steht da noch die Telefonnummer unseres Carabinieri-Obersten.«
    Joar wollte keine Einwände erheben, und damit verlief das Gespräch im Sand. Beide kehrten zu ihren mehr oder weniger unbewußten Beobachtungen zurück.
    Die Region war dicht bebaut. Die Ortschaften lagen wie eine Perlenschnur an der Küste, und sie fanden sich bald in so etwas wie einem Vorort wieder, der fast überall in der Welt hätte stehen können. Der Verkehr wurde zunehmend dichter.
    Palermo wirkte wie eine riesige Vorstadt mit nicht allzu hohen Häusern in einer Art Kessel am Meer. Beide hatten sich vermutlich etwas Schönes oder zumindest

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