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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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betrachteten.
    »Also«, sagte der Ministerpräsident, als er den Augenblick für gekommen hielt, wieder die Initiative zu ergreifen. »Wir verfahren folglich weiter nach den Richtlinien, die hier dargelegt worden sind. In der Öffentlichkeit stehen Regierung und Außenministerium dafür ein, daß wir tun, was wir können, daß wir an der Sache arbeiten, daß wir aber nicht sagen können, wie oder mit wem und woran, nur daß wir mit italienischen Behörden zusammenarbeiten. Wie hier schon dargelegt worden ist, bedeutet dies auch, daß wir mit der italienischen Mafia verhandeln oder zumindest die Absicht haben, es zu tun, und daß wir über ein schwedisches Unternehmen bereit sind, ganz einfach ein Lösegeld zu zahlen. Dieses werden wir öffentlich jedoch nicht eingestehen. Wir hoffen, daß Sie diese Linie unterstützen und in der Öffentlichkeit nicht über dieses Treffen berichten.«
    Es wurde still im Raum. Man hatte sich geeinigt. Die Anwesenden nickten einander zu und erhoben sich. Auf dem Weg nach draußen stieß der Chef der Bauernpartei spielerisch den ehemaligen Kommunisten an, damit dieser aufwachte und hinter den anderen hertaumeln konnte.
    Der Ministerpräsident hatte es eilig, zu einer Wahlversammlung zu kommen, und schob seine beiden Mitarbeiter fast zu den Fahrstühlen.
    »Was meint ihr?« fragte er eine Spur heiserer als üblich, und zwar genau in dem Augenblick, in dem die metallisch glänzenden Fahrstuhltüren vor dem Gesicht des erstaunten ehemaligen Kommunisten zugingen.
    »Wenn nichts passiert, gibt es keine Probleme«, stellte Staatssekretär Lars Kjellsson fest und warf seinem Kollegen aus dem Außenministerium einen vielsagenden Blick zu, der manches bedeuten konnte.
    »Was meinst du, Peter?« fragte der Ministerpräsident, als wäre er dem Blick seines engsten Mitarbeiters gefolgt.
    »So etwas dauert meist. Bestenfalls bekommen wir die Jungs rechtzeitig zur Wahl nach Hause«, erwiderte Peter Sorman gemessen. Da war etwas in Lars Kjellssons Tonfall, was ihm ganz und gar nicht gefiel, eine Andeutung wie etwa: Sieh dir doch an, was du angerichtet hast.
    »Jaja«, sagte der Ministerpräsident, als die Fahrstuhltüren aufgingen und eine Horde von Sicherheitsbeamten sich bereit machte, die Politiker in verschiedene Richtungen zu transportieren. »Nun ja, dann laßt uns also sagen, daß nichts passiert. Das dürfte am besten sein.«
    Sie trennten sich ohne große Formalitäten, und Peter Sorman beschloß, zu Fuß zum Außenministerium zurückzugehen, trotz all der Warnungen des Sicherheitsdienstes, es bestehe die dringende Gefahr von Terroranschlägen irgendwelcher Araber.
    Peter Sorman war größer als seine beiden Leibwächter, und als sie im Gänsemarsch über die Riksbron spazierten, sahen sie aus wie Orgelpfeifen. Das war ein unbeabsichtigter komischer Effekt, der zumindest die Konsequenz hatte, daß die kleine Marschkolonne schon von weitem Aufsehen erregte.
    Es war ein schöner Sommertag. In der Stadt hielten sich zahlreiche leichtbekleidete Touristen auf. Als die drei Männer bei der Riksbron um die Ecke bogen, mußten sie sich behutsam durchs Dauerpublikum drängen, das die Sportangler und das letzte grüne Fischerboot mit Senknetz im Auge behielt. Der Bürgersteig war hier sehr schmal. Vom Sicherheitsstandpunkt aus war es natürlich falsch, hier zu gehen, doch Peter Sorman tat es fast aus Trotz. Dies ist Schweden, dachte er, unser Land, und hier werden wir niemals vor einer unbekannten äußeren Bedrohung unseres Systems kapitulieren.
    Er blieb ein Stück abseits der Menschentraube stehen, stützte sich mit den Ellbogen auf das gußeiserne Geländer und blickte in die Lichtreflexe des Wassers und die Stromwirbel hinunter. Das war natürlich ein schöner Anblick. »Das Venedig des Nordens« und all das. Das Wasser war jedoch auch sauber. Hier, hundert Meter von seinem Amtszimmer in der Stadtmitte Stockholms entfernt, konnte man wieder Lachse und Meerforellen fangen, Edelfische, die gegen Wasserverschmutzung extrem empfindlich sind. Das Wasser war so sauber, daß man schon lange wieder darin baden konnte, und all das sagte etwas über das Schweden aus, das während des letzten halben Jahrhunderts aufgebaut worden war. Es war für Peter Sorman ein bitteres Gefühl, daß Schweden vielleicht schon in wenigen Monaten einer in sich zersplitterten und unfähigen bürgerlichen Opposition übergeben werden mußte, die, wenn sie die Macht gehabt hätte, niemals ein System erschaffen hätte, das dem

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