Unterwegs in der Weltgeschichte
politische GroÃwetterlage wird in dieser Zeit einzig und allein von Partikularinteressen bestimmt. Eine gemeinsame Strategie gibt es nicht. Das gilt auch für Friedrich, der nach seinem Machtgewinn in Schlesien kurzerhand aus dem Bündnis gegen Ãsterreich ausscheidet, weil sein Ziel erreicht ist. Der Ausstieg PreuÃens revitalisiert aber sofort die Kräfte Ãsterreichs, dem jetzt noch England-Hannover verstärkt zur Seite steht. Ein endgültiger Gewinn dieser Koalition würde freilich auch wieder den preuÃischen Besitz Schlesiens gefährden. So steigt Friedrich erneut in den Kampf ein, und am Ende dieses verlustreichen Zweiten Schlesischen Krieges 1748 einigt man sich: Ãsterreich erkennt endgültig die Abtretung Schlesiens an PreuÃen an, dafür wird der Gatte Maria Theresias als Kaiser Franz l. bestätigt. Und ihren Friedrich feiern die PreuÃen ab sofort als »den GroÃen«.
Doch trotz verbreiteter Kriegsmüdigkeit steht der eigentliche Crash noch bevor. Weltpolitische Kniffligkeiten sind es, die jetzt das Kalkül der europäischen Mächte bestimmen, vor allem das von England und Frankreich. Mit England schlieÃt Friedrich ein Bündnis, das jeden Angriff irgendeiner Macht auf Deutschland verhindern soll. Frankreich, in den amerikanischen Kolonien bereits arg von England bedrängt, plant hingegen, England mit Hilfe PreuÃens zu schwächen, und nur über das Territorium Friedrichs kann das englische Hannover erreicht werden. Vom Hoffnungsträger PreuÃen bitter enttäuscht wendet sich Frankreich nun nach drei Jahrhunderten latenter Gegnerschaft plötzlich dem Erzfeind Ãsterreich zu: mit dem bitterbösen Ziel, PreuÃen gänzlich zu zerschlagen.
Das ist der Moment, von dem auch Russland unter der Zarin Elisabeth geträumt hat, besteht jetzt doch eine gute Chance, ein Stückchen Westen vom territorialen Kuchen abzubekommen und auf der Weltkarte ein bisschen nach links vorzurücken, eine ständige Sehnsucht Russlands, die sich viel später erst Stalin so richtig erfüllt. Angesichts des mächtigen Gewitters, das da am politischen Horizont aufzieht, wagt Friedrich die Flucht nach vorn und führt einen Präventivschlag gegen Sachsen.
Ein siebenjähriger Weltkrieg beginnt. Friedrich gegen den Rest der Welt. Als »Mirakel von Brandenburg« ist aber in die Geschichtsbücher eingegangen, was nach sieben Jahren heftigster und kostspieligster Gegenwehr den schwer gebeutelten PreuÃen in höchster Not schicksalhaft widerfährt: Zarin Elisabeth stirbt. Ihr Nachfolger Peter III. jedoch ist ein groÃer Anhänger Friedrichs und ein Verehrer des preuÃischen Militärs. Er beendet sofort den Krieg mit PreuÃen. Die Weltkriegsallianz zerbricht. Das ausgelaugte PreuÃen ist in letzter Minute gerettet. So hilft auch manchmal Gevatter Tod in Sachen heikler Weltpolitik.
Können Sie sich eigentlich vorstellen, was es für ein Land heiÃt, wirklich arm zu sein? Damit ist nun nicht die läppische Staatsverschuldung gemeint, die heute die USA oder gar unser Land bedroht. Was sind schon die gut 1500 000 000 000 Euro, die Deutschland im Augenblick den Gläubigern der Welt schuldet. Wir haben immer noch zu essen und zu trinken.
Nein, was es heiÃt, richtig arm zu sein, das lässt sich nach dem Siebenjährigen Krieg in PreuÃen studieren. Damals konnte noch nicht einmal mehr Papier hergestellt werden, weil die Rohstoffe so knapp waren, dass sogar die Lumpen ausgingen. Papier machte man bis zur Erfindung der Holzverarbeitung um 1850 grundsätzlich aus Lumpen, die man in groÃen Hadernbottichen zu Faserbrei verarbeitete, um daraus das Büttenpapier zu schöpfen. Anfang der 1760er-Jahre ist man nun so arm, dass die Lumpensammler vergeblich durch die Städte ziehen. Damals muss jedes Stück Textil von den Menschen tatsächlich so nachhaltig benutzt worden sein, bis es in sein absolutes Nichts zerfiel. Man muss sich einmal vorstellen, wie das Volk in diesen schweren Zeiten gekleidet war â¦
Aber Not macht bekanntlich erfinderisch. Und da lebt nun zu Regensburg ein Kirchenmann, der bei Wespen beobachtet, wie die Tierchen aus Holzspänen ihre papierartigen Nester bauen. Und dieser Jacob Christian Schäffer versucht es ihnen in Zeiten des Lumpenmangels gleichzutun. Pfarrer Schäffer wird der Erste sein, der aus Baumblättern, Blütensamen, Wespennestern und Holzschnipseln Papier
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