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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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schwieriges Geschäft ist.
    Beispiele für eine freie Gesellschaft gab es ja schon vor der Französischen Revolution von 1789. Der Blick nach Amerika führte den Menschen auch in Europa werbewirksam vor Augen, welch gedeihliche Blüten aus einer Kultur der Freiheit entsprießen können. Was neue Gesellschaftsformen anging, so war das junge Amerika zugleich Experimentierstube wie auch Vorbild, und der Unabhängigkeitskampf der amerikanischen Siedler wurde in Europa mit hellwachem Interesse verfolgt.
    In den »besseren Kreisen« allerdings auch mit Argwohn. Stein des Anstoßes, der schnell zum Konflikt mit England führte, war zunächst weniger der Freiheitsgedanke an sich als, wie zumeist, die wirtschaftlichen Begehrlichkeiten. Besonders der Versuch der englischen Krone, von den Amerika-Siedlern Steuern zu erheben. Mit ihrem berechtigten Argument, man würde aber nur solchen Politikern Steuern zahlen wollen, die man auch selbst wählen dürfe, verweigerten die Kolonisten kurzerhand die Zahlung ins ferne England.
    Unter dem Tabakpflanzer und erfolgreichen Indianer-Bekämpfer George Washington (1722–1799) siegten die hochmotivierten Truppen der US -Kolonisten über das englische Heer; allerdings wohl auch nur, weil die Briten-feindlichen Franzosen die Sache unterstützten. Am 4. Juli 1776 erklärten sich dreizehn Staaten zur unabhängigen Republik der Vereinigten Staaten von Amerika. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurden in der Unabhängigkeitserklärung jene »Wahrheiten« verkündet, die dann als unveräußerliche Freiheitsrechte zur Grundlage aller modernen Gesellschaften geworden sind:
    Â»Folgende Wahrheiten erachten wir als selbstverständlich: dass alle Menschen gleich geschaffen sind; dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt sind; dass dazu Leben, Freiheit und Streben nach Glück gehören; dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingerichtet werden, die ihre rechtmäßige Macht aus der Zustimmung der Regierten herleiten …«
    Erinnern Sie sich bitte an die nächtliche Himmelskuppel zu Beginn des Kapitels. Dort können Sie das Wetterleuchten beobachten, das mit der amerikanischen Ausrufung von Freiheit und Gleichheit Richtung Europa zieht. Und Sie vergessen vielleicht für einen Moment die Frage, warum die weltweite Durchsetzung dieser Rechte noch immer in den Sternen steht.



31. Rollende Köpfe
    I n Frankreich waren die Wahrheiten aus Amerika noch nicht angekommen.
    Obwohl das riesige Finanzloch, das unter Sonnenkönig Ludwig XIV. in den Staatsbankrott geführt hatte, auch unter seinen Nachfolgern nicht zu stopfen war, weigerte sich der Adel weiterhin, auf Privilegien zu verzichten. Unter Ludwig XVI. scheiterten daher alle halbherzigen Finanzreformen.
    Die Unterstützung der amerikanischen Siedler in ihrem Freiheitskampf, mit der Frankreich England zu schwächen suchte, geriet indes zum Damokles-Schwert: Zum einen war diese Politik wieder einmal recht kostspielig; zum anderen wurde der Gedanke von Freiheit und Unabhängigkeit rückübertragen in die Köpfe derer, die in ihrem eigenen Land politisch völlig einflusslos waren, und das war die überwältigende Mehrheit des Volkes: der »Dritte Stand«, neben Adel und Klerus. Die Notwendigkeit von Reformen stand bald außer Frage, aber niemand wusste den Weg dorthin.
    In der Menschheitsgeschichte ist es oft die Natur, die in entscheidenden Augenblicken das Rad der Entwicklung in irgendeine Richtung stößt. Was wäre denn geworden, wenn die Mücke Alexander den Großen nicht gestochen hätte und er nicht schon mit 33 Jahren an Malaria verstorben wäre? Was wäre passiert, wenn der Klimawandel, der die Völkerwanderung auslöste, nicht stattgefunden hätte? Wenn Spaniens Armada 1588 nicht von Holzbohrwürmern befallen worden und in einen Sturm geraten wäre? Oder der russische Winter Napoleon nicht überrascht hätte? Auch in diesem Fall ist es ein außergewöhnlich strenger Winter, der des Jahres 1788/89, der die Brotpreise in Paris ebenso in die Höhe treibt wie die Arbeitslosigkeit. Die Unzufriedenheit des Dritten Standes mit den Lebensverhältnissen wächst von Tag zu Tag. Ludwig XVI . entschließt sich zu einer ungewöhnlichen Maßnahme: Seit gut zwei Jahrhunderten war es nicht mehr passiert, dass die drei Stände der

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