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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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aberwitzigem Sendungsbewusstsein verstanden haben, die eher trägen Massen mitzureißen. So auch diesmal in besonders selbstbewusster Ausführung: »Alle menschliche Anstrengung gegen mich ist nutzlos, denn alles, was ich unternehme, ist bestimmt zu gelingen!« Solch himmelschreiende Suggestionen Napoleons verfehlen ihre öffentliche Wirkung nicht, selbst wenn die Realität ganz anders aussieht: Zwar kämpft Napoleon 1798 eine erste erfolgreiche Schlacht gegen Englands Landstreitkräfte, aber vor dem ägyptischen Abukir rammt die Seemacht England unter Admiral Nelson die französische Flotte fast vollständig in den Grund.
    Für den sieggewohnten Napoleon ein Motiv, um seine wenig erfolgreiche Truppe umgehend zu verlassen und nach Paris zu gehen, wieder in die Stadt, »in der man es zu etwas bringt«. In einer Art Staatsstreich setzt er sich als »Konsul« an die Spitze der schwächelnden Regierung, denn in politisch unruhigen Zeiten haben Volksvertreter zwar die starken Worte, Generäle aber die stärkeren Waffen. Und das Volk liebt nun mal den Erfolgreichen umso mehr, je anschaulicher er sich in Szene zu setzen vermag. Sogar das neue Gesetzbuch wird jetzt mit dem Namen des bejubelten Putschisten ausgestattet: Code Napoléon . Kaum ist es jetzt noch das Revolutionsideal von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, das kümmert, sondern es ist der beeindruckende militärische Erfolg, der der Grande Nation Ruhm und Ehre einfährt, zuletzt auch in der erfolgreichen Auseinandersetzung mit Österreich.
    Kennen Sie jemanden in Ihrer Umgebung, der sich wie ein »kleiner Napoleon« aufführt? Es gibt diese Zeitgenossen überall, auch wenn sie heute nicht mehr so erfolgreich sind wie das Original. Es sind Menschen, die von allem alles wollen. Denen nie etwas genug ist. Die nie innehalten in ihrer aufreibenden Lebenshatz. Die wie scharfmäulige Leguane automatisch nach allem schnappen, was entfernt nach Beute aussieht. Zwar ist Napoleon jetzt bereits »Konsul auf Lebenszeit«. Aber das reicht ihm nicht. Er will Kaiser werden, macht sich 1804 selbst dazu und muss zu diesem Zwecke nicht einmal, wie es noch Karl der Große im Jahr 800 tat, nach Rom pilgern. Der zukünftige König von Italien bestellt kurzerhand den Papst zur Kaiserkrönung nach Paris ein.
    Wer so viel atemberaubende Stärke demonstriert, muss sich nicht wundern, wenn der Rest der Welt dagegen aufbegehrt. Im Bündnis gegen Napoleon vereinen sich die, die sich sonst spinnefeind sind: Preußen, Österreich, Russland, Schweden, natürlich auch England. Andererseits sympathisieren viele kleine Fürstentümer mit dem revolutionären Befreier; denn gerne geht der Schwache mit dem Starken ein Bündnis ein, und es gilt das Sprichwort: »Wenn du einen Feind nicht besiegen kannst, dann mach ihn zum Freund!« Große Teile des aufgeklärten deutschsprachigen Bürgertums sehen in Napoleon immer noch den revolutionären Wirbelwind, mit dem Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auch in deutsche Lande hereinwehen sollen. Ein modernes Genie wie Beethoven (1770–1827) widmet dem französischen »Prometheus« gar seine Dritte Symphonie, die »Eroica«, macht diese Widmung aber wütend rückgängig, als Napoleon sich zum Kaiser krönt. Früher als viele andere erkennt Beethoven: »So ist der auch nicht anders als ein gewöhnlicher Mensch! Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füßen treten, nur seinem Ehrgeize frönen.« Damit hatte der hellsichtige Beethoven den Nagel durchaus auf den Kopf getroffen.
    Mit dem Sieg bei Austerlitz 1805 gegen die Alliierten wird ein Jahrzehnt der gigantischen Schlachten eingeläutet. Es ist zugleich die schier unglaubliche Erfolgsstory einer einfachen korsischen Familie. Denn Napoleon verteilt die eroberten Herzogtümer, Grafschaften und Königreiche unter seine Verwandten: Sein Schwager erhält einen Teil von Deutschland, sein Stiefsohn Italien, ein Bruder Neapel, ein anderer Holland, die Schwester ein Herzogtum in Italien, sein Bruder Joseph wird König von Spanien, ein weiterer König von Westfalen.
    Hätten sich diese Familienmitglieder zwanzig Jahre zuvor je ausmalen können, dass sie einstmals zu Beherrschern Europas aufsteigen würden? Zu Fürsten, Königen und Kaisern, damals, als sie wie Hungerleider am Rande der zivilisierten Welt in der schroffen Bergwelt Korsikas hausten,

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