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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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Herausbildung typischer Bestandteile der altägyptischen Kultur. Die weite Wüste, in der die gefährlichen Tiere dominierten, war die Heimat vieler Tiergottheiten. Der mediterrane Küstenstreifen vermittelte Ägypten Anschluss an die Welt der Mittelmeerländer in wirtschaftlicher und geistiger Hinsicht. Das fruchtbare Niltal erhielt und regenerierte das Leben jedes Jahr und prägte die Vorstellungen von der Wiedergeburt.
    Im Gegensatz zur mesopotamischen Geschichte, die aus lauter Episoden bestehe, so befand der geniale Kulturhistoriker Egon Friedell, gehöre zur ägyptischen Geschichte das Gleichmaß, das Modell der Stromlinie, die sich in der Wiederkehr findet und erneuert.
    So entstand aus der verlässlichen Wiederkehr der Nilschwemme nach ungefähr 365 Tagen der ägyptische Sonnenkalender, der auf die Einteilung des Monats in rund 30 Tage hinausläuft und auch die Schalttage berücksichtigt, die am Jahresende platziert wurden. Er könnte noch vor den Hieroglyphen entstanden sein, wurde im Römischen Reich übernommen und bestimmt weltweit auch das heutige kalendarische System.
    Â»Hilf dir selbst, so wird dir der Nil helfen«, war eine der Standardformeln im Alltag dieser Stromkultur. Vom Fluss lernten Bauern und Baumeister, der Fischer wie der Pharao. Gemeinsam schufen sie das Faszinosum Ägypten, in dem die Pyramide zum Monument, aber auch zum Modell einer breit gefächerten, arbeitsteiligen Gesellschaft mit dem Gottherrscher an der Spitze wurde, in dem Arbeit an der Unsterblichkeit ein Handwerk war und schon antike Touristen das Staunen lernten.
    Wie viele schon vor ihm staunten, ist unbekannt. Um 450 v. Chr. jedenfalls starrte Herodot, den man den »Vater der Geschichte« und Begründer der Geschichtsschreibung genannt hat, in viel zitierter, aber historisch nicht verbürgter Fassungslosigkeit die himmelwärts steigenden Pyramiden an. Nicht ganz so demütig und ehrfürchtig gegenüber der grandiosen Kulisse umarmten sich hier Jahrhunderte später Antonius und Kleopatra. Vorher war schon Caesar da gewesen. Um das Jahr 200 belebte der strenge römische Kaiser Septimius Severus die Tradition des Staunens. Und irgendwann kam ein anderer Hierarch, dem fast die Augen herausfielen: der kleine Korse Napoleon, für den sich Bewunderung und Plünderung keineswegs ausschlossen.
    Pech für ihn, dass er die 146 Meter hohe Cheops-Pyramide, die 2 521 000 Kubikmeter Mauerwerk umfasst, nicht einpacken und mit nach Hause nehmen konnte. Dafür hielt er sich an anderen ägyptischen Kunstwerken schadlos, öffnete das Land aber zugleich für die europäische Wissenschaft.
    Vor dem Weltwunder der Pyramiden, das alle anderen Weltwunder noch überragt, spürten alle, vom schlichten Nilbauern bis zu den neugierigen Reisenden der Antike und der Moderne, vom einfachen Arbeiter bis zum umjubelten Kriegsherrn, vom begeisterten Forscher bis zum kalten Despoten, den Hauch der Ewigkeit. »Alle Welt fürchtet sich vor der Zeit«, sagt eine arabische Weisheit. »Aber die Zeit fürchtet sich nur vor den Pyramiden.«
    Sie entstanden Mitte des dritten Jahrtausends v. Chr. in der Blütezeit des Alten Reiches, das heißt in der vierten der insgesamt dreißig Dynastien, in die nach dem Vorbild des Priesters und Chronisten Manetho (um 280 v. Chr.) die ägyptische Königsgeschichte eingeteilt wird. Ihr Name stammt von den Griechen. Pyramis nannten sie einen turmartigen Weizenkuchen. Die Ägypter sprachen von mer , wenn sie die Pyramiden meinten, die sie als eine Erscheinungsform des Sonnengottes Re betrachteten.
    Die Herrscher der ersten beiden Dynastien hatten gewaltige Grabanlagen aus Ziegeln im oberägyptischen Abydos am westlichen Nilufer und in Sakkara bei Memphis errichtet. In der dritten Dynastie erfolgte unter König Djoser (2707– 2687 v. Chr.) und seinem genialen, noch in der Spätzeit Ägyptens als Gott verehrten Baumeister Imhotep der Übergang zum massiven Kolossalbau und zur Anfertigung lebensgroßer Statuen aus Stein, Holz und Metall, die dem Weiterleben des Königs und seiner Beamten in der jenseitigen Welt dienen sollten.
    Das Grabmal des Pharaos Djoser, die sechzig Meter hohe, mit Kultbauten umrahmte Stufenpyramide bei Sakkara, gilt als erster monumentaler Steinbau der Welt und als wegweisender Vorläufer der »echten« Pyramiden, die seit König Snofru (2639 – 2604) errichtet werden. Seine

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