Unterwegs in der Weltgeschichte
martialische Geschichte müssen wir der Sagenwelt überlassen â auch wenn die beiden mit der Markierung 753 v. Chr. die Basis für die römische Zeitrechnung geliefert haben: ab urbe condita (lat. = im Jahr seit der Stadtgründung).
Viele archäologische Funde bezeugen den Rang dieser ersten Hochkultur in Italien. Die Etrusker hatten sich orientalische Elemente aus Assyrien, Ãgypten, Zypern und Phönizien angeeignet. Ihre Statuen und Skulpturen, zum Beispiel der Hermes von Veji und der Krieger von Orvieto, sehen wie Geschwister griechischer Helden- und Götterfiguren aus. Sie zeigen ein geheimnisvolles Lächeln, als ob sie einer inneren Stimme lauschten, die ihnen vom Glück erzählt. Es muss eine heitere Lebensauffassung gewesen sein, die die Kunst der Etrusker inspiriert hat.
Der letzte römisch-etruskische König Tarquinius Superbus wurde im Jahr 509 v. Chr. vom Volk unter Führung von Lucius Iunius Brutus aus Rom vertrieben. Doch die Römer waren so klug, die etruskische Kultur nicht zu zerstören, sondern für sich fruchtbar zu machen. Sie behielten die etruskischen Zahlen bei und die griechisch-etruskische Schrift, aus der sich das lateinische Alphabet entwickelte. Sie übernahmen die Goldschmiedekunst und etliche Musikinstrumente. Etruskische Gottheiten wurden dem Personal ihrer eigenen Religion hinzugefügt, und wie ihre Vorgänger pflegten sie die Leber- und Vogelschau. Auch das Begräbnisritual â ein Schwerterkampf zwischen zwei Männern â, das später in den Gladiatorenkämpfen eine grausame Spätblüte fand, wurde übernommen. Die Römer lieÃen sich von den Etruskern in der Architektur, in der Kleidermode und in der Bewaffnung anregen und lernten viele Zivilisationstechniken: von der Wasserversorgung bis zur Trockenlegung von Sümpfen, vom StraÃenbau bis zur Landvermessung.
Deutlich eingeschränkt wurden indessen die römischen Frauen in ihren Möglichkeiten, sich in der Ãffentlichkeit zu bewegen. Das Niveau der Selbstbestimmung, auf dem sich die etruskischen Frauen hatten entfalten können, sollte über Jahrhunderte nicht mehr erreicht werden.
Das römische Staatswesen wuchs über die Jahre und änderte sich laufend. Polybios (circa 200 â120 v. Chr.), ein griechischer Gelehrter, charakterisierte es als Mischung aus Monarchie, Adelsherrschaft und Demokratie. Zum historischen Symbol für dieses heranwachsende Imperium wurde â neben dem Gründungsmythos von der Wölfin, die Romulus und Remus säugt â das Forum Romanum , der Marktplatz des antiken Rom. Dieser Platz in einer Talsenke zwischen den Hügeln â ursprünglich ein unwegsames Sumpfgebiet â war während der Etruskerherrschaft im neunten und achten Jahrhundert v. Chr. und in der anschlieÃenden Epoche des Königtums (753 â 510 v. Chr.) als Friedhof genutzt worden. In republikanischer Zeit, ab dem fünften Jahrhundert v. Chr., entstand hier das Zentrum des religiösen, gesellschaftlichen und politischen Lebens: ein Versammlungsplatz, ein Rathaus, eine Basilika, der Amtssitz der beiden Konsuln, Tempel und Heiligtümer, Triumphbogen und Denkmäler. Hier war der Sitz des Pontifex Maximus , der die religiösen Zeremonien leitete. Hier war der Mittelpunkt eines groÃen Reiches. Hier wurde ein goldener Meilenstein in der Erde eingelassen, der die Entfernungen zu den groÃen römischen Städten angab.
Von späteren Epochen aus betrachtet, ist das Forum Romanum aber nicht nur das Symbol für den Aufstieg des römischen Imperiums, sondern auch für seinen Niedergang. Immer wieder zerstörten Angreifer, Naturgewalten oder die Römer selbst die Gebäude des Forums. Am Ende war das ehemalige Zentrum des römischen Erdkreises nur noch ein Steinbruch. Und tatsächlich trug es zeitweilig den Namen Campo Vacchino (Kuhweide), aus der â wie zur wehmütigen Erinnerung â die Trümmer vergangener Pracht hervorlugten. In der Renaissance gingen die Reste der meisten Bauwerke durch Plünderung und als Baumaterial, unter anderem auch für den Petersdom, verloren.
Das alles ist mehr als Erinnerung. Zu viel hat Rom der Welt geschenkt, als dass man es vergessen könnte: eine herausragende Kultur; eine Verfassung, die auch die sozial Schwachen an der Politik beteiligt ( participatio ); einen Sittenkodex, der die traditionellen Werte zur Grundlage des Zusammenlebens macht:
Weitere Kostenlose Bücher