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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Christian Huf
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eigenes Gesicht. Er verzichtet darauf zu taufen, setzt auf das Wort und die helfende Tat. Er zieht sich nach Galiläa zurück und beginnt, Jünger um sich zu sammeln. Er erklärt, das »Reich Gottes« stehe unmittelbar bevor. Er erläutert diese Botschaft vor allem in Gleichnissen, zum Beispiel denen vom Unkraut unter dem Weizen oder vom Senfkorn, das am Anfang sehr klein ist, am Ende aber eine große Pflanze hervorbringt. Jesus erinnert an die Propheten, kritisiert die Verkrustung der Tradition und formuliert eine neue Freiheit: die Befreiung von religiös verbrämten Machtansprüchen und Bevormundungen. Sein früher Tod ermöglicht seinen Jüngern, das Wunder der Auferstehung als »frohe Botschaft« zu interpretieren und weiterzuentwickeln.
    Die Umstände seines Todes lassen, trotz der Berichte seiner engsten Anhänger, viele Fragen offen: Die Hinrichtung durch öffentliche Kreuzigung war nach römischem Recht nur für politische Rebellen und Aufständische vorgesehen. Das jüdische Recht verbietet, dass Urteil und Vollstreckung an einem einzigen Tag stattfinden. Ganz undenkbar aber war eine Hinrichtung am Passahfest. Die Evangelien sehen dieses Problem und erklären den unerhörten Vorgang mit dem Zusammenwirken der römischen und der jüdischen Autoritäten und der ungewöhnlichen Einigkeit in diesem Verfahren iuxta legem , also einem Verfahren neben dem Gesetz.
    Die Widersprüche der verschiedenen Überlieferungen lassen sich historisch nicht mehr auflösen. Das christliche Selbstverständnis hat sich jedoch davon unabhängig gemacht. Die Kirche der Anhänger Jesu übernimmt durch ihre Existenz die Garantie für eine authentische und ununterbrochene Verbindung zum historischen Jesus. An diesen Jesus werden die Kultformen des ersten und zweiten Jahrhunderts n. Chr. angekoppelt, um die Glaubenswelt der heidnischen Mysterien in der Geschichte des Jesus von Nazareth zu verankern.
    Dies ist gelungen. Am Beginn des dritten Jahrtausends verstehen sich etwa 1,9 Milliarden Menschen als Christen. Sie alle berufen sich auf die geheimnisvolle und in jeder Hinsicht faszinierende Gestalt, die am Anfang steht und den Gläubigen den Namen gab: Jesus Christus. Das Profil des historischen Jesus ist zwar nur wie in einem Schattenriss zu erkennen. Aber trotzdem wird das Charakteristische und Einmalige der Gestalt und ihrer Wirkungsgeschichte sichtbar.
    In den Jahrzehnten nach seinem Tod gibt es unter den Anhängern Jesu eine zunächst mündliche, dann auch schriftliche Überlieferung der Spruchweisheiten und Anekdoten seines Lebens, aber auch die Erzählung vom Tod und der Auferstehung Jesu. Unterschiedliche Autoren haben die Lebens- und Weltanschauung dieses Jesus von Nazareth aufgeschrieben, als Evangelium, als frohe Botschaft verbreitet und in ein Geschichtsbild eingefügt, das von der Vision bestimmt ist, dass alles Leben auf dem Planeten einem Ziel, einer Endzeit zustrebt, sich also nicht in einem ewigen Kreislauf wiederholt. Dieses Ziel wird als »Jüngstes Gericht« und »neue Schöpfung«, als »himmlisches Jerusalem« und als »Gottesherrschaft« charakterisiert. Der Anbruch der »Königsherrschaft Gottes« ist der zentrale Begriff in der Verkündigung des Jesus von Nazareth. Er bezeichnet zugleich das Ende der Geschichte und den Beginn von Frieden und Wohlstand. Nach dieser Vision ist das Ende der gegenwärtigen Welt mit Krieg und Verwüstung, Umweltkatastrophen und kosmischen Desastern verbunden. Zu dieser apokalyptischen Weltsicht gehört auch die Erwartung, dass Weltende und Neubeginn unmittelbar bevorstehen.
    Jesus bleibt also im Rahmen der jüdischen Endzeiterwartung. Seine Anhänger haben dieses Geschichtsbild weiterentwickelt, nachdem das Weltende nicht stattgefunden und die Historie ihren Lauf genommen hatte. In der Urgemeinde entsteht daraufhin die Idee der Kirche. Sie ist die Gemeinschaft, die in Jesus den erwarteten Messias, den Christus , den Gesalbten, sieht, mit dessen Erscheinen die Gottesherrschaft begonnen hat, aber nicht vollendet ist.
    Unter dem Einfluss des ersten großen christlichen Theologen, des Apostels Paulus, öffnet sich die Gemeinde für die hellenistische Kultur und die außerjüdische Welt. Die Dialektik zwischen »schon jetzt« und »noch nicht« wird für das Schicksal des Einzelnen fruchtbar gemacht. Dennoch bleibt das Christentum eine auf die

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