Unterwelt

ist eindeutig keine echte Stimme, die wir über die Telefonleitung hören. Es handelt sich um eine manipulierte, eine veränderte Stimme.«
    Und die Stimme sagte: »Nun, das ist ein Apparat, der den Klang verändert. Ein Apparat, der etwas größer ist als sieben mal fünf Zentimeter. Sie befestigen ihn an der Sprechmuschel, und er sorgt für diesen Klang, den man schwer zuordnen kann.«
    Dann sagte sie: »Fassen wir kurz zusammen. Wir haben einen Anruf von einer Person bekommen, die sich als der Texas-Highway-Killer vorstellt. Dieser Mann hat uns Informationen gegeben, über die nur der echte Killer und die Polizei verfügen, und wir haben diese Informationen von der Polizei überprüfen lassen, um die Glaubwürdigkeit des Anrufers zu beweisen.«
    Dann sagte sie etwas zu dem Anrufer, es betraf die Gründe für seinen Anruf.
    Matt betrachtete sie halb fasziniert. Diese Augen waren erstaunlich, wie das Grün des offenen Meeres, vom Flugzeug aus gesehen.
    Die Stimme sagte: »Warum ich anrufe, ich will, daß die Fakten stimmen. Die Leute schreiben ein Zeugs und sagen ein Zeugs im Radio, wo ich nicht im geringsten von weiß, wo sie das herhaben. Mir kommt das vor, als wäre mein Fall mit den Profilen von hundert anderen Personen im Verbrechercomputer verquirlt worden. Ich hör da immer was von geringem Selbstwertgefühl. Da reiten die ständig drauf rum. Jetzt bemühen Sie mal Ihre Menschenkenntnis, Sue Ann. Wie soll ein Mensch mit solcher Präzision, daß er Ziele in fahrenden Fahrzeugen treffen kann, während er mit einer Hand fährt und mit der anderen eine Handfeuerwaffe abfeuert, und da soll er nicht wissen, was er wert ist?«
    Die Moderatorin blickte in die Kamera. Sie hatte natürlich keine Wahl. Die Kamera war auf sie gerichtet, nicht auf den Anrufer. Sie war ein lebendiger Körper, und er war bloß eine Stimme, oder nein, keine Stimme. Das merkwürdige Geräusch, die Entstimmlichung, bei der Konturen und Modulationen herausgezogen wurden. Elektronisch gedämpft, aber nicht ganz ohne menschliche Anmutung, dachte Matt, und sein Akzent hat einen Hauch von Hinterwäldler. Die Mühe beim Sprechen, das nackte Innenleben der einfachsten Äußerung.
    Die Moderatorin hörte zu.
    »Ich hör da immer was von Schädelhirntrauma, von einer Vorgeschichte, weswegen ein Mensch dann sein Verhalten nicht mehr kontrollieren kann, ja.«
    Erneuter Schnitt auf das Band. Es zeigte den Mann am Steuer des mittelgroßen Dodge.
    »Also, damit die Fakten stimmen. Ich bin nicht mit Schädelhirntrauma aufgewachsen. Ich hatte eine gesunde und eigentlich typische Kindheit.«
    Das Auto nähert sich kurz, dann fällt es zurück.
    »Warum tun Sie das?«
    »Was jetzt?«
    »Warum verüben Sie diese Morde?«
    »Sagen wir einfach, wo ich gerade bin, ist ein heiterer Tag, passend zur Jahreszeit, mit vereinzelten Wolken, und wenn das einen Hinweis auf meinen Aufenthaltsort darstellt, dann nehmen Sie es als einen Hinweis, und wenn das Ganze ein Spiel ist, dann nehmen Sie es als Spiel.«
    Auf dem Bildschirm winkt der Mann am Steuer wieder, das kleine, freundliche, sparsame Winken in die Kamera und in die Zukunft und in die ganze zuschauende Welt, seine Hand wackelt steif am oberen Rand des Steuers.
    »Sie wissen sicher, nicht wahr, daß eines dieser Verbrechen angeblich einem Trittbrettfahrer zuzuschreiben ist. Könnten Sie uns dazu etwas sagen?«
    Jetzt kommt gleich, wo's ihn erwischt. Matt konnte sich das Band nicht anschauen, ohne daß er Jan et rufen wollte. Beeil dich, Janet, jetzt kommt's. Bis sie wütend wurde. Wütend auf das Band und wütend auf ihn. Und je öfter sie es zeigten, desto mehr Singsang legte er in seine Stimme. Beeil dich, jetzt ko-hommt's. Ein krampfiger Witz, ein Witz mit der Stimme eines anderen, nicht witzig gemeint . J anet beschimpfte ihn und sagte, das reicht. Aber es reichte nicht. Es reichte nie.
    »Sagen wir einfach, die Polizei macht ihre Arbeit, und ich mach meine.«
    Das Gespenstische des Autos, das weiterfährt, nachdem der Fahrer schon erschossen ist. Es nähert sich kurz, dann fällt es zurück.
    »Wobei der korrekte Begriff hierfür ist übrigens nicht Heckenschütze. Das ist keine Person mit einem Gewehr, die mehr oder weniger auf weite Entfernung arbeitet. Hier bist du beweglich, du bist in Bewegung, du willst so nah wie menschenmöglich an die Situation herankommen, ohne die beiden Fahrzeuge in Berührung zu bringen, was eine Lackspur zur Folge haben könnte.«
    Der Wagen trudelt jetzt auf die Leitplanke zu. Das