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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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verblasste. Als das Fleisch gerade eben zart war, hob ich es auf eine Platte und erhitzte weiteres Öl für den Brokkoli, die Möhren, den Mais und die Zuckererbsen, eine einladende Palette aus Grün, Orange und Blassgelb. Sobald das Gemüse heiß, aber noch knackig war, übe r goss ich es mit der Austernsoßenmischung und gab das Rindfleisch und gehackte Frühlingszwiebeln zu. Zusammen mit dem Reis servierte ich diese heiße, dampfende Mischung Arch, Audrey und ihren Kolleginnen, die sich begeistert über das knackige Gemüse, das zarte Fleisch und den herzhaften Knoblauchgeschmack äußerten.
    »Ich mag es, Leute zu beköstigen«, erwiderte ich lächelnd und machte mich selbst mit Essstäbchen über die Köstlichkeiten her.
    Auf dem Heimweg erklärte Julian, er sei hundemüde und streckte sich auf der Rückbank aus. Innerhalb von Sekunden schnarchte er schon. Arch plapperte in verschwörerischem Ton über das bevorstehende Wochenende, das Skilaufen, die Süßi g keiten, die er im Apartmenthaus seines Vaters an Halloween e r beuten würde, und die Sterne, die er in Keystone besser sehen könne, weil der Ort weiter von den Lichtern Denvers entfernt lag. Er fragte mich, ob ich C. S. Lewis gelesen habe, als ich in seinem Alter war, oder ob ich mir wenigstens die Sterne angesehen habe. Hatte ich gewartet, bis es dunkel war, um den Polarstern zu sehen, und konnte man in Küstennähe in Jersey viele Sterne sehen? Im Sommer zum Beispiel? Ich erklärte ihm, das einzige, worauf ich mich an Sommerabenden gefreut habe, als ich in seinem Alter war, sei das Eis am Stiel gewesen, das ich vom Good-Humor-Eismann bekommen habe.
    »Ach, Mama! Feuerbälle und Eis am Stiel! Du denkst immer nur ans Essen.«
    Ich fasste das als Kompliment auf und lachte. Ich hätte ihn gerne gefragt, wie es in der Schule lief, wie es Julian seiner Ansicht nach ging und wie das Leben im allgemei nen lief, aber die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass er das als Spionieren auslegen würde. Außerdem ersparte er mir die Mühe, als wir den letzten Abschnitt des Highway bis zu unserer Ausfahrt hinter uns brachten.
    »Wo wir gerade von Essen sprechen, ich bin froh, dass es heute Abend Fleisch gab«, flüsterte mein Sohn. »Manchmal denke ich, es liegt an all dem ungeschälten Reis mit Tofu, dass Julian so unglüc k lich ist.«
     
    * * *
    Der Montagmorgen brachte schiefergraue Wolken, die aus der sü d lichsten Ecke des Horizonts im Osten heraufkrochen. Unter der Wolkendecke funkelte ein aufgehendes Sonnenscheibchen rosa wie Fiberglas. Ich dehnte mich durch meine üblichen Yogaübungen und drehte gerade rechtzeitig das Radio an, um zu erfahren, dass dem Front Range aus dieser Wolkendecke – gefürchtete Ankündigung – gelegentliche Schneefälle drohten. Die Menschen in Colorado b e nutzen das in östlicheren Gefilden übliche Wort Herbst nicht, weil der Oktober entweder einen Spätsommer oder einen frühen Winter bringt und dazwischen reichlich wenig.
    Ich zog mich an und machte Espresso. Arch und Julian schlurften verschlafen aus ihrem Zimmer und gesellten sich zu mir. Ich briet ihnen dicke Scheiben französischen Toasts in Ei und goss reichlich Ahornsirup darüber. Das machte die beiden munter. Als die Jungen zur Schule gegangen waren, setzte ich mich an meine Buchführung, verschickte ein paar Rechnungen, bezahlte andere, bestellte Vorräte für die kommende Woche und fuhr dann in die Elk-Park-Schule, den Waschbärmantel zu einem Pelzknäuel z u sammengerollt auf dem Beifahrersitz.
    Die gewundene Zufahrt zur Privatschule Elk Park war gegen Ende des Sommers asphaltiert und etwas begradigt worden. Doch die Fahrt zu dem herrlichen, alten Hotel war nach wie vor ate m beraubend. In einigen Kurven erhaschte man sogar einen flüchtigen Blick auf schneebedeckte Gipfel. Der Schnee, der Samstag Abend gefallen und inzwischen fast völlig geschmolzen war, hatte die ausgesäten Wildblumen auf den Böschungen am Straßenrand zu rostfarbenen Stängeln mit zerknitterten Blüten in verblassten Blau- und Purpurtönen verkommen lassen.
    Als ich um die letzte Kurve fuhr, bemerkte ich, dass der Maschendrahtzaun, der die Baustelle für den Swimmingpool u m geben hatte, vollständig abgebaut war. An seiner Stelle erhob sich eine dekorative Steinmauer, umgeben von Schierlingsbüschen. Offenbar wollte die Schulleitung nicht, dass die Kinder angesichts des nahenden Winters ans Schwimmen dachten. Im Sommer war Arch in diesem verfluchten Pool fast ertrunken. Auch ich wollte nicht ans

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