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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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in eine Ecke, um dem Gedränge der Teenager zu entgehen. Als alle verschwunden waren, knallte Miss Ferrell Papiere auf ihr Pult und sah zutiefst angewidert drein.
    »Quel dommage «, sagte ich und ging zu ihr. Wie schade.
    »Oh! Ich habe Sie gar nicht gesehen.« Sie blätterte Papiere durch, die auf ihrem Ordner lagen. »So ist es immer kurz vor Toresschluss. Was kann ich für Sie tun? Wollten Sie mich sprechen? Heute ist kein Französischclub.«
    »Nein, ich bin gekommen, um mit dem Direktor zu sprechen. Entschuldigen Sie, ich wollte nur kurz hereinschauen, weil, also, Arch ist begeistert vom Französischclub. Aber er hat Probleme in der Schule …«
    Sie sah auf. »Haben Sie von der Sache heute morgen gehört?« Sie trat einen Schritt zurück, und ihr zierlicher, kleiner Körper war eingerahmt von einem Poster des Eiffelturms auf der einen und einem gerahmten Bild des Arc de Triomphe auf der anderen Seite. Auf mein Kopfschütteln ging sie mit klappernden kleinen Absätzen zur Tür und schloss sie. »Sie haben mit Alfred gesprochen?«
    »Ja«, antwortete ich. »Mr. Perkins hat mit mir über Arch g e sprochen. Über seine schulischen und … sozialen Probleme.« Wenn ich darüber nachdachte, hatte er lediglich das schulische Desaster erwähnt.
    »Hat er Ihnen von heute morgen erzählt?«
    »Nein«, sagte ich vorsichtig, »nur, dass Arch in einem Fach durchfällt.« Nur.
    »Das hier ist schlimmer.«
    »Schlimmer?«
    Miss Ferrell sah mich an. Sie schien sich ein Urteil bilden zu wollen, ob ich ertragen könne, was sie mir zu sagen hatte.
    Ich fragte: »Was ist Arch heute morgen passiert?«
    »Wir hatten heute morgen eine Versammlung. Die Schüle r schaft musste von Keith erfahren.« Ihr kurz angebundener Ton verriet keinerlei Gefühl. »Als sie vorbei war, es tut mir leid, das zu sagen, hatte Arch eine recht unerfreuliche Auseinandersetzung mit jemandem.«
    Ich schloss die Augen. Für ein im Grunde recht freundliches und reifes Kind geriet Arch in letzter Zeit ziemlich oft in Au s einandersetzungen hinein. Ich fragte mich, was recht unerfreulich bedeutete. »Wer war es, wissen Sie das? Jemand hat uns gerade erst einen Stein durchs Fenster geworfen, und vielleicht …«
    »Später kam Arch und erzählte mir, er habe Streit mit einem Schüler der siebten Klasse gehabt, einem Jungen, der oft Streit bekommt. Der andere Junge hatte anscheinend gesagt, Keith sei eine Petze gewesen. Erstaunlich … die meisten Schüler der siebten kennen die Schüler der Abschlussklasse nicht einmal.«
    »Ist das alles?«
    »Nein. Als Arch zu seinem Spind kam, fand er eine hässliche Überraschung vor. Ich ging hin, um es mir anzusehen … da war etwas …«
    »Was?«
    »Ich zeige es Ihnen besser. Ich habe mein Schloss angebracht, es müsste also noch da sein.« Sie warf einen Blick in den Flur. Da die Schüler sich zur nächsten Stunde in ihre Klassenzimmer b e geben hatten, konnten wir ungesehen zur Spindreihe der siebten Klasse gelangen.
    Miss Ferrell trippelte vor mir her. Ihr leuchtend rotes Tuch flatterte hinter ihr her wie eine Flagge. Sie hantierte geschickt an dem Schloss, das an Archs Spind hing. »Ich habe ihm gesagt, er soll alles so lassen, bis der Hausmeister es sauber macht. Aber ich weiß nicht, was wir mit der Farbe machen sollen.«
    Als erstes fiel mir die Schrift auf Archs Spind ins Auge. In leuchtend roten Lettern stand dort: wer petzen will, trifft nächstes mal auf eine lebendige …
    Miss Ferrell öffnete den Spind. Aufgeknüpft am Haken hing eine tote Klapperschlange.

     
    Mit äußerster Willenskraft gelang es mir, nicht zu schreien. »Was ist passiert, als Arch das gesehen hat?« Als Miss Ferrell nicht gleich antwortete, schlug ich gegen den Spind neben Archs. Der gut einen halben Meter lange Schlangenkörper schaukelte hin und her, dass es einem übel werden konnte. Er war unmittelbar unterhalb des Kopfes aufgeknüpft und hing an dem Haken, an dem Archs Jacke hätte Platz finden sollen. Ich konnte den Anblick nicht ertragen, den weißen Bauch der Schlange, ihr hässliches, faltiges Maul, die Rasseln am Schwanzende.
    Miss Ferrell schloss die Augen. »Da meine Klasse in der Nähe war, sagte er mir Bescheid.«
    Mir war schwindelig. Ich lehnte mich gegen das kalte, graue Metall des angrenzenden Spindes. Etwas ruhiger sagte ich: »Wie ging es ihm? Hat er sich aufgeregt?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ich erkannte das berufsspezifische Mi t gefühl der Lehrerin. »Natürlich war er etwas durcheinander. Ich habe mit dem

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