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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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besorgt. »Du hörst dich schrecklich an.«
    »Wir bleiben alle nach der Schule noch etwas hier. In Ferrells Klasse gibt es eine Vokabelübung. Arch ist in der Bibliothek, mach dir keine Sorgen.«
    »Wie war der Stanford-Vertreter? Hast du Plätzchen be ­ kommen?«
    »Ach, es war proppevoll. Ich bin nicht hingegangen.« Er machte eine Pause. »Sheila Morgenstern hat mir erzählt, dass sie ihre B e werbung nach Cornell abgeschickt hat. Sie ist sechste in unserer Klasse, aber sie hat letztes Jahr ihre Eignungstests mit 1550 Punkten abgeschlossen. Es freut mich für sie, glaube ich, aber für mich ist es schlecht. Cornell nimmt niemals zwei Schüler derselben Schule an. Zu ­ mal, wenn einer davon keine gute Empfehlung vom Studi ­ enberater bekommt.«
    »Ach, komm, das machen sie bestimmt, Julian. Du stei ­ gerst dich in eine elende Stimmung hinein. Sei etwas zu ­ versichtlicher!«
    Am anderen Ende der Leitung blieb es still. »Goldy«, sagte Julian beherrscht, »ich weiß, dass du es gut meinst. Wirklich, das weiß ich. Aber ehrlich, du hast keine Ahnung.«
    »Ach«, murmelte ich und starrte auf meinen geschwol ­ lenen Finger. Vielleicht hatte er ja recht. Mein Leben sah im Augenblick wirklich nach einem ziemlichen Schlamas ­ sel aus. »Ich wollte nicht …«
    »Ach, vergiss es. Um alles noch schlimmer zu machen, bin ich heute morgen bei einem Französischtest durchgefallen. Und bei einem Geschichtstest ebenfalls. Ist wohl nicht mein Tag …«
    »Durchgefallen …?«
    »Ich war müde, und dann stellte Ferrell fünf Fragen zum Ko n junktiv. Schlichtmaier fragte nach Lafayette, und ich muss wohl gefehlt haben, als er den durchgenommen hat.« Er ahmte Schlich t maiers Akzent nach: »Also, Genaues wis ­ sen wir nicht …«
    »Lass’ das«, sagte ich.
    »Ja, ja, ich weiß, man soll keine Vorurteile haben. Ach, hab’ ich ganz vergessen, zu sagen, die halbe Klasse ist durch ­ gefallen. Hier lernt kein Mensch etwas.« Es entstand eine Pause. »Und, heh, nicht ich mache mich über Schlichtmaier lustig. Ich stelle mich auf seine Seite, wo ich kann.«
    »Da bin ich sicher.«
    Aber Julian fuhr schon wieder wütend auf: »Wenn du die Wahrheit wissen willst, der Bursche, der sich immer über ihn lustig g emacht hat, ist tot.«

»Na, das ist doch mal eine gute Nach ­ richt.« Ich legte den Hörer auf und schaffte es, mir nicht den verletzten Fin ­ ger zu stoßen. »Julian meint, ich sei eine völlige Ignorantin. Und was noch schlim ­ mer ist, er glaubt, Miss Ferrell wird ihm keine gute Emp ­ fehlung für Cornell schreiben.«
    »Damit ist er geliefert«, verkündete Audrey. »Jetzt neh ­ men sie ihn nicht einmal mehr, wenn er ein solar-getriebenes Auto en t wickelt.«
    »Ach, hör’ auf damit.«
    »Na komm«, warf Schulz ein, »das ist genau die Art von Auto, die wir unten beim Sheriffbüro brauchen.«
    Audrey lächelte schüchtern. An meinem Zeigefinger klopfte die Bisswunde. Ich lugte unter den Verband und sah, dass die rote Stelle sich in eine riesige, hässliche Beule verwandelt hatte. Ich dachte trübsinnig darüber nach. Schulz schenkte mir Tee nach. Er hatte nichts vor, und ich wusste nicht, ob sein plötzlicher Mangel an Zielstrebigkeit der Sorge um mich entsprang oder seinem Interesse für Audrey. Ich vermutete das letztere.
    Audrey stand auf. Sie ließ den Strauß Nelken auf dem Tisch neben ihrer leeren Teetasse liegen. »Also, ich glaube, ich sollte jetzt gehen. Ich schätze, du wirst Freitag wieder soweit in Ordnung sein, dass du kochen kannst? Es sind noch ein paar Tage bis dahin.«
    Ich streckte meine Hände zu einer Geste der Hilflosig ­ keit aus, die besagte: Habe ich denn eine andere Wahl? Ich sagte ihr, sie solle gegen sechs vorbeikommen. »Und danke für die Blumen. Sie sind eine großartige Bereicherung für diesen Laden hier.«
    »Ich bringe Sie zur Tür«, erbot sich Schulz mit unnöti ­ ger B e flissenheit. Ich sah ihn verblüfft an. Er ignorierte mich.
    Draußen unterhielt er sich noch ein paar Minuten mit Audrey und brachte sie dann zu ihrem Lieferwagen. Nach einem Weilchen kam er zurück, ließ sich gemächlich auf einem meiner Küche n stühle nieder, hob sanft meine rech ­ te Hand und sah sie prüfend an. »Ich muss dir eine Frage stellen, die sich aufdrängt. Glaubst du, dass diese Spinne für dich bestimmt war? Oder für jemand anderen?«
    »Ich glaube nicht, dass sie für mich oder für jemand an ­ deren b e stimmt war«, antwortete ich bestimmt. »Es herrschte ein ziemliches

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